# taz.de -- FDP-Bundesparteitag: Rösler im Kirschblütenregen | |
> Beim FDP-Bundesparteitag hält Philipp Rösler eine seiner flauen Reden. Er | |
> kann es sich leisten – die Delegierten haben niemand anderen, den sie | |
> Rösler vorziehen könnten. | |
Bild: Herr Rösler sucht sein Glück - immer noch bei den Liberalen. | |
BERLIN taz | Philipp Rösler ist bekannt für seine verstolperten Reden. Der | |
40-Jährige verschleift die Silben, seine Witze sind von der eher mäßigen | |
Sorte, Pointen versickern irgendwo gegen Ende der Sätze. Charismatisch geht | |
wirklich anders. Dennoch hat der FDP-Parteivorsitzende beim Bundesparteitag | |
in Berlin die Delegierten begeistern können. Wie das? | |
Rösler ist in dieses Berliner Hotel gekommen, um sich knapp zwei Jahre nach | |
dem Rostocker Parteitag erneut zum Vorsitzenden wählen zu lassen und die | |
Liberalen auf den Bundestagswahlkampf einzuschwören. Einen Gegenkandidaten | |
– eine Kandidatin gar – gibt es nicht. Entsprechend selbstbewusst ist die | |
Rede jenes Mannes, dessen Sturz noch vor sieben Wochen lediglich eine Frage | |
von Tagen schien. | |
Aber dann holte die Niedersachsen-FDP am 20. Januar überraschend zehn | |
Prozent, Rösler drängte Fraktionschef Rainer Brüderle schlau, den | |
Spitzenkandidaten zu geben und bot dem innerparteilichen Gegenspieler auch | |
gleich den Vorsitz an. Brüderle lehnte ab – und zurück blieb ein gestärkter | |
Philipp Rösler, der es sich heute leisten kann, nicht nur selbstbewusst | |
aufzutreten, sondern den Parteifreunden auch gleich noch was abzugeben von | |
seiner Kraft. | |
In seiner einstündigen Rede deklinierte der Parteivorsitzende durch, womit | |
die FDP inhaltlich in den Bundestagswahlkampf zieht. Er stellte den Status | |
als Regierungspartei in den Mittelpunkt. Fukushima, Euro- und Finanzkrise, | |
die außenpolitischen Herausforderungen des Arabischen Frühlings - „Wir sind | |
keine Kuschelpartei“, rief er, „wir tanzen nicht im Kirschblütenregen.“ … | |
662 Delegierten applaudierten hoch erfreut. | |
Kräftig schlug Rösler auf SPD und Grüne ein. Die Ökopartei sei eine große | |
Freundin des Verbietens, sie sei „Sinnbild des Obrigkeitsstaates“, holzte | |
Rösler. Die Sozialdemokraten sähen ihr politisches Heil nurmehr in | |
Steuererhöhungen. | |
Auch die Union bekam ihr Fett weg. Im Koalitionsvertrag stehe, die wolle | |
„auf unnötige Steuererhöhungen verzichten“, erklärte Rösler larmoyant. | |
„Wow! Was für eine Entschlossenheit.“ Dabei sei es die FDP, die immer | |
wieder darauf hinweisen müsse, „um das Umfallen zu verhindern“. | |
## FDP als Prüfung Gottes | |
Ebenfalls gegen die Union ging es beim Thema Homoehe. Er würde sich | |
„wünschen, auch unser Koalitionspartner hätte die Kraft, sich die | |
Lebenswirklichkeit anzusehen“, sagte Rösler. „Es geht um gleiche Rechte, | |
das ist nicht immer eine Mehrheitsfrage. Es geht um gleiche Rechte und | |
Pflichten, und die fordern wir jetzt ein, nicht später.“ Er höre immer mal | |
wieder, in der Union bezeichne man die FDP als eine Prüfung Gottes. „Wir | |
hätten etwas falsch gemacht, wenn es anders gewesen wäre“, erhöhte er seine | |
Tonlage, „dafür sind wir gewählt! Aber sonst läuft's ganz gut in der | |
Koalition“, witzelte er. | |
Selbstbewusst forderte er die doppelte Staatsbürgerschaft, die sei „ein | |
Zeichen der Willkommenskultur. Und er wetterte gegen immer wieder | |
aufflammenden Rassismus, auch in der eigenen Partei. „Nicht nur in meiner | |
Familie war es egal, wo man herkommt“, sagte der in Vietnam geborene | |
Rösler, „entscheidend war, wo man hinwollte, was man leisten wollte.“ Ja, | |
er sei nicht hier geboren, aber „Deutschland ist das coolste Land der | |
Welt“, schmetterte er in die Halle. Pathos, das die Delegierten zum Jubeln | |
brachte. | |
Brav bedankte er sich bei der engeren Parteiführung und den liberalen | |
Kabinettsmitgliedern. Am Ende schließlich das berühmte „Wort in eigener | |
Sache“: Ja, er habe Fehler gemacht, es habe „schwierige Zeiten gegeben, ich | |
habe daraus gelernt“. Es habe „manchmal echt doofe Abende“ gegeben. | |
Aufgerichtet habe ihn letztlich die Idee der Freiheit. „Man darf nie die | |
Entschlossenheit, Geschlossenheit und den Siegeswillen dieser FDP | |
unterschätzen.“ Und auf keinen Fall deren Bundesvorsitzenden, diesen | |
wiederauferstandenen Liberalen, den keiner mehr auf dem Zettel hatte. Und | |
zwar solange, bis einer seiner freundlich schauenden Parteifreunde im | |
Parteitagspräsidium ihn beiseite räumt. | |
9 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
FDP | |
Philipp Rösler | |
Rainer Brüderle | |
FDP | |
Sexismus | |
FDP | |
FDP | |
Niebel | |
Schwerpunkt Armut | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar FDP-Parteitag: Die fiebrigen Liberalen | |
FDP-Chef Rösler beschwor auf dem Parteitag ein Ende der Streitereien in der | |
Partei. Aber das, was in Berlin geschah, ist davon ziemlich weit entfernt. | |
FDP-Spitzenkandidat Brüderle: Von Fuzzis und Machos | |
Die FDP hat Rainer Brüderle zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl | |
gekürt. Parteikollege Kubicki bespaßte den Parteitag in Berlin mit | |
Herrenwitzen. | |
FDP-Bundesparteitag: Rösler siegt, Niebel fliegt | |
Postenverteilung beim FDP-Parteitag: Rösler wird mit achtbarem Ergebnis als | |
Chef bestätigt. Sein größter Widersacher Dirk Niebel unterliegt gegen | |
Wolfgang Kubicki. | |
Initiator von „FDP Liberté“: „Die Grünen sind totalitär“ | |
Braucht es die FDP? Hasso Mansfeld glaubt das. Und er glaubt an die reine | |
liberale Lehre. Er sagt den Liberalen zum Parteitag, wie sie noch zu retten | |
sind. | |
Ein Stück Niebel wird musealisiert: Die Mütze dampft noch | |
Entwicklungsminister Niebel hat seine Bundeswehrmütze dem „Haus der | |
Geschichte“ aufgeschwatzt. Der Direktor freut sich über ein „Story Telling | |
Object“. | |
Druck der FDP wirkt: So ein schöner Armutsbericht! | |
Die Regierung hat missliebige Aussagen zur sozialen Ungleichheit entfernt | |
oder auf die hinteren Seiten verbannt. Die Einkommensschere schließt sich | |
angeblich. |