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# taz.de -- Heimliche Aussaat: Fahndung im Blumenkübel
> Göttinger Guerilla-Gärtner säen in der Stadt Cannabis aus, die Grüne
> Jugend macht einen Fotowettbewerb daraus – und die Polizei muss Unkraut
> jäten.
Bild: Im Visier der Polizei und Thema eines Fotowettbewerbs: Wilde Cannabispfla…
GÖTTINGEN taz | Erstmals spross der Hanf vor einem Jahr im öffentlichen
Raum. Bis zu 40 Zentimeter hoch wuchsen die Pflanzen auf dem Grünstreifen
in der Mitte des Göttinger Kreuzbergrings, bevor Mitarbeiter des
städtischen Grünflächenamtes mit der Sense anrückten.
Wer die Samen ausgebracht hatte, wurde zunächst nicht bekannt. Eine
„heimliche Aussaat im Sinne von Guerilla-Gärtnerei“ vermutete damals
Stadtsprecher Detlef Johannson. Später outeten sich anonyme Gärtner in
einem Internet-Forum. Sie deklarierten „das wilde Aussähen als Protest
gegen den restriktiven Umgang auch in Bezug auf den Konsum in Form von
Marihuana“.
Das Beispiel machte Schule. In diesem Sommer sind „Einige Autonome
Blumenkinder“ in Sachen Guerilla-Gardening in der Stadt unterwegs. „Aus
Protest gegen die restriktive Drogenpolitik haben wir in ganz Göttingen
mehrere Kilo THC-arme Cannabissamen verteilt“, schreiben sie in einem
Bekennerbrief – hinter dem Kürzel THC verbirgt sich der Rausch
verursachende Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Gleichzeitig fordern
die „Blumenkinder“ Sympathisanten zur Nachahmung auf.
Tatsächlich wächst derzeit Hanf in vielen Beeten und Kübeln Göttingens.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Polizisten kommen mit dem Zählen kaum
nach. Sobald sie geortet sind, werden die kleinen Plantagen zerstört.
Alles, was nach Hanf aussehe, werde vernichtet, sagt ein Polizeisprecher.
Man könne die Pflanzen nach geltendem Recht nicht stehen lassen.
Einen Unterschied zwischen den weiblichen Pflanzen, die das psychoaktive
THC beinhalten, und den männlichen Exemplaren machten die Beamten nicht.
Auch der städtische Baubetriebshof ist angehalten, nach den Hanfpflanzen
Ausschau zu halten. „Wir müssen der Polizei mitteilen, wenn wir einen neuen
Standort gefunden haben“, heißt es in dem Amt. Dann werden die verbotenen
Stauden entsorgt: „Wir behandeln das als Unkraut.“
Die Guerilla-Gärtner fordern die Legalisierung von Cannabis. Die Verbannung
von Haschisch und Marihuana in die Illegalität habe unmittelbar negative
Auswirkungen: Durch fehlende Kontrollmöglichkeiten würden Cannabisprodukte
häufig gestreckt. Ein legaler Verkauf von Cannabisprodukten, zum Beispiel
in Apotheken oder Coffee-Shops, schaffe dagegen Spielräume für eine
kontrollierte Abgabe. Der repressive Kurs verschlinge zudem „Unsummen, die
anderweitig – zum Beispiel in der Suchthilfe – bitter nötig wären“. Die
These, dass Cannabis eine Einstiegsdroge sei, halten die „Blumenkinder“ für
Schwachsinn und wissenschaftlich längst widerlegt.
Die Grüne Jugend Göttingen unterstützt die Cannabis-Kampagne durch einen
Fotowettbewerb. Wer eine besonders prächtige Hanfpflanze entdeckt, kann
davon Bilder machen und ins Netz stellen. „Viele tausend Personen“ hätten
sich auf der Homepage der Grünen Jugend bereits die Aufnahmen angesehen.
Darunter seien „einige wahre Pflanzenjuwelen, die zeigen, dass auch das
Vorziehen in Blumentöpfen und das spätere Aussetzen eine durchaus
erfolgsversprechende Strategie zur Verschönerung der Stadt ist“.
15 Jul 2013
## AUTOREN
Reimar Paul
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