# taz.de -- Energiewende zu Hause: Strom ist machbar, Herr Nachbar | |
> Das Lagerhaus im Viertel sucht Nachbarn, die sich an der gemeinsamen | |
> Wärme- und Stromversorgung beteiligen. Der Anfang ist gemacht. | |
Bild: Ökologisch erzeugter Strom leuchtet besonders schön: das Lagerhaus. | |
„Die Anlage läuft wirtschaftlich.“ Bernd Scheda, Geschäftsführer des | |
Lagerhauses im Viertel, zieht eine positive Bilanz der | |
Energie-Selbstversorgung. Seit gut einem Jahr steht im Keller des ehemals | |
besetzten Kontorhauses in der Schildstraße ein Blockkraftheizwerk. Es | |
versorgt nicht nur das große Kulturzentrum selbst, in dem zum Beispiel das | |
Tanzwerk untergebracht ist, mit Wärme und Strom, sondern auch die | |
angrenzenden Gebäude des Theaterkontors und der Aucoop. | |
Nun will Scheda das Modell erweitern: Auch die 15 Nachbarhäuser des | |
Straßenzugs könnten mitversorgt werden – als Modell für künftige | |
Energie-Autonomie im jeweiligen Nahraum. Scheda: „Die Bebauungs-Struktur | |
etwa im Viertel bietet sich dazu an, gemeinsam Strom und Wärme zu | |
erzeugen.“ | |
In Sachen Solar hat das Lagerhaus allerdings eine Bauchlandung erlebt. Eine | |
Genossenschaft mit dem schönen Namen „Solagerhaus“ war bereits in Gründun… | |
sogar die Finanzierung war mit 100.000 Euro durch Beteiligungen gesichert. | |
Doch dann versagte die Statik: „Unsere Dächer hätten die Last nicht ragen | |
können“, bedauert Scheda. Auch hier setzt er nun auf die Nachbarschaft: | |
Wenn die ihre Dachflächen energetisch vereinigten, so der Geschäftsführer, | |
könne ein „Bürgerkraftwerk“ entstehen. Geplant ist eine Modulfläche von … | |
Quadratmetern, die zehn Dreipersonen-Haushalte dauerhaft mit Strom | |
versorgt. Die CO2-Einsparung betrage dann 20.000 Kilo Treibhausgas pro | |
Jahr. Wer kein Dach hat, kann sich rein finanziell ab 250 Euro beteiligen. | |
Zu optimistisch gedacht? Den ökologischen Initiativen aus dem Lagerhaus ist | |
eine hohe Erfolgsquote zu bescheinigen. Hier entstand das | |
Carsharing-Konzept von Cambio, das sich über etliche deutsche Großstädte | |
ausgebreitet hat, auch die in der Solarnutzung enttäuschenden Dachflächen | |
sind längst ein ökologischer Faktor: Durch ein kluges | |
Brauchwasser-Nutzkonzept spart das Lagerhaus jährlich Wassermengen in der | |
Größenordnung von 5.000 Badewannen. | |
Wie aber funktioniert das Blockkraftheizwerk konkret? Die gleichzeitige | |
Erzeugung von Wärme und Strom sei „eindeutig sehr umweltschonend“, sagt der | |
Ingenieur Heinz Eggersglüß, der die Anlage eingebaut hat. In nüchternen | |
Zahlen: Der Wirkungsgrad beträgt 94 Prozent. Alle Investitionen, zu denen | |
auch eine Wärmeleitung in die Nachbarhäuser gehört, haben das Lagerhaus | |
180.000 Euro gekostet. Doch bereits im ersten Betriebsjahr, sagt Scheda, | |
habe man einen Überschuss von 16.000 Euro erwirtschaftet. Zu diesem Erfolg | |
trugen auch trickreiche Finessen bei – wie ein Antrag beim Hauptzollamt auf | |
Steuererlass für das im Blockkraftheizwerk verbrannte Erdgas. | |
Neben der Wärme erzeugt das Lagerhaus bereits jetzt so viel Strom, wie es | |
verbraucht. Allerdings nur unterm Strich, nicht immer zum richtigen | |
Zeitpunkt. Der Weiterverkauf ist nicht allzu lukrativ, zumindest nicht an | |
die Swb-Netze. Und an die Nachbarn? „Das müssen wir rechtlich noch prüfen�… | |
sagt Scheda. Als gemeinnütziger Verein als Energielieferant aufzutreten, | |
sei „juristisch zunächst schwierig“. | |
18 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
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