# taz.de -- Bremer Kirchenoberhaupt: „Vor Ort ist man nie frei“ | |
> Renke Brahms über seine anstehende Wiederwahl und das bisherige Schweigen | |
> in der Lürssen-Debatte. | |
Bild: Hat leichtes Spiel: Kirchenoberhaupt Renke Brahms. | |
taz: Herr Brahms, Mitte März werden Sie erneut zum Schriftführer und damit | |
zum theologischen Repräsentanten der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) | |
gewählt. Sie haben keine GegenkandidatIn – ist das nicht langweilig? | |
Renke Brahms: Nein. Ich werte das lieber als Ausdruck des Vertrauens. Die | |
Zusammenarbeit im Kirchenausschuss wird offenbar als produktiv | |
wahrgenommen. | |
Aber die BEK ist zu Recht stolz auf ihre ausgeprägten demokratischen | |
Prinzipien. Bei Ihrer ersten Wahl hatten Sie ja auch zwei Mitbewerber. | |
Das waren damals allerdings ungewöhnlich viele. Ich habe dieses Mal mein | |
Interesse schon im Sommer bekundet, damit das transparent ist. Aber beim | |
Nominierungs-Ausschuss hat sich niemand sonst gemeldet. | |
Wäre es nicht an der Zeit, dass eine Frau theologische Leiterin der BEK | |
wird? | |
Das finde ich auch. Aber immerhin ist der 12-köpfige Kirchenausschuss schon | |
glatt gegendert. | |
Die Martini-Kirche in der Bremer Innenstadt lässt nach wie vor keine Frau | |
auf die Kanzel. Warum tolerieren Sie das? | |
Weil mir die freiheitliche Bremer Kirchenverfassung an dieser Stelle keine | |
andere Wahl lässt. Das ist der Preis der Gemeinde-Autonomie. In der Sache | |
führe ich nach wie vor Gespräche mit der Gemeinde. | |
Diese Hintergrund-Diplomatie gibt es seit 2008 – ohne Erfolg. | |
Das ist in der Tat mühsam und unbefriedigend. Aber derzeit würde eine | |
andere Antwort auf die Pastorinnen-Frage offenbar eine Zerreißprobe für die | |
Martini-Gemeinde darstellen. | |
In Ihrer nun auslaufenden Amtszeit hat die BEK etwa 25.000 Mitglieder | |
verloren, jetzt sind es noch 215.000. Was tun Sie dagegen? | |
Wir haben unsere Kindergarten-Arbeit intensiviert, weil wir die | |
Vereinbarung von Familie und Beruf und die frühkindliche Bildung fördern | |
wollen. Und wir kommen dort in Berührung mit Familien – ohne die dann platt | |
missionieren zu wollen. Mit der Jugend- und mit der Kulturkirche versuchen | |
wir, gezielt andere Milieus in dieser Stadt anzusprechen. Und wir bieten | |
Glaubenskurse an. | |
Konfi-Kurse für Erwachsene? | |
So ein bisschen. In den Gemeinden findet das regen Zuspruch. | |
Sie leiten nicht nur die kleinste Landeskirche, Sie sind auch | |
Friedensbeauftragter der EKD. Wie klappt der Spagat zwischen Weser und | |
Hindukusch? | |
Das ist anstrengend, aber auch eine unglaubliche Bereicherung. Ich brauche | |
die Erdung meiner Basisarbeit hier in Bremen, wo es ja keine mittlere Ebene | |
gibt, aber freue mich auch über Debatten mit dem Verteidigungsminister. | |
Deutschland ist der drittgrößte Waffen-Exporteur der Welt, ein erheblicher | |
Teil kommt aus Bremen. Warum nehmen Sie dazu nicht öffentlich Stellung? | |
Ich würde mich gerne dafür einsetzen, dass Bremen seine | |
Konversions-Bemühungen aus den 80er-Jahren wieder aufnimmt. Die Siag-Werft | |
in Emden ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein ehemaliger | |
Marine-Betrieb komplett umgestellt hat. Gerade in Norddeutschland gibt es | |
dafür durch die Windkraft sehr gute Chancen. | |
Die Lürssen-Werft ist ein wichtiger Arbeitgeber und Kultursponsor, siehe | |
Kunsthalle. Fühlen Sie sich frei, Lürssens Export-Politik zu kritisieren? | |
Vor Ort ist man da nie ganz frei von Gedanken an eventuelle Rücksichtnahme. | |
Da merkt man eben, wie komplex die Situation ist und wie wichtig | |
Konversions-Angebote sind. Das Zweite ist allerdings die rigide | |
Beschränkung von Waffen-Exporten. Das schafft Konversions-Anreize. | |
Der Lürssen-Kommentar des Bürgerschaftspräsidenten – „Geschäft ist | |
Geschäft“ – wäre eine gute Gelegenheit gewesen, darauf hinzuweisen. | |
Das stimmt. Ich werde das übernächste Woche bei einer Radio-Diskussion | |
nachholen. | |
Sie haben sich für eine evangelische Oberschule stark gemacht. Fühlen Sie | |
sich vom Erfolg des Katholischen Gymnasiums unter Zugzwang gesetzt? | |
Natürlich gucke ich da mit gewissem Neid hin. Vor allem aber hätte ich es | |
sehr spannend gefunden, unsere inklusiven Kompetenzen zu zeigen und | |
vorzuführen, wie ein guter Religionsunterricht aussehen kann. An den | |
staatlichen Bremer Schulen fällt der zu 90 Prozent aus. | |
Wie erklären Sie Eltern aus Gröpelingen, dass Religionsunterricht einen | |
christlichen Schwerpunkt haben soll? | |
Muslimische Eltern wählen ganz bewusst evangelische Kindergärten, weil sie | |
die religiöse Orientierung wichtig finden. | |
In Ermangelung eines muslimischen Kindergartens. | |
Solche Einrichtungen würde ich durchaus unterstützen, wenn sie zu gleichen | |
Rahmenbedingungen arbeiten wie andere Träger. | |
8 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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