# taz.de -- Rechte: Die braune Zwickmühle | |
> Die NPD entdeckt Neukölln für sich. Mitte Februar will sie sich wieder | |
> dort treffen - und hat dafür die Erlaubnis des Bezirks bekommen. | |
Bild: Teilnehmer einer NPD-Kundgebung - in Hellersdorf, nicht Neukölln. | |
Chöre treffen sich im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt, auch Senioren und ein | |
Kinderclub. Der Bezirk wirbt mit „umfangreichem kulturellem Programm“ im | |
„größten Veranstaltungszentrum“ des Neuköllner Südens. Eine Veranstaltu… | |
allerdings, die auf dem Programm steht, kommt ungelegen. Am 16. Februar hat | |
sich ausgerechnet die rechtsextreme NPD im Gemeinschaftshaus einquartiert. | |
Über „Asylmissbrauch“ wolle man dort diskutieren, sagt NPD-Landeschef | |
Sebastian Schmidtke. Dies in Neukölln und in einem öffentlichen Raum zu tun | |
sei „natürlich sehr interessant“, betont er genüsslich. Die Verträge sei… | |
bereits unterschrieben, man rechne mit 60 bis 80 Teilnehmern. Reden soll | |
einer der radikalsten Parteivertreter, Bundesvize Udo Pastörs. | |
Bereits in den letzten Monaten entdeckte die Neonazipartei den | |
Multikultibezirk für sich. Erst im November demonstrierte sie in Rudow | |
gegen Flüchtlinge, veranstaltete danach mehrere Kleinstkundgebungen. Dass | |
die Rechtsextremen nun gar in Bezirksräume dürfen, ruft bei einem | |
Bürgerbündnis aus der nahen Hufeisensiedlung Empörung hervor. „Der Bezirk | |
darf diesen rassistischen Aktivitäten keine Plattform bieten“, heißt es in | |
einem von 40 Anwohnern unterzeichneten Brief an das Bezirksamt. Es brauche | |
„Widerstand“ gegen die NPD statt „Zurückweichen“. | |
Im Bezirksamt sieht man sich in der Zwickmühle. „Imageschädigend“ sei das | |
NPD-Treffen im so „bunten und weltoffenen“ Neukölln, schimpft | |
Sozialstadtrat Bernd Szczepanski (Grüne). Da die NPD aber nicht verboten | |
sei, habe sie Anspruch auf die Räume. Einzig im Rathaus und in den | |
Bezirksbüros in der Boddinstraße dürfe sie nicht tagen – so wie allen | |
anderen Parteien auch nicht. Dies hatte der Bezirk beschlossen, nachdem | |
sich die Rechtspopulisten von Pro Deutschland einmal erfolgreich eingeklagt | |
hatten. Er könne versichern, sagt Szczepanski, „dass wir alles rechtlich | |
Mögliche unternehmen werden, um der NPD den Nährboden für ihre unsäglichen | |
Ideologien zu entziehen“. | |
Dem Bürgerbündnis genügt das nicht. Der Bezirk hätte eine Absage erteilen | |
und es auf eine Klage ankommen lassen müssen, sagte eine Sprecherin – | |
selbst wenn er verlieren könnte. „Nur so wird deutlich, dass die | |
demokratischen Parteien jegliche Zusammenarbeit mit der NPD ablehnen.“ Auch | |
Linken-Bezirksvorstand Moritz Wittler hätte sich eine Absage gewünscht. | |
„Klar, die NPD hätte klagen können. Aber es wäre ein deutliches Zeichen | |
gewesen.“ | |
Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus betont, | |
dass die Verwaltung zwar neutral sein müsse, „nicht aber gegenüber | |
antidemokratischen Äußerungen“. Müller lobt, dass sich das Bezirksamt | |
„durchaus Gedanken gemacht“ habe, etwa mit einem Passus im Nutzungsvertrag, | |
mit dem der NPD auf ihrem Treffen verfassungswidrige Äußerungen untersagt | |
seien. „Wichtig ist, dass dies nun durchgesetzt wird.“ | |
Auch in den Parteien wird nun auf Protest gegen die NPD-Veranstaltung | |
gesetzt. „Am Ende bedarf es ohnehin der engagierten Bürger, um zu zeigen, | |
dass wir keine Lust auf die rechte Hetze haben“, sagt Linken-Mann Wittler. | |
Auch Stadtrat Szczepanski hofft auf ein „unmissverständliches Zeichen“ der | |
Bürger und Verbände. Etwa so wie bei der letzten NPD-Demo in Rudow. Dort | |
standen am Ende 70 Neonazis auf der Straße – und 500 Gegendemonstranten, | |
die ihnen den Weg versperrten. | |
25 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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