# taz.de -- Homophobie: Schwul ist nicht schlimm | |
> Ächtung sexueller Diskriminierung fördert laut einer Studie die Toleranz | |
> an Schulen. Beschimpfungen haben oft nichts mit einer homophoben | |
> Einstellung zu tun. | |
Schwul als Schimpfwort benutzen: Jeder zweite Berliner Neunt- oder | |
Zehntklässler hat das in den vergangenen 12 Monaten getan. Das ist eines | |
der Ergebnisse einer Untersuchung, die der Psychologe Ulrich Klocke von der | |
Humboldt-Universität über die „Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner | |
Schulen“ gemacht hat. Doch die Studie zeigt auch: Fast zwei Drittel der | |
befragten SchülerInnen finden es nicht gut, wenn jemand aufgrund seines | |
Schwul- oder Lesbischseins gehänselt wird. Etwa acht von zehn SchülerInnen | |
finden, dass Schwule und Lesben die gleichen Rechte wie andere haben | |
sollten. | |
Widersprüchliche Ergebnisse also, die die Befragung von knapp 800 Sechst-, | |
Neunt- und ZehntklässlerInnen, 27 Lehrkräften, 14 ElternvertreterInnen und | |
12 SchulleiterInnen von 20 Grund- und Oberschulen liefert. Klocke zieht | |
daraus die Schlussfolgerung, dass das „diskriminierende Verhalten der | |
Schüler/innen trotz seiner homophoben Wirkung nichts mit homophoben | |
Einstellungen zu tun“ habe: Die SchülerInnen nähmen diese „weit verbreite… | |
Beschimpfung“ schlicht „nicht als Diskriminierung wahr“, heißt es in sei… | |
Bericht, den die Humboldt-Uni am Freitag veröffentlichte. | |
## Anlass zur Hoffnung | |
Auch sonst gibt Klockes Untersuchung, die im Rahmen der Senatsinitiative | |
zur Förderung der Akzeptanz sexueller Vielfalt durchgeführt und finanziert | |
wurde, Anlass zur Hoffnung. So sieht der Psychologe einen klaren | |
Zusammenhang zwischen Verhalten und Einstellung von SchülerInnen und den an | |
ihrer Schule von Lehrkräften und Leitung gezeigten Haltungen und | |
Erwartungen. Wo bei sexueller Diskriminierung konsequent eingegriffen und | |
diese geächtet wird, zeigten sich SchülerInnen erheblich toleranter | |
gegenüber sexueller Vielfalt. Umgekehrt „verhielten sich Schüler/innen umso | |
diskriminierender, je häufiger sich deren Klassenlehrer/innen über Lesben, | |
Schwule oder sich geschlechtsuntypisch verhaltende Schüler/innen lustig | |
gemacht hatten. LehrerInnen müssten sich deshalb „ihres Einflusses und | |
damit ihrer Verantwortung bewusst sein“. | |
Dass das noch nicht ausreichend der Fall ist, belegt die Studie ebenfalls. | |
Kaum eine der befragten Lehrkräfte wusste etwa, dass Lesben und Schwule | |
häufiger als andere versuchen, sich das Leben zu nehmen. „Es ist zu | |
vermuten, dass sich mehr Lehrkräfte dem Thema widmen würden, wenn sie um | |
diese Gefährdung wüssten“, vermutet Klocke. Und obwohl nicht wenige der | |
befragten SchülerInnen und Lehrkräfte angeben, sich vom gleichen Geschlecht | |
angezogen zu fühlen, vermuten beide Gruppen übereinander, Schwule oder | |
Lesben gäbe es dort gar nicht. | |
Aufklärung tut also Not. Sexualerziehung müsse in möglichst vielen Fächern | |
angesprochen werden, fordert Klocke. Dass dies eine Richtlinie der | |
Senatsschulverwaltung seit zehn Jahren festlegt, wissen seiner Studie | |
zufolge viele Lehrkräfte nicht. Ulf Höpfner von der AG Schwule Lehrer der | |
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert deshalb, | |
Sexualerziehung müsse „Pflichtmodul in der Lehrerausbildung“ werden. Auch | |
müsse bei den Schulinspektionen nach dem Umgang mit Diskriminierung gefragt | |
werden. Auch Sanem Kleff, Leiterin von „Schule ohne Rassismus“, sieht | |
Handlungsbedarf: „Für ein Schulklima, das keinerlei Diskriminierung duldet, | |
ist die Haltung der Professionellen an der Schule wichtig. Wir müssen | |
Lehrkräfte dabei unterstützen, diese Verantwortung zu übernehmen.“ | |
20 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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