# taz.de -- Als Extremisten abgestempelt: Umstrittene Buchführung | |
> Göttinger Polizei findet rabiaten Einsatz gegen Anti-Schünemann-Protest | |
> rechtsmäßig. Demonstranten verbucht sie als linke Kriminelle. | |
Bild: Proteste gegen ihn sorgen in Göttingen immer noch für Diskussionen: Uwe… | |
GÖTTINGEN taz | Mittlerweile ist es über ein Jahr her, dass der Besuch des | |
damaligen niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) an der | |
Universität Göttingen bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Während eines | |
Vortrages im Januar 2012, den der Politiker zusammen mit dem Göttinger | |
Polizeipräsidenten Robert Kruse auf Einladung der Hochschulgruppe RCDS | |
hielt, löste die Polizei auf rabiate Weise eine Blockade von Demonstranten | |
vor den Türen des Hörsaals. | |
Kommunal- und Landespolitiker verurteilten darauf den harten Einsatz der | |
Beamten, von denen sieben wegen Körperverletzung angezeigt wurden. Auf der | |
Gegenseite erfolgten 17 Anzeigen gegen Demonstranten, am Ende sprach das | |
Gericht fünf von ihnen schuldig. | |
Nun sorgt der Vorfall erneut für Diskussionsstoff. Denn in der jüngst | |
veröffentlichten Jahresstatistik der Polizeidirektion Göttingen zu | |
politisch motivierter Kriminalität werden alle 17 Vorfälle als | |
linksmotivierte Delikte geführt. Zusätzlich erklärt Polizeipräsident Robert | |
Kruse, dass das Vorgehen der Beamten „rechtmäßig und geboten war und | |
hinsichtlich der Intensität und der Anzahl der Adressaten erforderlich und | |
angemessen“. Die Begründung: Schließlich sei kein einziger Polizist | |
verurteilt worden, alle Verfahren wurden eingestellt. | |
Diese Auslegung kritisiert die Göttinger Anwältin Marlene Jendral. Sie | |
vertritt die verletzten Demonstranten, die gegen die Polizisten Anzeige | |
gestellt haben. „Zu einer Einstellung der Verfahren kam es nur, da die | |
Täter nicht identifiziert werden konnten“, sagt sie. In keinem Verfahren | |
sei es zu einer inhaltlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens | |
gekommen. Jendral bemängelt generell die „ausufernde Einordnung“ von | |
Straftaten in das politische Spektrum. „Es ist schwierig zu beurteilen, ab | |
wann eine Straftat politisch motiviert ist.“ | |
Die Polizeidirektion Göttingen hält dagegen: Das zuständige Dezernat halte | |
sich an bundesweit einheitliche Kriterien. Dazu seien „alle Straftaten | |
innerhalb eines Phänomenbereichs meldepflichtig, wenn Anhaltspunkte für | |
eine politische Motivation vorliegen“, teilt eine Polizeisprecherin mit. Ob | |
dies am Ende auch zu einer Verurteilung führt, sei für die Statistik | |
unerheblich. | |
21 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Christopher Piltz | |
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