# taz.de -- Integration durch Fußball: Flüchtlinge mit Kick | |
> Am Samstag spielen bei einem Turnier in Kreuzberg erstmals | |
> Flüchtlingsteams gegeneinander. Der Zugang zum Sport ist für Asylbewerber | |
> nicht selbstverständlich. | |
Bild: Auch Flüchtlinge lieben Fussball: Afrikanische Fluechtlinge spielen am 2… | |
Das Außenband ist es. Iman* fasst sich immer mal wieder ans Knie. Er ist | |
verletzt, kann zurzeit nicht zwischen den Pfosten stehen. In seiner Heimat, | |
dem Iran, war er Profifußballer. Im Jahr 2010 verließ er sein Land. Zuvor | |
war er vom Islam zu den Zarathustriern konvertiert, einer kleinen, eher im | |
zentralasiatischen Raum angesiedelten Religionsgemeinde. | |
„Von da an war ein Leben im Iran für mich nicht mehr denkbar“, sagt der | |
27-Jährige. „Der Staat ist gegenüber religiösen Minderheiten skrupellos.“ | |
Für den Torwart bedeutete der Wechsel der Religion, dass sich seine Familie | |
– sein Vater ist iranischer General – von ihm abwandte und dass er | |
diskriminiert wurde. | |
Man könnte meinen, jemand wie Iman, der seit 16 Monaten in Berlin lebt und | |
dessen Asylverfahren läuft, habe anderes im Kopf als Fußball. Die | |
„Champions ohne Grenzen“, sein Kreuzberger Fußballteam, waren dennoch ein | |
„Glücksfall“ für ihn, sagt er. „Ich habe viele Leute über den Fußball | |
kennengelernt, die mir zum Beispiel helfen, die Sprache zu lernen oder | |
Briefe zu verstehen.“ | |
Am heutigen Samstag findet erstmals ein Turnier statt, bei dem | |
Flüchtlingsteams im Mittelpunkt stehen. Die Champions ohne Grenzen sind | |
Mitveranstalter des „Kick out Racism Cup“ im Wrangelkiez. „In erster Linie | |
wollen wir Spaß haben“, sagt Carolin Gaffron, Trainerin des Teams, „aber | |
wir wollen auch Aufmerksamkeit schaffen für die Situation der Flüchtlinge | |
hier. Die Leute haben einfach krasse Schicksale.“ Dem medial verzerrten | |
Bild, das von Asylbewerbern bisweilen gezeichnet wird, wolle man | |
entgegentreten. | |
Zugang zum Sport ist dabei für Flüchtlinge nicht selbstverständlich. | |
Während der Berliner Fußball zwar migrantisch geprägt ist, sind die Hürden | |
für neu ankommende Flüchtlinge oft zu hoch. „Sie können die Sprache nicht, | |
sie kommen gar nicht auf die Idee, hier in einen Sportverein zu gehen“, | |
sagt Carolin. Erst mal stünden bei Sprachkurse, Anwalts- und Amtstermine | |
auf dem Programm, Kontakt zu den Einheimischen gebe es kaum und den | |
Vereinen fehle es an Verständnis für die Situation der Flüchtlinge. | |
Iman sitzt mit Trainerin Carolin und Jacob, seinem afghanischen Mitspieler | |
bei Champions ohne Grenzen, im Garten eines Flüchtlingswohnheims in | |
Kreuzberg. Sie reden darüber, wie sich Iman gleich beim ersten Training den | |
Daumen brach. Wäre er nicht dauernd verletzt, würde er nun zudem in einer | |
regulären Hansa-Mannschaft spielen. | |
Mit dem Team fahren die drei im Juli für einige Tage zu einem Turnier nach | |
Rügen – wenn sie denn die „Verlassenserlaubnis“ bekommen, denn auch für | |
Jakob und Iman gilt die Residenzpflicht. Sowohl Iman als auch Jacob | |
besitzen derzeit „Aufenthaltsgestattungen“ bis Dezember 2013. | |
Iman würde irgendwann gerne nach Teheran zurückkehren. Ob er Hoffnung hat | |
für die Zeit nach dem Präsidentschaftswechsel? „Nein, da mache ich mir | |
keine Illusionen“, sagt er. Er glaubt nicht, dass sich mit dem neuen | |
Präsidenten Hassan Ruhani viel ändern wird, sondern hofft auf einen echten | |
Regimewechsel. So lange wird Iman in Berlin trainieren – wenn sein | |
Außenband es zulässt. | |
*Auf Wunsch der beiden Flüchtlinge werden sie im Text nur mit Vornamen | |
genannt. | |
21 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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