Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Popcorn für Anfänger: Rafael lernt kochen
> Bremen ist ein Zentrum für Roboterforschung. Nun wollen Informatiker
> einer intelligenten Maschine die Mühen der Hausarbeit beibringen.
Bild: Das kochende Wundertier "Rafael".
Roboter haben etwas Faszinierendes für Menschen, insbesondere die
Vorstellung, dass die Kunst-Figuren „typisch menschliche“ Dinge lernen
könnten. Die Filmindustrie hat die Idee bis zur Neige ausphantasiert und
wenn die Informatiker stolz zeigen, was sie inzwischen wirklich bauen
können, lächeln die Freunde der cineastischen Vergnügen nur müde.
So haben die Tüftler des „Technologie Zentrums Informatik“ (TZI) in der
vergangenen Woche ihr Wundertier vorgeführt: Es kann einen Pfannekuchen
wenden. Und es kann Popkorn kochen – also eine Schublade öffnen, einen Topf
herausnehmen, ihn auf den Ofen stellen, die Elektroplatte anschalten, eine
Schüssel mit Popkorn aus der Schublade nehmen, das Popkorn in den Topf
kippen, den Deckel verschließen und nach einer Wartezeit von rund drei
Minuten das fertige dampfende Popkorn in die Schüssel kippen.
Der Witz dabei ist, dass der Roboter mit diversen Sensoren ausgestattet
ist, also erkennt, dass die Schublade hinter dem Knauf ist, wo der Topf
steht und wo der Drehknopf ist, an dem man den Ofen anmacht. Er muss auch
erkennen, dass man ein rohes Ei anders anfassen muss als eine
Keramik-Schüssel.
Das sind Orientierungsleistungen, die ein Mensch meist unbewusst
vollbringt, die aber einen Programmierer lange beschäftigen können. „Einen
Computer auf ein Schachspiel zu programmieren ist einfach, aber ihm
beizubringen, wie er Schachfiguren greifen, aufnehmen und absetzen soll,
das ist die Kunst“, erklärt der neue Leiter der Informatik-Arbeitsgruppe am
TZI, Michael Beetz. Sein Roboter „PR2“, den seine Studenten „Rafael“
tauften, soll sich einmal in der Küche orientieren können. Das heißt, er
muss auch Gegenstände „finden“, die Menschen verlegt haben. Er soll
schließlich aus dem Internet Kochrezepte „identifizieren“ und ausführen
lernen.
Das ist alles noch weit hin, die Anwendung für ältere,
bewegungseingeschränkte Menschen wird aber noch aus einem anderen Grund auf
lange Zeit nur in Filmen stattfinden: Der Roboter wiegt 220 Kilo und kostet
derzeit 400.000 Euro. Dafür lassen sich auf Jahre Pflegekräfte bezahlen,
die netter sind, selbst wenn dem derzeit sprachlosen „Rafael“ die
Siri-Software eingepflanzt werden sollte. Damit soll er einmal gesprochene
Anweisungen in ihrem Kontext richtig verstehen lernen und ausführen.
Die Bremer Robotik-Wissenschaft kann sich durchaus sehen lassen. Michael
Beetz fand das Angebot verlockend, in Bremen beim TZI einzusteigen und kam
vor knapp einem Jahr nach Bremen. Vorher war er stellvertretender Sprecher
des Exellenzclusters „Kognitive technische Systeme“ der Technischen
Hochsschule München. Er hat die Koordination für das zehn Millionen Euro
schwere Projekt „RoboHow“, in dem französische, schwedische und
niederländische Informatiker mitarbeiten. An der Programmierung des
Roboters PR2, der in Bremen Popkorn kochen lernte, arbeiten weltweit
diverse Spitzen-Forschungszentren.
Das TZI sitzt gegenüber vom Bremer Fallturm, andere Robotik-Zentren sind
wenige Steinwürfe entfernt. Etwa das Deutsche Forschungszentrum Künstliche
Intelligenz (DFKI), das in Bremen an Robotern für den Weltraum forscht, die
auch auf der Rückseite des Mondes ihre Arbeit tun sollen, wo der
Funkkontakt zur Erde abgerissen ist. Für die Unterwasser-Inspektion baut
das DFKI demnächst eine große Halle mit Unterwasser-Becken im Bremer
Technologiepark. Studenten des DFKI haben mehrfach den „Robocup“, die
Weltmeisterschaft der Fussball-Roboter, gewonnen.
3 Mar 2013
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.