# taz.de -- Piraten auf dem Rückzug: Da waren es zwei weniger | |
> Zwei aktive Parteimitglieder erklären ihren Austritt. Der eine wettert | |
> gegen die „Geldoligarchie“ in der Partei, den anderen ärgert die | |
> Beschimpfung von Feministen. | |
Bild: Zwei Piraten gehen von Bord. | |
Ein Bundestagskandidat der Piraten gibt auf: Stephan Urbach hat am Samstag | |
seinen Austritt aus der Partei erklärt. In seinem Blog teilte er mit, er | |
werde auch Platz elf auf der Kandidatenliste aufgeben, den er erst vor | |
sieben Wochen erhalten hatte. Auf dem Landesparteitag sagte er damals, er | |
sei „der Meinung, dass wir wieder mehr Punkrock im Bundestag brauchen, dass | |
Politik wieder mit Herz, Wut und Verstand ausgeführt werden muss“. Die | |
Gründe für den Austritt wollte er nicht nennen. Auf Twitter schrieb er: | |
„Und das Gute ist: Ich muss es euch nicht erklären.“ | |
Urbach unterstützte den Protest der Flüchtlinge auf dem Pariser Platz und | |
später auf dem Oranienplatz. Im April 2012 forderte er in einem offenen | |
Brief mit zwei anderen Piraten den Landesvorsitzenden Hartmut Semken zum | |
Rücktritt auf, weil dieser in einem Wutanfall die Neonazigegner innerhalb | |
der Partei kritisiert hatte. Urbach war auch überregional bei den Piraten | |
bekannt – bei rund einem Dutzend Bundes- und Landesparteitagen gehörte er | |
zu den Wahlleitern. | |
Schon längere Zeit war Urbach unzufrieden. „Mein Gefühl gerade ist: Das ist | |
nicht meine Partei“, sagte er im November in einem Interview. Die | |
Basisdemokratie sei die „Lebenslüge“ der Partei: „Wir sind jetzt eine | |
Elitendemokratie – oder Geldoligarchie. Weil nur der zum Parteitag kommen | |
kann, der die Zeit und Mittel dafür hat.“ | |
Auf dem Parteitag im Februar sagte er noch, seine Arbeit im | |
Abgeordnetenhaus als Mitarbeiter der Fraktion habe ihn „gelehrt, mit | |
Frustrationen umzugehen“. Sein Umgang damit war jetzt offenbar der | |
Austritt. | |
Ebenfalls am Wochenende machte Enno Park seinen Austritt öffentlich. Der | |
Gender-Politiker begründete das mit einer neuen Funktion im Internetforum | |
der Partei. Dort können die Leser solche Gender-Formen wie das Binnen-I | |
automatisch unterdrücken. Wenn ein Autor dort also von „PolitikerInnen“ | |
schreibt, wird das Wort von der Software in „Politiker“ umgewandelt. | |
## Als „Feminazi“ beschimpft | |
Park hatte sich darüber beim Bundesvorstand beschwert. Schatzmeisterin | |
Swanhild Goetze lehnte es ab, die Funktion zu ändern: „Es gibt Menschen, | |
die möchten gerne nur schnell einen Text überfliegen, um zu wissen, worum | |
es im Großen und Ganzen geht, aber sie möchten sich nicht allzu sehr | |
inhaltlich mit dem Geschriebenen befassen. Auch diesen Menschen möchte ich | |
es ermöglichen, sich schnell einen Überblick verschaffen zu können.“ | |
Park schreibt in seiner Austrittserklärung: „Feministen werden in der | |
Piratenpartei wesentlich leidenschaftlicher bekämpft als Nazis“, sie würden | |
als „Schreihenne“, „Feminazi“ oder „Fotzenknecht“ beschimpft. Seine | |
Konsequenz: „Damit möchte ich nichts mehr zu tun haben.“ | |
Parteisprecher Ben de Biel sagte, er bedaure den Austritt der Piraten, die | |
beide sehr aktiv gewesen seien. Insgesamt seien die Mitgliederzahlen in | |
Berlin jedoch „einigermaßen stabil“ bei rund 3.700. Sprich: Die Piraten | |
wachsen nicht mehr. De Biel erwartet nun eine Reihe von Austritten, wenn | |
die nächste bundesweite Mitgliederversammlung sich gegen einen | |
Online-Parteitag entscheidet. Bisher treffen die Piraten sich zweimal im | |
Jahr, um offline über das Programm und den Bundesvorstand zu entscheiden. | |
15 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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