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# taz.de -- Spreepark: Gern auch ein Streichelzoo
> Mit der Ruhe für die Dinos im Plänterwald ist es möglicherweise bald
> vorbei. Am Mittwoch wird das Erbbaurecht für den einstigen
> Vergnügungspark dort versteigert.
Bild: Neue Partygenerationen unterm Riesenrad: Konzertbesucher beim The XX-Spek…
Ein Riesenrad, das bei jedem Windstoß schaurig knarrt, und Teile von
verwitterten Dinosauriern, die im wuchernden Gras liegen – es gibt in
Berlin wenige so verwunschene Orte wie den Spreepark im Plänterwald. Bald
ist es damit möglicherweise vorbei. Denn der Spreepark kommt unter den
Hammer. Am Amtsgericht Köpenick wird am Mittwoch das Erbbaurecht an dem
landeseigenen Grundstück versteigert.
Dieses Erbbaurecht gilt bis 2065. Das Mindestgebot liegt bei 800.000 Euro.
Zusätzlich muss ein Erwerber die Schulden des Spreeparks beim Finanzamt
übernehmen, das die Zwangsversteigerung beantragt hatte.
Rainer Hölmer (SPD) ist Baustadtrat von Treptow-Köpenick und weiß von
„verschiedenen Interessenten“, die sich nach dem Areal erkundigt hätten.
Darunter sollen dem Vernehmen nach eine Reederei und mehrere
Rummelplatzunternehmer sein. Für Land und Bezirk steht fest, dass in den
Spreepark wieder ein Freizeit- oder Kulturpark einziehen soll. Das sähe der
Bebauungsplan vor, und den will der Bezirk nicht ändern. Wohnungsbau werde
es definitiv nicht geben, sagt Hölmer: „Bei der Auslegung, was ein
Freizeitpark ist, sind wir kreativ. Das muss kein Karussellbetrieb sein.
Ein Theater- und Konzertort oder ein Streichelzoo wären mir lieber.“
Sehr sympathisch ist dem Stadtrat eine Initiative junger Leute, die via
Crowdfunding eine Bürgerstiftung gründen wollen, um dem Spreepark neues
Leben einzuhauchen. Die Initiative, die erst seit zwei Wochen besteht,
räumt selbst ein, noch kein Konzept zu haben. Gedacht sei aber etwa an
Bienenzucht und einen Töpfermarkt. „Ob eine so kurzfristig gestartete
Initiative erfolgreich sein kann, ist eine andere Frage“, sagt Hölmer.
## Etwas Leben im Park
Die Bürgerinitiative „Pro Plänterwald“, die seit Jahren alle Entwicklungen
um den Spreepark kritisch begleitet, fordert Finanzsenator Ulrich Nußbaum
(SPD) auf, selbst ein Gebot in den Ring zu werfen. Nur so, sagt Sprecher
Klaus Mannewitz, hätte Berlin die Zukunft des Spreeparks in der Hand und
könne ausschließen, dass Spinner und Spekulanten den Zuschlag bekämen.
Eng mit dem Spreepark verbunden ist die Geschichte der Familie Witte, die
den Park in den Ruin führte (siehe Text unten). Pia Witte war es aber auch,
die dem Spreepark in den letzten Jahren wieder etwas Leben einhauchte. Seit
das Insolvenzverfahren 2008 mangels Masse eingestellt wurde, ging die
Verfügung über den Park an sie zurück. Denn auf dem Papier war sie
Vertragspartnerin des Landes Berlin, dem nach wie vor der Grund und Boden
gehört. Im Sommer dreht wieder eine kleine Bahn die Runde durch den Park.
Eine Witte-Tochter verkauft Kaffee und Bratwürste.
Der Spreepark mit seinen Ruinen der Fahrgeschäfte inmitten eines
Feuchtbiotops, wo sich die Natur ein Stück Stadtlandschaft zurückgeholt
hat, ist zu einer begehrten Filmkulisse geworden. Szenen mehrerer
Hollywood-Streifen wurden hier gedreht. Der Spreepark war auch Kulisse für
Teile der ZDF-Kinderserie „Löwenzahn“ und das Filmporträt „Joschka und …
Fischer“.
Seit einigen Jahren finden an Wochenenden regelmäßig Führungen statt, und
in der warmen Jahreszeit gibt es Kulturevents wie „Spuk unterm Riesenrad“.
Auch für private Fotoshootings und studentische Filmübungen wird der Park
gern vermietet.
Dazu liegt der taz der Schriftverkehr eines Mannes vor, der für private
Fotoaufnahmen 195 Euro Miete pro Stunde plus 36 Euro Security-Kosten zahlen
sollte. Von diesen Einnahmen sieht das Land Berlin keinen Cent, sagt Irina
Dähne vom Liegenschaftsfonds. „Frau Witte zahlt keine Schulden ab. Sie
zahlt nicht einmal die laufende Pacht. Sie erklärt, sie habe kein Geld.“
So hört sich die Geschichte wie ein neuer Spuk unterm Riesenrad an: Die
Einnahmen kassiert nicht Pia Witte, sondern eine Wachschutzfirma, die das
Gelände bewacht und es im Gegenzug vermarktet. Firmeninhaber ist Gerd Emge,
neuer Lebensabschnittsgefährte von Pia Witte.
Ist dem Land Berlin da bereits unbemerkt ein neuer Norbert Witte gewachsen,
der ihm auf dem Kopf herumtanzt? Ein Vorwurf, den Emge weit von sich weist:
„Ich habe pro Monat allein 5.000 Euro an Personalkosten für den Wachschutz.
Die Einnahmen sind geringer.“ Emge macht kein Geheimnis aus seinem
Interesse am Erwerb des Spreeparks. „Es könnte sein, dass ich mitsteigere.
Aber noch ist einiges zu klären. Es wird ja nur der Erbbaurechtsvertrag
versteigert, und der ist nicht viel wert“, sagt er.
Baustadtrat Hölmer hält von einem Erwerber Emge wenig. „Falls Herr Emge die
Fähigkeit hat, einen Freizeitpark zu betreiben, hat er sie bisher gut
verborgen.“
1 Jul 2013
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Spreepark
Geburtstag
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Zuschlag will.
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