# taz.de -- Schluss mit den Sammelunterkünften: Flüchtlinge fast frei | |
> Flüchtlinge sollen in eigenen Wohnungen leben dürfen. Ein Jahr nach dem | |
> Beschluss der Bürgerschaft steht das Konzept. | |
Bild: Bald nur noch vorübergehend: Flüchtlingskind hinter dem Zaun einer Samm… | |
Flüchtlinge sollen in Bremen nach sechs Wochen eine eigene Wohnung beziehen | |
können. So soll es die Sozialdeputation am Donnerstag beschließen. Bislang | |
mussten sie zwölf Monate in Sammelunterkünften leben, einst waren es drei | |
Jahre. Mit vier neuen Stellen sollen BeraterInnen Geflüchteten helfen, eine | |
eigene Bleibe zu finden. Damit wurde nun das Konzept einer „dezentralen“ | |
Unterbringung festgezurrt – fast ein Jahr, nachdem die Bürgerschaft das | |
beschlossen hatte. | |
„Es ist ein großer Erfolg“, sagt Gundula Oerter von der | |
Flüchtlings-Initiative. „Bremen lässt davon ab, mehr vorzuschreiben, als | |
der Bund vorschreibt.“ Mindestens sechs Wochen und maximal drei Monate | |
wären die AsylbewerberInnen damit noch in der „Zentralen Aufnahmestelle“ in | |
Bremen. An dieser Frist kann zumindest das Land Bremen nicht rütteln. | |
Noch im Februar allerdings, als das Konzept einer Runde aus ExpertInnen und | |
beteiligten Akteuren vorgelegt wurde, sollte die Wohnheims-Frist sechs | |
Monate betragen. Gesundheitsamt, Flüchtlingsrat und Flüchtlings-Initiative, | |
AWO und Bremens Integrationsbeauftragte Silke Harth – sie alle hielten das | |
nicht für nachvollziehbar. Ihre Kritik fruchtete. Schließlich argumentiert | |
das Ressort auch in der Vorlage selbst mit den politischen wie finanziellen | |
Vorteilen: | |
Für 60 Flüchtlinge koste die Unterbringung in einem „Übergangswohnheim“ | |
320.000 Euro jährlich, die Anmietung für Wohnraum dagegen nur 215.000 Euro | |
pro Jahr. „Die zusätzlichen Betreuungskosten werden also schon | |
ausgeglichen, wenn pro Jahr 180 Personen eigenen Wohnraum beziehen“, heißt | |
es in der Vorlage. 2012 waren es insgesamt 231 Personen, 2010 noch 102 | |
Personen. | |
Entgegen jeder politischen Willensbekundung musste Bremen zuletzt jedoch | |
mit der Planung zweier neuer Übergangswohnheime beginnen, wegen erhöhter | |
Flüchtlingszahlen und der angespannten Lage des Wohnungsmarktes. Helfen | |
soll bereits seit September, dass für Geflüchtete die Mietkaution | |
übernommen wird und auch Geduldete einen Wohnberechtigungsschein bekommen. | |
Zukünftig sollen die Mietkosten wie bei Hartz-IV-Empfängern übernommen | |
werden, gleiches gilt für die Erstausstattung der Wohnung. Im | |
Asylbewerberleistungs-Gesetz ist das Sachleistungsprinzip festgeschrieben, | |
also ein Gutscheinsystem für Second-Hand-Möbel. Auf Drängen der | |
Flüchtlings-Initiative soll nun davon abgesehen werden. | |
Dennoch sehen Oerter und andere Flüchtlings-Aktivisten noch | |
Schwierigkeiten. Das dezentrale Wohnkonzept mit allein vier zusätzlichen | |
Beraterstellen zu stemmen, ist für Oerter „illusorisch“. Dass diese | |
Beraterstellen an die Übergangswohnheime und die AWO angegliedert werden | |
sollen, ist für Oerter ein Interessenskonflikt: „Derjenige, der eine | |
Einrichtung betreibt, soll helfen, sie abzuschaffen.“ | |
Vom Wegfall der Verweilfrist in den Sammelheimen sollen Flüchtlinge | |
ausgenommen sein, deren Anträge als „unzulässig“, „unbeachtlich“ oder | |
„offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurden. Sie sollen noch mindestens | |
sechs Monate dort bleiben. Sie müssten damit rechen, jederzeit abgeschoben | |
zu werden, so das Sozialressort. | |
Ihnen, dem Vermieter gegenüber, aber auch aus finanziellen Gründen sei das | |
nicht das richtige Signal. Dass diese Ausnahme erst nach der | |
Beteiligungsrunde hinzugefügt worden sei, nennt Oerter „intransparent“: | |
„Auch bei ihnen kann die endgültige Entscheidung Jahre dauern.“ Alle | |
Flüchtlinge sollten gleichbehandelt werden. | |
4 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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werden noch voller |