# taz.de -- Reparationszahlungen von Deutschland: Athen will Milliarden zurück | |
> Laut einem Geheimbericht hat Griechenland Ansprüche auf riesige | |
> Weltkriegs-Reparationszahlungen von Deutschland. Berlin betrachtet alles | |
> als abgegolten. | |
Bild: Gedenken am Mahnmahl im griechischen Kalvrita. An dieser Stelle erschoss … | |
ATHEN taz | Nach einem „streng geheimen“ Regierungsbericht hat das | |
schuldengeplagte Griechenland einen Anspruch auf milliardenschwere | |
Reparationszahlungen von Deutschland. Das berichtet die Athener Zeitung To | |
Vima. Auf 80 Seiten soll eine Expertengruppe zahlreiche Beweise und eine | |
juristische Argumentation für Reparationsansprüche gegen Deutschland | |
geliefert haben. | |
Zahlen nennt der Bericht nicht. Aber in griechischen Zeitungen und | |
Expertenkreisen kursieren Schätzungen von „über 100 Milliarden Euro“, die | |
Deutschland dem Land angeblich schuldet. Die rechtspopulistische Partei | |
Laos kam vor einigen Jahren auf die Summe von 150 Milliarden, andere | |
Gruppen summieren die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Infrastruktur und | |
erzwungene Kredite zwischen 1942 und 1944 auf insgesamt 162 Milliarden | |
Euro. | |
Bereits im vergangenen September hatte der stellvertretende Finanzminister | |
Christos Staikouras eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, die griechischen | |
Staatsarchive nach Beweismaterial für Gräueltaten, Zerstörungen und | |
mögliche Reparationsforderungen gegen Deutschland zu durchsuchen. | |
Panagiotis Karakousis, Vorsitzender der Expertengruppe, äußerte sich | |
gegenüber der Zeitung nicht zur Sache, sondern nur zum Verfahren. Man habe | |
über 190.000 Seiten Material erstmals sortiert und archiviert, nur die | |
Digitalisierung der Beweisdaten stehe noch aus. Selbst diese lakonische | |
Äußerung sei nur „mit besonderer Genehmigung“ des Finanzministers erfolgt, | |
berichtet To Vima. | |
## Verjährt und unberechtigt | |
Nach einem bilateralen Wiedergutmachungsabkommen am 18. März 1960 hätte | |
Deutschland an die damalige griechische Regierung 115 Millionen DM als | |
Entschädigung für „griechische Opfer des Nazi-Terrors“ überwiesen. Aus | |
deutscher Sicht gilt dies als Beweis dafür, dass Reparationsfragen bereits | |
abschließend geregelt würden. Zudem beruft sich Deutschland (mit Erfolg) | |
auf den Grundsatz der Staatenimmunität – so etwa 2011 nach einer Klage vor | |
dem Internationalen Gerichtshof im Den Haag wegen Reparationsforderungen | |
italienischer und griechischer Staatsangehöriger im Zusammenhang mit | |
NS-Verbrechen. Im Übrigen heißt es in Berlin, Reparationsforderungen aus | |
dem Zweiten Weltkrieg seien verjährt oder inzwischen ohne Berechtigung. | |
Dieses Argument sorgt in Athen für Empörung. Aus griechischer Sicht sieht | |
die Rechtslage nämlich so aus, dass im Londoner Schuldenabkommen von 1953 | |
alle Zahlungsverpflichtungen Deutschlands aus dem Zweiten Weltkrieg nicht | |
erlassen, sondern lediglich auf die Zeit „nach Abschluss eines | |
Friedensvertrags“ vertagt würden. Da Deutschland 1990 seine Souveränität | |
wiederhergestellt hatte, liege nunmehr ein Friedensvertrag, die Forderungen | |
seien noch aktuell. Salopp formuliert: Wer seinem Gläubiger sagt, er soll | |
in siebzig Jahren wiederkommen, der darf sich auch nicht wundern, wenn | |
dieser sich tatsächlich meldet. | |
Doch die Forderung nach Reparationen ist in Griechenland umstritten. Selbst | |
To Vima hat Zweifel, dass Griechenland mit dieser Argumentation durchkommt: | |
„Es handelt sich um eine politische Frage, die die Beziehungen | |
Griechenlands zu Deutschland, aber auch zu anderen Ländern beeinflussen | |
könnte“ gibt das Blatt zu bedenken. | |
8 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitrou | |
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