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# taz.de -- Löwen-Manager über Handball-Reform: „Die gehen kaputt“
> Handball-Manager Storm von den Mannheimer Löwen fordert eine Reform: Die
> WM soll im Sommer stattfinden, die Topspieler müssten entlastet werden.
Bild: Der deutsche Nationalspieler Tobias Reichman beim World Championship in B…
taz: Herr Storm, am Rande der Handball-WM in Spanien ist eine
Strukturdebatte über den Handball in Deutschland losgebrochen. Finden Sie
auch, dass reformiert werden muss?
Thorsten Storm: Geht es um die Weiterentwicklung des Handballs, sind wir
alle gefordert, und es ist zum jetzigen Zeitpunkt entscheidend, dass wir
alle zusammen für unseren Sport arbeiten. Dazu gehört auch, dass man sich
mit den Problemen und der ständigen Weiterentwicklung auseinandersetzt.
Nun ist das deutsche Team aber bis ins Viertelfinale vorgestoßen. Heißt
das, dass all die während der WM geführten Debatten über notwendige
Strukturänderungen verfrüht geführt wurden?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Nur weil eine Mannschaft gut
spielt, muss drum herum nicht alles optimal sein. Wir müssen zwingend
einiges optimieren, damit wir weiterkommen. Überflüssig waren allerdings
die Trainerdiskussionen, und es freut mich für Martin Heuberger, mit dem
auch wir sehr gut zusammenarbeiten.
Woran krankt es im deutschen Handball?
Es krankt nicht speziell im deutschen Handball. Sondern das Problem ist der
Handball insgesamt. Außer in Deutschland, Frankreich oder Dänemark gibt es
fast keinen Vereinswettbewerb mehr auf Spitzenniveau. Selbst in Spanien
löst sich die Liga gerade auf. Dadurch spielen die meisten Topspieler eben
auch in Deutschland – und das wiederum macht es den deutschen Talenten
schwer, Fuß zu fassen. Es ist sicher schwerer, einen Stammplatz beim THW
Kiel zu ergattern, als in der deutschen Nationalmannschaft.
Heiß diskutiert wird auch die Überbelastung der Topspieler. Wie schlimm ist
es wirklich?
Nehmen Sie ein WM- oder EM-Viertelfinale, das Final Four der Champions
League oder die DHB-Pokal-Endrunde: Es sind fast immer die gleichen 130
Spieler, auf deren Schultern sich der Welthandball abspielt. Die gehen
kaputt. Und um das zu verhindern, müssen wir überflüssigen Ballast
abwerfen. Eine WM oder EM und Olympische Spiele sind für unseren Sport
wichtig. Medien und Zuschaueraufkommen bringen uns weit nach vorne. Aber
die Vereine zahlen die Spieler das ganze Jahr und brauchen Luft zum Leben.
Gehälter und Spielbetrieb sind nicht refundierbar. Das System ist gekippt.
Was muss sich ändern?
Wir müssen den Terminplan verändern. Im Olympiajahr sollte keine WM oder EM
stattfinden, aber ansonsten tut uns das jährliche internationale
Großereignis gut. Allerdings muss die WM oder EM in den Sommer gelegt
werden. Die Vereinswettbewerbe wiederum brauchen eine Entzerrung und einen
einheitlichen Spielplan, damit der Kunde weiß, wann sein Klub spielt, und
die Tabelle übersichtlich wird. Nur dann kommen große TV-Anstalten und
Sponsoren, die für bessere Einnahmen sorgen. Zudem muss die Champions
League abgespeckt werden und unter der Woche spielen. Die Bundesliga gehört
ins Wochenende. Und wenn wir den anderen europäischen Ligen auf die Beine
helfen wollen, benötigen wir wohl auch eine freiwillige Ausländerbegrenzung
in der Bundesliga.
Nun ist das Problem der Terminhatz und die sich daraus ergebende
Überbelastung der Topspieler nichts Neues. Warum ist es so schwer, eine
vernünftige Lösung zu finden?
Weil naturgemäß zunächst jeder seine eigenen Ziele verfolgt und die
Kräfteverhältnisse klar verteilt sind. Die Arbeitgeber, also die Klubs,
zahlen zwar alle Spieler, aber sie haben keine Rechte zur internationalen
Mitgestaltung. Das verhärtet die Fronten.
Wie könnte eine vernünftige Lösung denn aussehen?
Jeder muss ein bisschen abgeben. Der Weltverband, der europäische Verband,
der DHB, die Bundesliga, die Spielerberater. Wir brauchen Hilfe für die
Nationalmannschaften, und wir brauchen in unserer Situation auch den
jährlichen internationalen Wettbewerb. Aber wir müssen den Terminplan
entzerren. Vielleicht reformiert man auch den DHB-Pokal und lässt hier die
Erstligaklubs weg und macht aus dem Final Four einen Liga-Cup in Hamburg
mit den ersten sieben Mannschaften der Bundesliga und dem Gewinner des
DHB-Pokals, der dann ja nicht aus der Bundesliga kommen kann. Auch das
schafft Platz im Kalender und Mehrwerte. So muss man anfangen, alle Dinge
zu modifizieren.
Warum wollen Sie EM und WM in den Sommer legen?
Derzeit ist es so, dass der Handballfan im warmen August zu einem
Bundesligaspiel in die Halle kommen soll, und im Winter, wenn alle Zeit
haben, pausieren wir. Das ist wirtschaftlicher Wahnsinn für die Klubs, die
das Personal bezahlen. Hinzu kommt, dass die Vereinstrainer, die das ganze
Jahr für den Erfolg arbeiten, nicht wissen, welche Spieler sie in der
Rückrunde unverletzt wiederbekommen. Deshalb ist der Sommer der richtige
Zeitpunkt für EM und WM. Zudem garantiert er den Akteuren auch eine bessere
Regeneration.
Findet denn eine Handball-WM im Sommer das Interesse der Öffentlichkeit?
Ja. Eine WM ist auch im Sommer ein TV-Highlight. Außerdem steht für mich
fest: Bleibt es wie bisher, haben wir bald keine Spieler und WM mehr auf
diesem sportlichen Niveau, weil die Klubs nicht mehr können und die
Protagonisten platt sind.
Sie haben Liga und DHB aufgefordert, die Kräfte zu bündeln. Wie könnte das
aussehen? Was schwebt Ihnen da vor?
Deutschland ist der zentrale Markt für unseren Sport. Der größte Verband,
die größte Tradition, die beste Liga. Die größten Werbebudgets. Alle wollen
in die Bundesliga. Die Nationalmannschaft der Männer ist hierbei das große
Zugpferd. Termine, Nachwuchsförderung und Marketing sowie Sponsoring müssen
zwingend gemeinsam gesteuert werden. Dann geht’s voran. Ansonsten wird viel
Potenzial verschenkt und wir sind selbst schuld daran – nicht der Fußball
oder andere.
Diskutiert wird derzeit ein DHB-Schattenkabinett mit Heiner Brand als neuem
DHB-Präsidenten, Bob Hanning als einem seiner Vize sowie Stefan Kretzschmar
auf dem noch zu schaffenden Posten des Teammanagers.
Das sind alles Personen, die dem Handball helfen können. Aber es geht nur
zusammen. Heiner Brand ist der einzige A-Promi, den der Handball hat. Er
kämpft für den Handball und die Nationalmannschaft, die wir erfolgreich,
sympathisch und mit regelmäßiger Präsenz in der deutschen Öffentlichkeit
brauchen. Bob Hanning kann ein Bindeglied sein, der beide Seiten – DHB und
Liga – sehr gut kennt. Er ist ein Macher und 24-Stunden-Arbeiter. Mit ihm
zusammen geht Vermarktung und Struktur einfacher. Stefan Kretzschmar
wiederum ist gut in den neuen Medien unterwegs.
Im Fußball weiß niemand so recht, was der Teammanager, also Oliver
Bierhoff, so macht. Was könnte er im Handball tun?
Ich kann nicht beurteilen, was Oliver Bierhoff im Fußball macht. Aber es
geht im Handball zunächst um die Optimierung von Medien- und
Öffentlichkeitspräsenz. Das muss zwischen HBL und DHB gemeinsam abgestimmt
und dann terminlich gut strukturiert werden – und zwar über das ganze
Kalenderjahr.
23 Jan 2013
## AUTOREN
Frank Ketterer
## TAGS
Handball
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