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# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Niedlich ist nicht mehr
> Wie ein kleines Plastikding einer angekündigten Revolution die Unschuld
> raubt: Die Waffe aus dem 3-D-Drucker heizt die Technikfolgen-Debatte neu
> an.
Bild: Noch nicht die Cody-Wilson-Waffe, sondern ein Vorgängermodell.
Das ist jetzt halt schon irgendwie ungünstig. Da sollte sie kommen, die
vierte industrielle Revolution mit 3-D-Druckern. Viel ist schon gesagt und
geschrieben worden über die Demokratisierung von Design und über die
Emanzipation des Konsumenten, wenn jeder künftig aus einer Datei und ein
paar Plastikkügelchen jedes beliebige Objekt ausdrucken kann. Wie Science
Fiction hört sich das an, nach einem Morgen, das besser ist als das Heute.
Und dann kam Cody Wilson.
Der Mittzwanziger aus Texas entwickelt allerdings keine Vorlagen für
Trillerpfeifen, Ersatzteile für Mixer oder Minecraft-Figürchen, die
3-D-Drucker aus Plastik ausspucken können – Wilson hat sich eine Waffe
ausgedruckt. 16 Teile, ein handelsüblicher Nagel dazu, fertig ist die
Pistole.
Sieht aus wie ein Kinderspielzeug, funktioniert aber laut Medienberichten.
Zumindest einen Schuss lang. Die Druckvorlage für diese Waffe will Wilson
im Netz veröffentlichen. Für jeden reproduzierbar. Oder besser: Für jeden,
der Zugang zu einem 3-D-Drucker hat.
Wilson meint das durchaus politisch: Als durchgeballerter Libertärer ärgert
er sich über die aktuelle US-Debatte über schärfere Waffengesetze – und
findet eben ein Schlupfloch. Wilson zeigt denen, die den Waffenbesitz in
den USA stärker regulieren wollen, den Mittelfinger. Botschaft: Ihr könnt
uns gar nichts vorschreiben. Befreiung durch Technik.
Generell ist die Maker-Szene ein Haufen sympathischer Visionäre –
passionierte Frickler, smarte Spielkinder, die aus Ideen Produkte zaubern
und von einer Zukunft erzählen, in der ich nicht nur Massenkunde bin,
sondern Produkte auf mich angepasst werden. Wir gegen die Industrie.
Hübscher Gedanke.
## Freiheit versus Sicherheit
Und dann kommt Cody Wilson und erinnert inmitten all dieser kleinen bunten
Techno-Utopie daran, dass ein 3-D-Drucker nicht nur Heiterkeit und fehlende
Badewannenstöpsel ausspucken kann. Sondern eben auch den Nachbarn bewaffnen
– billig und kaum kontrollierbar. Wilson bringt einen zurück zu der
schmerzhaft banalen, aber oft verdrängten Erkenntnis, dass derartige
Technologie meist nicht gut oder böse ist.
Ein 3-D-Drucker selbst entscheidet nicht, ob er konstruktive oder
destruktive Objekte ausspuckt. Ein Software-Schnipsel allein sorgt nicht
dafür, dass Menschen überwacht werden. Drohnen können auch für zivile
Technikspielereien genutzt werden. Wie all das genutzt wird, darüber
entscheiden Menschen.
Wir müssen uns dringend verständigen, wie wir auf derlei ambivalente
Technologien reagieren. Wie wir versuchen, schädliche Nutzung von
konstruktiver abzugrenzen. Um diese Fragen können sich auch jene nicht mehr
herumdrücken, die nach eigenem Bekunden nichts mit Internet und Technik am
Hut zu haben – weil die Grenzen zwischen digitaler und analoger Welt
durchlässiger werden. Siehe 3-D-Drucker.
Einfach werden diese Debatten nicht. Schon allein weil man mal wieder
Freiheit und Innovation versus Sicherheit abwägen muss. Wichtig sind sie
aber allemal. Welche Reaktion ich wegen der ausgedruckten 3-D-Waffen
vorschlage? Ganz ehrlich: Ich wünschte, ich hätte eine fertige Antwort.
10 May 2013
## AUTOREN
Meike Laaff
## TAGS
3-D-Drucker
Waffengesetze
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