# taz.de -- Steuerhinterziehung: Steuerbetrug mit CO2-Handel? | |
> Prozess gegen Unternehmer, die sich vom Finanzamt laut Anklage nie | |
> bezahlte Steuern erstatten ließen; Grundlage waren Scheingeschäfte mit | |
> Emissionszertifikaten | |
Bild: Teures Schauspiel: Seit die EU den Emissionshandel eingeführt hat, koste… | |
HAMBURG taz | Ein Instrument des Klimaschutzes sollen drei Geschäftsleute | |
benutzt haben, um sich auf Kosten des Steuerzahlers zu bereichern. Die | |
Männer sind angeklagt, zum Schein CO2-Verschmutzungsrechte gehandelt zu | |
haben, um sich auf diese Weise Steuern erstatten zu lassen, die sie nie | |
gezahlt hatten. Zwei von ihnen müssen sich seit dem gestrigen Dienstag vor | |
dem Hamburger Landgericht verantworten. Ebenfalls angeklagt sind zwei | |
Steuerberater, die ihnen behilflich gewesen sein sollen. | |
Um den Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß zu begrenzen, teilt die EU Unternehmen | |
Verschmutzungsrechte zu. Hat eine Firma mehr dieser Emissionszertifikate | |
als sie braucht, um ihren CO2-Ausstoß abzudecken, kann sie diese verkaufen. | |
Die Angeklagten sollen mit solchen Zertifikaten online ein Kettengeschäft | |
aufgebaut haben: Zwischen den ursprünglichen Verkäufer und den | |
letztendlichen Käufer schalteten sie mit Hilfe von Briefkastenfirmen eine | |
Reihe von Scheinkäufen und -verkäufen. | |
„Die Angeklagten schrieben sich gegenseitig Rechnungen, in denen die | |
Umsatzsteuer ausgewiesen war, obwohl dem kein reales Geschäft zu Grunde | |
lag“, sagt Oberstaatsanwältin Nana Frombach. Jeder Käufer tat so, als habe | |
er Umsatz(Mehrwert)steuer bezahlen müssen, die er sich vom Finanzamt im | |
Wege des Vorsteuerabzuges wieder holte. Dabei wurde in der ganzen Kette | |
aber tatsächlich nur ein einziges Mal Umsatzsteuer bezahlt, die erstattet | |
werden konnte. | |
Ähnliche Karussellgeschäfte hatte es nach Angaben der Hamburger | |
Finanzbehörde bereits in England und Frankreich gegeben. Bereits Anfang | |
2009 hätten Informationen vorgelegen, nach denen sich die betrügerischen | |
Händler Deutschland als nächstes Ziel ausgesucht hätten. Einem Frankfurter | |
Steuerprüfer sei eine junge Firma mit ungewöhnlich viel Umsatzsteuer | |
aufgefallen, erzählt Frombach. Er habe nachgehakt und festgestellt, dass es | |
sich nur um eine Briefkastenfirma handelte. Von dort aus dröselten die | |
Ermittler unter Federführung der Hamburger Steuerfahndung die ganze Kette | |
auf. | |
Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten am Dienstag bandenmäßig | |
organisierte Steuerhinterziehung in 25 Fällen vor. Insgesamt sollen sich | |
die Beschuldigten um 33 Millionen Euro bereichert haben. In zehn der Fälle | |
sollen zwei Steuerberater einer großen Beratungsfirma den Vorsteuerabzug | |
beim Fiskus geltend gemacht haben. „Die Staatsanwaltschaft meint, das | |
Geschäft war so auffällig, dass die den Betrug hätten bemerken müssen“, | |
sagt Frombach. | |
Der erste Prozesstag wurde nach Verlesung der Anklageschrift vorzeitig | |
beendet. Einer der beschuldigten Steuerberater, ein 46-jähriger Mann, ist | |
erst kürzlich an der Netzhaut operiert worden. Er gab an, er dürfe deshalb | |
nicht lesen und könne deshalb nur stark eingeschränkt an dem Prozess | |
teilnehmen. Mit Rücksicht darauf vertagte das Gericht seine Stellungnahme | |
und die seiner Kollegin auf den kommenden Dienstag. | |
16 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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