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# taz.de -- Staatsanwalt hat Agrar-Promi im Auge: Der umtriebige Lothar Lampe
> Der Chef des Diepholzer Landvolks hat mit 2,4 Millionen Euro aus dessen
> Vermögen seltsame Transaktionen getätigt.
Bild: Teure Spargelstecher: 90.000 Euro bekam die Berliner Sind GmbH vom Agrar-…
BREMEN taz | Untreue? Lothar Lampe sagt nichts mehr. „Tútútútú“, das ist
alles, was von ihm zu hören ist, die Verbindung ist abgebrochen,
„tútútútú.“ Ein echter Sprücheklopfer war der 68-Jährige nie, auch als
Kreislandwirt von Diepholz und Vorsitzender des dortigen Landvolkverbandes
nicht, eher einer, der leise Deals eintütet, als Präsident des
[1][Gesamtverbandes der deutschen land- und forstwirtschaftlichen
Arbeitgeberverbände].
Aber Konkretes hat er dann schon immer in die Agrarjournalisten-Blöckchen
diktiert, bis zum Ausscheiden im Herbst 2012. Am Freitag ist er nun auch
vom Vorsitz des Stiftungsrats der [2][Deutschen Stiftung Kulturlandschaft
(DSK)] zurückgetreten, wegen der Vorwürfe: Untreue. Noch vergangene Woche
hatte der – 2010 vom damaligen [3][DBV]-Chef Gert Sonnleitner mit der
Andreas-Hermes-Medaille des Bauernverbandes (DBV) dekorierte –
Agrarunternehmer beteuert: „Ich habe kein Geld für mich selbst abgezweigt“,
– da schien die Lage noch übersichtlich – „nie auch nur einen Cent.“
Doch da war’s auch nur um eine Spende gegangen, hoch, sicher, und
fragwürdig, aber nicht völlig abseitig: ’ne Million aus der Kasse der
Landvolk-Dienstleistungsgesellschaft an die DSK. Die finanziert das
Programm „Kunst fürs Dorf – Dörfer für die Kunst“ und fördert die
Randbeblumung der Gasmaisfelder, um deren Akzeptanz zu erhöhen. Vorsitzende
ist die Kanzlerin der Hamburger Hafencity-Uni, Stephanie Egerland-Rau, die
bis zur Insolvenz die Geschäfte der Landmaschinenfirma Rabeagri in Bad
Essen führte.
Die Ermittlungen haben im Herbst 2012 begonnen, so die Staatsanwaltschaft
Verden. Auslöser war laut Syker Kreiszeitung eine anonyme Anzeige, also
nicht vom neuen Diepholzer Landvolk-Chef Theodor Runge. Der Verdacht:
Untreue. Das ist einer jener Vorwürfe, die oft verwerflicher klingen, als
der Tatbestand ist. Untreue kann versehentlich passieren, durch einen
Buchungsfehler.
Das lässt sich im Fall Lampe ausschließen.
Mittlerweile geht’s dabei um 2,4 Millionen. Die Summe nennt wenigstens ein
Mitgliederrundbrief des Diepholzer Landvolks von Anfang Juni. Und längst
geht’s auch um etliche Transaktionen. Geld en masse haben
Landvolk-Kreisverbände, die ins Windparkgeschäft eingestiegen sind: Die
Verbandsstruktur erleichtert die Flächenakquise. Die Fördermittel sprudeln.
Im Kreis Diepholz hat das toll geklappt – bis auf die Unregelmäßigkeiten:
Planungsleistungen für einen nicht gebauten Windpark wurden mit 1,23
Millionen Euro vergütet. Dann erhielt die Berliner Sind GmbH, eine auch von
landwirtschaftlicher Rentenbank und dem DBV geförderte Tochter des so lange
von Lampe geleiteten Arbeitgeberverbandes, 90.000 Euro. Dabei betreibt sie
bloß eine [4][Online-Datenbank], um Erntehelfer in Ost- und Südosteuropa
anzuwerben.
Und dann flossen 100.000 Euro an die [5][Edmund Rehwinkel-Stiftung].
Rehwinkel, Rechtsextremist und unter Adenauer Präsident des
Bauernverbandes, war 1967 der erste bundesrepublikanische
Spitzenfunktionär, der zur Wahl der NPD aufrief. Der DBV fördert unter
seinem Namen agrar oder [6][ernährungswissenschaftliche
Master-Studierende].
Im Vorstand der Stiftung sitzen Rentenbank-Vorstandssprecher Horst
Reinhardt, Ilse Aigners Staatssekretär Robert Kloos, der im Verwaltungsrat
der Rentenbank sitzt, Sonnleitner, der mittlerweile beim Traktor-Riesen
Agco wirkt, sowie der stellvertretende DBV-Generalsekretär. Sie sind dafür
verantwortlich, dass die Stiftung die Geldwäscherichtlinie der EU befolgt.
„Es gibt in dem Verfahren bislang nur einen einzelnen Beschuldigten“, so
ein Sprecher der Verdener Staatsanwaltschaft. Mindestens als Zeugen aber
kommen etliche Spitzenfunktionäre des DBV und seiner Institutionen,
Ausgründungen, Stiftungen und Töchter in Betracht, über die Lampe
Geldströme lenkte. Es ist wie ein Gewebe, das in dem Moment anfängt
aufzufasern, in dem einer seiner Knotenpunkte beschädigt wird.
Eine „Diskussion um die Rolle der Bauernverbands-Spitze und ihrer
Verfilzung mit Agrar, Ernährungs, und Energie-Industrie führen“, fordert
nun Ottmar Ilchmann, niedersächsischer Landesvorsitzender der
DBV-kritischen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL). So weit
ist das Diepholzer Landvolk bislang noch nicht. Wenigstens aber verspricht
der Vorstand des Kreisverbandes, er werde „uneingeschränkt mit der
Staatsanwaltschaft kooperieren“. Das ist überall dort eine
Selbstverständlichkeit, wo man nicht davon ausgeht, dass eine
rechtsstaatsferne Parallelgesellschaft am Werke ist.
17 Jun 2013
## LINKS
[1] http://www.arbeitgeber.de/www/arbeitgeber.nsf/id/DE_Bundesfachspitzenverbae…
[2] http://www.landschafft.info/
[3] http://www.bauernverband.de
[4] http://www.saisonarbeit-in-deutschland.de/
[5] http://www.rentenbank.de/cms/ziel/262685/DE/Edmund_Rehwinkel_Stiftung.html
[6] http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46369569.html
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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