# taz.de -- Christopher Street Day: "Die CDU akzeptiert das Grundgesetz nicht" | |
> CSD-Geschäftsführer Robert Kastl über den Ausschluss der CDU vom Umzug | |
> und eine Repolitisierung des lange als inhaltsleer verschrienen CSDs. | |
Bild: Beim CSD im vergangenen Jahr. | |
taz: Herr Kastl, wie sieht es denn nun aus: Darf CDU-Landeschef Frank | |
Henkel beim CSD mitfahren? | |
Robert Kastl: Frank Henkel dürfte mitfahren. Nach meinen Informationen wird | |
er das aber nicht tun. Warum nicht, kann ich nicht sagen. | |
Wenn Henkel mitfahren dürfte, dürfte das ja wohl auch die Berliner CDU, | |
deren Vorsitzender er ist. Aber die haben Sie ausgeschlossen. | |
Wir haben nicht die Berliner CDU ausgeschlossen, sondern die CDU allgemein. | |
Im Zweifelsfall ist die ganze Partei an Präsidiums- und | |
Parteitagsbeschlüsse gebunden. Und genau damit haben wir ein Problem. | |
Welches? | |
Die CDU weigert sich, das Grundgesetz zu akzeptieren. Das | |
Bundesverfassungsgericht hat mehrfach klargemacht, dass die eingetragene | |
Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichgestellt werden muss. Trotzdem hat | |
die CDU noch im Dezember 2012 auf einem Parteitag beschlossen: Wir wollen | |
keine Gleichstellung. In unseren Augen ist das eine trotzige | |
Kindergartenreaktion. Da sagen wir: Mit uns nicht. | |
Ist das nicht auch eine Kindergartenreaktion? Statt die CDU auszuschließen, | |
könnten Sie das Gespräch suchen. | |
Es kam ja noch schlimmer. Im Frühjahr, nach dem letzten Urteil des | |
Bundesverfassungsgerichts, begannen die Steinbachs, Kauders und wie sie | |
alle heißen, über Schwule und Lesben zu ätzen – dass wir die Ehe bedrohten, | |
dass der Fortbestand der Menschheit gefährdet sei. Da war für uns klar: Wir | |
werden unterbinden, dass sich die CDU auf dem CSD positiv darstellen kann. | |
Wenn aber die CDU nicht mitfährt, wieso dürfte das dann Frank Henkel? | |
Wenn wir die CDU als Partei rausschmeißen, heißt das nicht, dass keine | |
einzelnen Politiker kommen dürfen. Jeder, der für Gleichheit demonstriert, | |
darf auch bei uns mitmachen. Die LSU, also die „Lesben und Schwulen in der | |
Union“, wurden von vornherein eingeladen, einen Wagen zu machen. Das werden | |
sie auch tun. Wir wollen keine ideologischen Ausschlüsse Einzelner, sondern | |
einer Partei. | |
Dem CSD wird seit Jahren vorgehalten, zu unpolitisch zu sein. Kommt Ihnen | |
der CDU-Streit insofern gelegen? | |
Sagen wir so: Es trifft sich ganz gut. Es wird auch eine Aktion vor der | |
CDU-Parteizentrale geben, wenn wir da vorbeilaufen. | |
Sie meinen, Sie haben es auf den Streit angelegt, um wieder politischer | |
rüberzukommen? | |
Es geht nicht darum, so rüberzukommen, sondern so zu sein! Es war ein | |
zeitlicher Zufall, dass das Bundesverfassungsgericht so geurteilt hat. Den | |
haben wir in unserem Sinne genutzt. Wobei wir schon seit ein paar Jahren | |
eine Repolitisierung vorantreiben. | |
1979 fand in Berlin der erste CSD mit 400 Leuten statt. Wie lange dauerte | |
es, bis der CSD groß wurde? | |
Das plätscherte lange vor sich hin. Mitte bis Ende der neunziger Jahre | |
kamen dann Hunderttausende. Tatsächlich schwierig war die Zeit nach der | |
Jahrtausendwende, da wurde der Zug entpolitisiert. Jeder sprang mit auf, | |
der CSD wurde zur anderen Loveparade. Da mussten wir gegensteuern. | |
Wie denn? | |
Wir unterstützen zum Beispiel kleinere Initiativen, übernehmen Kosten, | |
damit auch sie teilnehmen können und nicht nur die großen Gruppen mit ihren | |
Sponsoren. Wir müssen die Leute mitnehmen, was schwierig ist, weil die | |
Community in Berlin wahnsinnig träge ist. Dieses Jahr wird es auch eine | |
Prämierung der besten Gruppen geben. Dabei geht es nicht darum, möglichst | |
groß, fett, laut zu sein, sondern um Inhalte. | |
Dem CSD wurde auch oft vorgeworfen, zu kommerziell zu sein. Was tun Sie | |
dagegen? | |
Wir haben schon vor einigen Jahren eine Beschränkung eingeführt. Maximal 30 | |
Prozent der Wagenfläche dürfen für Werbung verwendet werden. Da haben sich | |
nicht alle dran gehalten. Deshalb müssen sich die Teilnehmer in diesem Jahr | |
die Designs ihrer Wagen von uns genehmigen lassen. Außerdem dürfen nur noch | |
Unternehmen mit einem Wagen auftreten, die eine entsprechende | |
Diversitypolitik oder eine Homogruppe innerhalb des Betriebs haben. | |
INTERVIEW: ANTJE LANG-LENDORFF | |
22 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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