# taz.de -- Aufwertung der Pflegeberufe: Pflege unter einem Dach | |
> Schleswig-Holstein könnte als erstes Bundesland eine Pflegekammer | |
> erhalten – die Regierung ist dafür, die Opposition und die Gewerkschaft | |
> sind dagegen | |
Bild: Wollen ernst genommen werden: Menschen in medizinischen Hilfsberufen | |
KIEL taz | Eine Krankenschwester am OP-Tisch soll „die Haken und den Mund | |
halten“, zitiert Birte Pauls, SPD-Landtagsabgeordnete und | |
Intensiv-Krankenschwester, einen alten Ärzte-Scherz. Aber in Zeiten, in | |
denen Mangel an Pflegekräften herrscht, wollen die medizinischen | |
Hilfsberufe ernst genommen werden. So soll eine neu geschaffene | |
Pflegekammer die Interessen des Berufsstandes vertreten. | |
Schleswig-Holstein könnte als erstes Bundesland solch ein Gremium erhalten, | |
die Landtagsmehrheit aus SPD, Grünen und der Minderheitenpartei SSW hat den | |
Weg dafür frei gemacht. „Die Entscheidung ist gefallen – aus die Maus“, | |
sagte Sozialministerin Kristin Alheit (SPD) bei einer Tagung des Pflegerats | |
– einem Dachverband verschiedener kleiner Berufsverbände – im Kieler | |
Schloss und holte sich dafür den Beifall der Versammlung ab. Doch es gibt | |
eine bunte Koalition aus Gegnern, der neben CDU und FDP auch die | |
Gewerkschaft Ver.di angehört. | |
„Was hat die Pflegerin im Altenheim von dieser Kammer?“, fragt Katja | |
Rathje-Hoffmann (CDU), und Anita Klahn (FDP) kritisiert die | |
Zwangsmitgliedschaft mit Zwangs-Beiträgen, die eine Verkammerung mit sich | |
brächte. Von zehn Euro im Monat ist die Rede, Pauls hält fünf bis sechs für | |
realistisch: „Das ist der Vorteil der Selbstverwaltung: die Mitglieder | |
beschließen, wie viel Geld sie brauchen und wer wie viel zu zahlen hat.“ | |
Sabine Daß, bei Ver.di Nord für den Bereich Pflege zuständig, hat | |
rechtliche Bedenken gegen die Zwangsmitgliedschaft, vor allem aber zweifelt | |
sie daran, dass die Kammer das halten kann, was ihre Befürworter sich davon | |
versprechen: „Es geht darum, die Pflege aufzuwerten. Inhaltlich sind wir | |
absolut dafür und teilen dieses Ziel, aber die Frage ist, wie ausgerechnet | |
eine Kammer dabei helfen soll.“ | |
Denn schon heute gibt es eine Vielzahl von Berufsverbänden und | |
Einzelgruppen, die die Belange ihrer jeweiligen Klientel vertreten. Eben | |
das sei ein Problem, meint Pauls: „Es gilt, alle Interessen zu bündeln, | |
damit wir mit geballter Kraft mit der Gesellschaft, Politik und | |
Krankenkassen verhandeln können.“ Allerdings ist bisher unklar, worüber und | |
mit wem eine Pflegekammer überhaupt verhandeln dürfte. Über Tarife wohl | |
nicht – dieses Recht behält sich Ver.di vor, und Befürworterinnen wie Pauls | |
betonen, der Gewerkschaft „nicht in Gehege“ kommen zu wollen. Aufgaben der | |
Kammer könne es sein, über Themen wie Berufsbild, Qualität der Arbeit und | |
Fortbildung nachzudenken und Richtlinien festzulegen. Sanktionen gegen | |
Mitglieder, die gegen berufsständische Regeln verstoßen, sollten aber nicht | |
zu den originären Aufgaben gehören – anders als bei anderen Kammern. Was | |
die Kammer im Einzelnen tut, sei „noch nicht fertig formuliert“, gibt Pauls | |
zu. „Es geht nicht um ein bestimmtes Thema, sondern um die Akzeptanz auf | |
Augenhöhe.“ Als Beispiel nennt sie die Ärzte, die in einer Kammer | |
organisiert sind. | |
In den kommenden Monaten soll es in Schleswig-Holstein eine Umfrage zur | |
Kammer geben, kündigte Alheit an. In Rheinland-Pfalz und Niedersachsen | |
laufen bereits Umfragen. Daß kritisiert: „Da noch nicht feststeht, ob nur | |
ausgebildete Kräfte oder auch Pflegehelfer Mitglieder werden dürfen, ist | |
unklar, wer sich beteiligen darf.“ Entscheidend wird das Ergebnis aber | |
nicht sein, denn der Landtag hatte ja bereits sein O.K. gegeben. | |
6 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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Tarif | |
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