# taz.de -- Kolumne Politik von unten: Sinnentleerte Werber | |
> Der "Gefällt mir!"-Aktivismus sollte verboten werden. Kuschelkampagnen | |
> machen nur müde. | |
Bild: Das ist eine Currywurst mit Pommes. Politiische Veränderungen sind ist e… | |
Nach jahrelangem Training sind wir alle Einkaufsexperten geworden. Wir | |
entscheiden uns zwischen BMW, Audi und Mercedes, zwischen SPD, CDU und | |
Grünen, wir sind zu Profis kurzfristiger Wohlfühlentscheidungen geworden. I | |
like it - als wäre das der letzte gestaltbare Rest der Realität. So fragt | |
die Welt uns immer wieder: Worauf hast du Lust, was macht dir jetzt am | |
meisten Spaß? | |
Ich habe nichts gegen Spaß, als Clown lebe ich davon, aber Aktivisten | |
werden damit auch zu sinnentleerten Werbern. Selbst wenn sie versuchen, zum | |
Kampf gegen Hungersnot zu mobilisieren, fragen sie sich: Wie kann man | |
Menschen motivieren, auf [1][unsere Homepage] zu klicken? Sorry, politische | |
Veränderung ist kein geiles Produkt! Warum gehen wir mit politischen Fragen | |
nur um, als ginge es um 'ne Currywurst? | |
Was kulturell dahintersteckt, ist die "große Erzählung" einer | |
postmoralischen Ära, wie die globalen Medien sie uns erzählen. Bis in die | |
Neunziger war die große Erzählung noch der Kalte Krieg, da gab es noch | |
Kommunisten und Kapitalisten, schwarz und weiß. | |
Studentenbewegungen rüttelten das ein bisschen auf, es entwickelte sich die | |
nächste Erzählung der korrupten Systeme gegen unschuldige Menschen. Von | |
Hungerkrisen in Biafra über die bosnischen Proteste in Sarajevo hat sich | |
diese Story als tauglich erwiesen, die vielen komplexen Fragmente in ein | |
simples Raster zu stecken. | |
## Die Welt ist nicht reduzierbar | |
Doch als klar wurde, dass es nicht so einfach ist, etwa im Bürgerkrieg der | |
Hutu gegen die Tutsi oder zwischen Israel und Palästina, es blutige | |
Angriffe gab, in denen selbst Kinder und Frauen zur Waffe griffen, wusste | |
niemand mehr, was gut und böse ist. Es bleibt: resigniertes Kopfschütteln. | |
Der Medienaktivist Adam Curtis nennt diese gesellschaftspolitische Phase | |
"Oh-Dearism". | |
Puh, harter Tobak. Aber selbst das hat was Gutes. Denn diese Resignation | |
kommt aus der Erkenntnis, dass die Welt nicht reduzierbar ist. Dass nun mal | |
kein Mensch die Wahrheit versteht, so populistisch sie auch dargestellt | |
sein mag. Mit etwas Glück ist es auch das Ende einer reduktionistischen | |
Ära. | |
Für Kampagnenarbeit heißt das vor allem, wir müssen wieder polarisieren. | |
Und da es keine endgültige Wahrheit mehr gibt: bitte mit Selbstironie und | |
Humor, sonst zerreißen wir noch unter der Anspannung. Wie die Linguistin | |
Gayatri Spivak sagt: als Strategie, nicht als Lösung. | |
Selbst wenn Geschlechter konstruiert sind, muss man ab und zu einem Mann | |
die Eier abschneiden. Metaphorisch natürlich. Meine Richtungsentscheidung | |
ist der radikale Kampf für die Selbstermächtigung aller, um das Hamsterrad | |
ein Stück in Richtung der Entmachteten zu drehen. Notfalls populistisch. | |
23 Mar 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://peng-collective.net | |
## AUTOREN | |
Jean Peters | |
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