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# taz.de -- Reporter Lütgert disst ARD: „Neid ist ein konstitutives Element�…
> ARD-Reporter Christoph Lütgert tut, was er am besten kann: Er teilt aus –
> diesmal gegen das eigene öffentlich-rechtliche System.
Bild: Ein Gewinn für das Publikum: Christoph Lütgert, zweiter von rechts.
Christoph Lütgert kann schonungslos sein – im Auftrag der ARD, inzwischen
aber sogar gegen sie. Das Publikum kennt ihn als journalistische
Drückerkolonne. Er zieht aber nicht nur gegen die Praktiken des
Textildiscounters KiK ins Feld oder stöbert im Wirken des AWD-Gründers
Carsten Maschmeyer herum. Neuerdings bietet Lütgert auch einen Blick hinter
die Kulissen jener Sendergruppe, die mit dem Slogan „Wir sind eins“ für
sich wirbt, intern aber viel zu oft gar nicht zu leben scheint. Zumindest
beschreibt Lütgert es so.
„Dass wir abends noch ein durchgehendes Programm haben, ist manchmal auch
ein Gottesbeweis“, ulkt Lütgert über das Gemeinschaftsprogramm Das Erste im
Gespräch mit dem Radiojournalisten Philip Banse. Der hat die gut
einstündige Sitzung auf sein experimentelles Portal [1][kuechenstud.io]
gestellt.
Lütgert berichtet etwa aus den Schaltkonferenzen der ARD-Chefredakteure,
die über die Kommentare in den „Tagesthemen“ entscheiden. Der Insider
schildert, dass Kompetenz hier nicht das vorherrschende Motiv ist. „Da wird
dann ein Kommentator genommen, von dem alle Welt weiß, dass er längst nicht
so gut ist wie der, der zur Diskussion stand, nur der Sender hatte schon zu
viele und das missgönnt man dann“, berichtet Lütgert über die Absprachen
zwischen NDR, WDR, MDR und den anderen Landesrundfunkanstalten. „Als sei
das meiner Schwiegermutter nicht egal – abgesehen davon, dass viele
Kommentare in der ARD ja ein Niveau haben, das sich keine Kreiszeitung
leisten würde.“
Dass die föderale ARD in ihrem Inneren vor allem den Burgfrieden sucht, ist
nicht neu. So pointiert wie Lütgert aber sprach dieses Phänomen selten
einer aus, der noch Teil des Systems ist. Und das ist der einstige
Chefreporter des NDR noch immer, zumindest mit einem Bein: Lütgert bezieht
zwar mit seinen 67 Jahren längst Altersbezüge, kann und soll aber nicht
aufhören. So arbeitet er weiter für die Rechercheure von „Panorama“.
## „Irrationale Programmentscheidungen“
„Bei uns ist der Neid ein konstitutives Element“, poltert Lütgert. „Da h…
einer eine gute Idee, die von anderen nur deshalb abgelehnt wird, weil sie
die Idee nicht hatten.“ Es gebe „so viele völlig irrationale
Programmentscheidungen, weil diese Senderegoismen mitunter vernünftigen
Entscheidungen total entgegenstehen“. Dass ausgerechnet Lütgert, der sein
Gesicht in seinen Reportagen selbst gern in die Kamera hält, fordert, die
„persönliche Eitelkeit“ im Apparat der ARD zu bekämpfen, birgt wiederum
eine gewisse Ironie in sich.
Lütgert streichelt den Programmmachern aber auch über den Kopf, etwa wenn
es um die politische Unabhängigkeit seines Senders geht oder um Geld für
Recherchen – nicht zuletzt seine eigenen. Zu häufig aber werde dem Publikum
„die vierte Wiederholung eines unsäglichen Films mit der unsäglichen
Christine Neubauer“ vorgesetzt. Dabei müsse „für die todsicheren
Gebühreneinnahmen“ doch Hochwertiges geliefert werden.
NDR-Chefredakteur Andres Cichowicz hält dagegen. Die Darstellung, es gehe
bei vielen Programmentscheidungen um Proporz, sei „völliger Quatsch, mit
Verlaub“. Neid sei hier vielmehr individueller Natur, so wie „überall
sonst, wo Menschen zusammenarbeiten“. Auch für den Insiderbericht findet
Cichowicz ein Motiv. Über Lütgerts Anekdote zu den Kommentaren sagt er:
„Als Rentner darf er allerdings nicht mehr ran. Was ihn wurmt!“
Keine Frage, die Hierarchen der ARD dürften nichts dagegen gehabt haben,
wenn die Plauderei in den Untiefen des Internets verschwunden wäre. Sie ist
es nicht, was ein Glück. So beweist Lütgert, was er unterm Strich ist: ein
Gewinn für das Publikum.
4 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.kuechenstud.io/
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
ARD
Reporter
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