# taz.de -- Werder bietet Stückwerk: Schaaf stellt die Charakterfrage | |
> Mit einer desolaten Leistung beim 2:2 gegen Greuther Fürth nähert Werder | |
> Bremen sich weiter den Abstiegsplätzen. Trainer Thomas Schaaf ist sauer | |
> auf die Mannschaft, lag bei der Aufstellung aber selbst daneben. | |
Bild: Durfte zwei Mal jubeln: Werders Doppel-Elfmeter-Schützer Aaron Hunt. | |
BREMEN taz | Es ist lange her, dass die Mannschaft von Werder Bremen mit | |
einem Pfeifkonzert verabschiedet wurde. Das magere 2:2 gegen | |
Tabellenletzten Greuther Fürth brachte selbst das geduldige Bremer Publikum | |
aus der Fassung. Nicht nur zwei weitere wichtige Punkte sind verloren | |
gegangen, sondern auch die Reste der spielerischen Linie. Neunzig Minuten | |
lang hatte die Mannschaft Stückwerk geboten, bei dem sich jeder mehr mit | |
sich selbst beschäftigte als mit Gegnern und Mitspielern. Die biederen | |
Handwerker aus Franken wirkten selbst überrascht, wie viele Räume sie zur | |
Verfügung hatten. Dazu kamen wie gewohnt individuelle Fehler der unsicheren | |
Abwehr, sodass zur Pause sogar ein Rückstand möglich gewesen wäre. | |
Bislang hieß es nach Rückschlägen in dieser Saison meist, die junge, neu | |
zusammengestellte Mannschaft brauche Zeit. Davon war gestern keine Rede | |
mehr. „Ich kann es nicht nachvollziehen, dass die Mannschaft keine | |
Leidenschaft zeigt“, schäumte Trainer Thomas Schaaf, der seine Spieler | |
gleich nach Spielschluss zur Standpauke in die Kabine rufen ließ. „Ich bin | |
richtig sauer.“ | |
Schaaf, dessen Position seit der Heimniederlage gegen den FC Augsburg vor | |
14 Tagen wieder infrage gestellt wird, schien persönlich enttäuscht von der | |
Einstellung seiner Spieler. Doch dann sagte er einen Satz, der eigentlich | |
nicht zu einem Fußballlehrer seiner Klasse passt: „Es ist unwichtig, | |
welches System wir spielen und welche Spieler auf welcher Position | |
spielen.“ Es gehe darum, alles abzurufen, und das habe die Mannschaft | |
nicht. | |
Natürlich spielt es eine Rolle, wen der Trainer wo aufstellt und wie er | |
spielen lassen will. An diesem Tag hatte Schaaf ein paar Entscheidungen | |
getroffen, die die Mannschaft unverkennbar verunsicherten. Gemeint ist | |
nicht, dass er wie beim Punktgewinn in Mönchengladbach wieder auf zwei | |
defensive Mittelfeldspieler vor der Abwehr setzte, um mehr Stabilität zu | |
erreichen. | |
Aber durch die Besetzung der Positionen im veränderten System beraubte er | |
seiner Mannschaft ihrer wenigen konstanten Stärken. So beorderte Schaaf | |
Zlatko Junuzovic erneut auf die rechte Außenposition im Mittelfeld, wo er | |
wie schon in Mönchengladbach völlig deplatziert wirkte. Dafür fehlte seine | |
ordnende Hand auf der 6er-Position, wo der Österreicher bislang eine | |
ordentliche Saison spielt. Dorthin setzte Schaaf wiederum den wieder | |
spielberechtigten Sokratis. Der machte seine Sache nicht schlecht, fehlte | |
dafür aber im Abwehrzentrum, wo die Greenhorns Assani Lukimya und Mateo | |
Pavlovic keine Sicherheit ausstrahlten. Hauptsächlich verwundert aber die | |
Demontage von Aaron Hunt, der in der Hinrunde endlich den Schritt vom | |
Mitläufer zum Führungsspieler geschafft zu haben schien. | |
Was gegen offensivstarke Gladbacher die richtige Reaktion auf die hohe | |
Anzahl der Gegentreffer war, erwies sich gegen das dichte Fürther Bollwerk | |
als Hemmschuh. Für Gefahr sorgten in der ersten Hälfte lediglich | |
Einzelaktionen von Kevin de Bruyne. Zur Halbzeit korrigierte Schaaf seine | |
Aufstellung, brachte Hunt und Marko Arnautovic für Tom Trybull und Theodor | |
Gebre Selassie und zog Junuzovic auf seine alte Position zurück. | |
Bereits mit der ersten Aktion schien das belohnt zu werden, als Hunt im | |
Strafraum gefoult wurde und den Strafstoß aufreizend lässig einschob. Das | |
müssen einige Spieler als Vorentscheidung missverstanden haben, denn in der | |
Folge durften die Fürther sich wieder mehrfach ohne große Gegenwehr vor das | |
Bremer Tor kombinieren und kamen innerhalb von sechs Minuten zur | |
2:1-Führung. Beim Freistoß-Tor durch Thanos Petsos (62.) zeigte Sebastian | |
Militz keine Reaktion. Wenn es in der 70. Minute nicht noch einen zweiten | |
Elfmeter gegeben hätte, den Hunt ebenfalls verwandelte, wäre das | |
Pfeifkonzert am Ende um einige Dezibel stärker ausgefallen. Und Schaafs | |
Wutrede wohl auch. | |
Aber auch so sind die Misstöne zwischen Trainer und Mannschaft | |
unüberhörbar. Als Schaaf zugetragen wurde, dass einige Spieler sich auf die | |
Länderspielpause freuen, sagte er: „Ich fände es besser, sie würden sich | |
hier der Situation stellen.“ Die sieht so aus: Es sind nur noch sechs | |
Punkte bis zum Relegationsplatz. Und der Druck auf Thomas Schaaf wird | |
zunehmen. | |
17 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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Werder Bremen | |
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