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# taz.de -- Prozess gegen Neonazis: Rechtsradikaler Wahlkampf
> Zwei Neonazis sollen im Wahljahr 2011 Passanten mit Reizgas besprüht
> haben. Offenbar fühlten sie sich beim Aufhängen von NPD-Plakaten gestört.
Bild: Ein Verbot der NPD wird grade wieder diskutiert.
„Ihr könnt auch ein Messer in den Rücken haben“, soll Julian B. am Abend
des 3. August 2011 auf der Parchimallee drei Passanten gedroht haben. Er
und Sebastian T., beide NPD-Mitglieder, hatten dort mit weiteren Neonazis
Plakate für die bevorstehende Abgeordnetenhauswahl aufgehängt. Mit Reizgas
sollen sie später die drei Männer angegriffen haben.
Seit Freitag müssen sich die beiden Neonazis vor dem Amtsgericht Tiergarten
verantworten. Die wegen Körperverletzung und Bedrohung angeklagten Männer
werden dem Neonazi-Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“, der führenden
rechtsextremen Organisation der Stadt, zugerechnet. T. ist Vorsitzender der
NPD Neukölln, B. hatte bei der vergangenen Wahl für die BVV Neukölln
kandidiert.
„Ich wusste gar nicht, was hier passiert“, beschreibt eines der Opfer die
Situation vor Gericht. Als Nazis habe er die Plakatierer nicht erkannt, die
Beschimpfungen verbuchte er als „Territorialverhalten“. Die Neonazis geben
an, die Gruppe hätte NPD-Plakate abgerissen, weshalb man sie bis zum
Eintreffen der Polizei habe aufhalten wollen. Sein Mandant habe das Gas zum
Selbstschutz eingesetzt, sagt der Anwalt des 22-jährigen B.
Allerdings müssen die Neonazis auf Nachfrage des Richters einräumen, dass
die späteren Opfer der Reizgas-Attacke keine Leiter bei sich hatten. Die
wäre aber notwendig gewesen, um die meterhoch hängenden Plakate entfernen
zu können.
Einem weiteren Opfer fallen an diesem Freitag im Gericht die Worte
sichtlich schwer. Ihm soll B. das Reizgas direkt ins Gesicht gesprüht
haben. Die Angstattacken nach den Morddrohungen hätten ihn noch Monate
später verfolgt, auch den Namen habe er von seinem Klingelschild entfernt,
erzählt er. Seinem Beruf habe er lange Zeit nicht nachgehen können. Ein
psychologisches Gutachten bestätigt die schweren Folgen der Tat.
Sichtlich wütend macht ihn, dass B. seine Ausführungen mit Grinsen
begleitet. Rechtsanwalt Carsten Schrank, der bereits viele Neonazis
verteidigte, Rechtsschulungen für die Partei durchführt und
Erstunterzeichner eines Aufrufs aus der Feder Horst Mahlers ist, zeigt sich
nicht weniger amüsiert. Immer wieder will er Namen und Adressen aus dem
persönlichen Umfeld der Geschädigten wissen.
Julian B. sei besonders aggressiv gewesen, berichten auch die anderen
beiden Zeugen. „Ich mach dich kalt“, soll er immer wieder gedroht haben.
Dem 22-jährigen B. hatte 2006 ein jugendpsychiatrisches Attest eine
„Entwicklungsstörung im mentalen und intellektuellen Bereich“ bescheinigt.
In einem weiteren Fall, der im gleichen Verfahren verhandelt wird, muss
sich Sebastian T. für einen weiteren Reizgasangriff verantworten. In der
Nacht vom 15. zum 16. August 2011 soll am Halleschen Tor ein Videokünstler
versucht haben, eine Straßenszene samt NPD-Plakatierern zu fotografieren.
Nach einem Wortgefecht habe T. einen anderen Neonazi aufgefordert, Reizgas
einzusetzen, sagt der Geschädigte. T. streitet dies ab, das Opfer will ihn
aber einwandfrei erkannt haben: „Es gibt nicht viele Rechte, die Brille
tragen“, erklärt er. Bis zur Tat habe der aus der Ukraine stammende
Künstler gar nicht gewusst, was es mit der NPD auf sich und lediglich die
nächtliche Szene einfangen wollen.
Der Prozess wird am 1. Februar fortgesetzt.
18 Jan 2013
## AUTOREN
Jörn Wegner
## TAGS
Commerzbank
NPD
NPD
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