# taz.de -- Schulverbot für dänische Lehrer: Auf dem Rücken der Pädagogen | |
> Die Aussperrung von 70.000 dänischen Grundschullehrern geht in die zweite | |
> Woche. Sie sollen damit zu längeren Arbeitszeiten gezwungen werden. | |
Bild: Grün, grün, grün sind alle ihre Farben: Dänische Lehrer protestieren … | |
STOCKHOLM taz | Für zahlreiche dänische Schüler sind die Osterferien auf | |
unbestimmte Zeit verlängert. Ein Arbeitskampf zwischen öffentlichen | |
Arbeitgebern und Lehrern geht nun schon in die zweite Woche. Am Dienstag | |
vergangener Woche wurden von den Arbeitgebern fast 70.000 LehrerInnen an | |
Grundschulen ausgesperrt, weil man sich nach langen Verhandlungen nicht | |
einigen konnte und auch ein Schlichtungsversuch scheiterte. | |
Es ist die bislang umfassendste Aussperrung in Dänemarks öffentlichem | |
Sektor und eine Massenaussperrung von Lehrern, wie es sie europaweit noch | |
nicht gegeben hat. | |
Dabei geht es nicht um Löhne, sondern um Arbeitszeiten. Die linksliberale | |
Regierung hatte im Herbst 2012 eine Schulreform beschlossen. Dänemarks | |
„Folkeskoler“, die obligatorischen Gesamtschulen von der ersten bis zur | |
neunten Klasse, sollen künftig Ganztagsschulen werden. | |
## Längerer Arbeitseinsatz | |
Diese Reform soll aber möglichst wenig kosten und mit dem bisherigen | |
Personal gestemmt werden. Dafür soll die Arbeitszeit der Lehrer verlängert | |
und flexibler gehandhabt werden können. Oder wie es im Reformkonzept heißt: | |
„Die Reform wird mithilfe freigemachter Ressourcen als Folge einer | |
Normalisierung der Lehrerarbeitszeit durchgeführt.“ | |
„Normalisierung“ bedeutet dabei eine Aufstockung der Pflichtstundenzahl und | |
eine Ausweitung der Schulanwesenheitspflicht der LehrerInnen. Die wehren | |
sich gegen eine solche „Discountschule“. Die höhere Arbeitsbelastung werde | |
zu einer Verschlechterung der Unterrichtsqualität führen, da weniger Zeit | |
zur Vor- und Nachbereitung bleibe. Damit werde die Reform das Gegenteil des | |
angestrebten Effekts haben und die Qualität der dänischen Schulen sinken. | |
„Die Lehrer haben keine wirkliche Chance, diesen Kampf zu gewinnen“, meint | |
Flemming Ibsen, Arbeitsmarktforscher an der Universität Aalborg. Ihr | |
Gegner, der Staat, habe alle Trümpfe in der Hand und werde für den Fall, | |
dass es zu keiner tarifvertraglichen Einigung komme, einfach eine | |
gesetzliche Regelung durchdrücken. | |
Doch dafür könnte der Regierung womöglich mittlerweile die erforderliche | |
parlamentarische Basis fehlen. Die oppositionellen Rechtsliberalen haben | |
ihre bisherige Unterstützung der Reform aufgekündigt und meinen nun, eine | |
tägliche Schulzeit bis 15.30 Uhr sei eine zu hohe Belastung für die | |
SchülerInnen. | |
Mit jedem weiteren Tag der Aussperrung wächst der Druck auf beide Seiten, | |
zu einer Einigung zu kommen. Eltern müssen Urlaub nehmen oder auf anderem | |
Wege die Betreuung der Kinder sichern. Zu viel Unterricht darf nicht | |
ausfallen, sonst wird das Schuljahr gefährdet. | |
## Kampfbereite LehrerInnen | |
Die LehrerInnen zeigen sich kampfeslustig und haben mit 95 Prozent einen | |
hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad. Allerdings erhalten sie während | |
der Aussperrung nur Streikgeld – ein Kredit, der an die Gewerkschaft | |
zurückgezahlt werden muss. | |
Doch die Solidarität der übrigen Gewerkschaften ist groß, spätestens | |
nachdem Papiere aus dem Finanzministerium öffentlich wurden, die darauf | |
schließen lassen, dass der Lehrerarbeitskampf nur ein Testlauf für | |
umfassende „Effektivierungen“ im gesamten öffentlichen Sektor sein soll. | |
Und die Lehrer scheinen auch den Kampf um die öffentliche Meinung gewonnen | |
zu haben. In Umfragen hat sich eine Mehrheit der Befragten bei diesem | |
Konflikt auf ihre Seite geschlagen. | |
9 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Dänemark | |
Schule | |
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Tarifkonflikt | |
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