| # taz.de -- Roman-Debüt des "Sterne"-Sängers: Das Buch zum Song | |
| > In seinem Roman-Debüt erzählt Frank Spilker leichtgängig von einer Reise | |
| > zu den Dämonen der Kindheit. | |
| Bild: Schreibt inzwischen auch Bücher: Frank Spilker. | |
| Wenn der Sänger einer bekannten Band einen Roman veröffentlicht, steht das | |
| bisherige Werk als Folie bereit, zu der sich dieser Roman verhalten muss. | |
| Sven Regener hat es geschafft, mit seinem Herrn Lehmann eine so starke | |
| Figur zu schaffen, dass niemand mehr nach Regeners Tun bei „Element of | |
| Crime“ gefragt hat. | |
| Bei Frank Spilker, Sänger der Hamburger Band „Die Sterne“, ist das anders: | |
| Er erforscht in seinem ersten Roman „Es interessiert mich nicht, aber das | |
| kann ich nicht beweisen“ die Brüche in der eigenen Biographie – ein Thema, | |
| das man aus seinen Songs kennt. | |
| Spilker erzählt die Geschichte des tragischen Helden Thomas Troppelmann, | |
| der in Hamburg ein Büro für Grafikdesign betreibt. Die Hierarchien sind | |
| flach, die Kollegen klassische Vertreter der „Kreativwirtschaft“ – ein | |
| Begriff, den sie selbst sicher schlimm fänden. Troppelmann verbaselt, den | |
| Mietvertrag zu verlängern und bringt damit das ohnehin angeschlagene Schiff | |
| zum Kentern. Die Kollegen sind erbost, Troppelmann beschließt abzuhauen. | |
| Seine Flucht führt ihn zunächst nach Hildesheim, wo es eine Frau gibt, mit | |
| der er schon mal im Bett gelandet ist: Ursula, allein erziehende | |
| Krankenschwester, markiert die Gegenwelt zur coolen Kreativ-Szene. Eine | |
| Lösung kann sie aber auch nicht sein: Troppelmann hat verstanden, dass in | |
| seinem Leben grundsätzlich etwas schiefläuft. Also geht er auf eine Reise | |
| in seine persönliche Vergangenheit, einen Ort seiner Kindheit, dessen | |
| traumatische Qualität er überprüfen will. | |
| Ehe Hauptfigur Troppelmann dort ankommt, war der Leser schon da: Immer | |
| wieder unterbricht Spilker den lockeren Erzählfluss durch Einschübe, die | |
| sich als Rückblenden herausstellen. Nach und nach versteht der Leser, wohin | |
| die Reise geht und dass das, was damals war, Troppelmann noch immer prägt. | |
| Parallel zu dieser Erkenntnis drängt sich eine Textzeile auf, die Spilker | |
| und Die Sterne berühmt gemacht hat: „Was hat dich bloß so ruiniert“ und i… | |
| flankiert von den Fragen: „Wo fing das an? Was ist passiert?“ Spilker hat | |
| nun also das Buch zum Song geschrieben. Und kommt zu einer versöhnlichen | |
| Antwort auf die damaligen Fragen: Am Ende sind die Dämonen der | |
| Vergangenheit nur Scheinriesen. Sie werden kleiner, je näher man ihnen | |
| kommt. | |
| Spilkers Roman ist keine literarische Großtat, aber ein intelligent | |
| unterhaltendes Buch für jene Szene und Generation, der auch der 47-Jährige | |
| selbst angehört. Am besten ist das Buch, wenn es diese Szene selbst unter | |
| die Lupe nimmt, die Großstadt-Kreativen, für die die Arbeit so immens | |
| wichtig ist und meist in einem schwierigen Verhältnis zum Geldverdienen | |
| steht. | |
| Als Phänomen der Gegenwart ist das Kultur-Prekariat ein interessantes | |
| Sujet. Wäre schön, wenn Thomas Troppelmann zurückkehrte – jetzt, wo er die | |
| Dämonen der Vergangenheit erlegt hat. | |
| ## | |
| 5 Apr 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Irler | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |