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# taz.de -- Staatsvertrag mit Muslimen: „Akzeptanz und Wertschätzung“
> Als erstes Bundesland regelt Hamburg seine Beziehungen zu muslimischen
> Gemeinschaften. Zur Gleichstellung mit den Kirchen fehlt die Anerkennung
> als Körperschaften öffentlichen Rechts. Nur die FDP und ein paar
> CDU-Abgeordnete stimmen dagegen
Bild: Muss an religiösen Feiertagen nicht mehr in die Schule: muslimischer Jun…
HAMBURG taz | Als erstes Landesparlament hat die Hamburgische Bürgerschaft
am Donnerstag Staatsverträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften
und der Alevitischen Gemeinde ratifiziert. Etwa 110 der 121 Abgeordneten
votierten in offener Abstimmung für eine entsprechende Vorlage des
SPD-Senats. Dem im November 2012 gebilligten Vertrag stimmten SPD, Grüne
und Linke sowie die Mehrheit der CDU-Fraktion zu. Einige Christdemokraten
und die FDP lehnten die Verträge ab oder enthielten sich. Die Liberalen
halten „hochgestochene Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften
für grundsätzlich falsch“, wie der Abgeordnete Kurt Duwe sagte. Gesetze und
Verordnungen reichten aus.
Mit dem Beschluss der Bürgerschaft gehen fünf Jahre währende Verhandlungen
zu Ende. Angestoßen hatte sie 2006 der vormalige Bürgermeister Ole von
Beust (CDU). Einen ähnlichen Vertrag hat der bremische Senat auf den Weg
gebracht. Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen nachziehen.
Die Hamburger Vereinbarungen seien Ausdruck „gegenseitiger Akzeptanz und
Wertschätzung“, sagte die SPD-Abgeordnete Barbara Duden. Damit würden den
islamischen Religionsgemeinschaften die gleichen Rechte zuerkannt, die
bereits 2005 mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie der
jüdischen Gemeinde vereinbart worden waren.
Das stimmt nicht ganz: Mit den Verträgen werden für die muslimischen
Gemeinschaften grundgesetzlich garantierte Rechte noch einmal
festgeschrieben und in Detailfragen ausformuliert. Gleichgestellt werden
sie den Kirchen damit noch nicht, denn anders als diesen fehlt ihnen der
Status einer „Körperschaft des öffentlichen Rechts“. Nur als solche könn…
sie Steuern erheben und Beamte beschäftigen. Eine Protokollerklärung weist
darauf hin, dass die bisher locker verfassten Gemeinschaften diesen im
Grundgesetz vorgesehenen Status „im Rahmen ihrer weiteren organisatorischen
Entwicklung“ anstreben.
Der vom Bremer Senat vorgelegte Vertrag gleicht an dieser wie an vielen
anderen Stellen dem Hamburger Vorbild: Das Opferfest, das Ramadanfest und
Aschura werden als Feiertage anerkannt. Arbeitnehmer dürfen sich an diesen
Tagen Urlaub nehmen, die Kinder der Schule fernbleiben.
Der Bremer Vertrag gewährt pauschal die Freiheit, den islamischen Glauben
zu bekennen; Hamburg präzisiert, „das Recht muslimischer Frauen und
Mädchen, nicht wegen einer ihrer religiösen Überzeugung entsprechenden
Kleidung in ihrer Berufsausübung ungerechtfertigt beschränkt zu werden“.
Beide Verträge verpflichten die Muslime auf die Gleichberechtigung der
Geschlechter und die Toleranz gegenüber anderen Religionen und
Weltanschauungen.
Eine hamburgische Besonderheit ist der gemischtkonfessionelle
Religionsunterricht unter der Verantwortung der evangelischen Kirche. Die
muslimischen Vereinigungen haben sich zwar das Recht anerkennen lassen,
besonderen islamischen Religionsunterricht verlangen zu können. Zugleich
versprechen sie, sich an dem Religionsunterricht für alle zu beteiligen und
den Rahmen dafür weiterzuentwickeln. Das soll die Voraussetzung dafür
schaffen, dass auch muslimische Lehrer überkonfessionell Religion
unterrichten können.
CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich erklärte, dass seine Fraktion die
Verträge grundsätzlich begrüße. Sie würden „die Integration fördern und
Parallelgesellschaften vermeiden“. Es gebe aber auch Bedenken wegen des
Nicht-Verbots von Kopftüchern und des Einschlusses mutmaßlich
islamistischer Gruppen.
Mit der Zustimmung zu den Verträgen beweise Hamburg seine Toleranz – „was
nicht häufig vorkommt“, freute sich die linke Abgeordnete Cansu Özdemir,
Tochter einer alevitischen Mutter und eines sunnitischen Vaters. Deshalb
sei heute „ein sehr wichtiger Tag auch für die dritte Generation der hier
Geborenen“.
13 Jun 2013
## AUTOREN
Gernot Knödler
Sven-Michael Veit
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