# taz.de -- Bundespolitik boykottiert Flüchtlingscamp: Protest stößt auf tau… | |
> Die Flüchtlinge in Kreuzberg diskutieren mit Grünen-Politikern und der | |
> Integrationsbeauftragten – die Bundesvertreter hatten abgesagt. | |
Bild: Am 8. Juli blockierten die Flüchtlinge die Oranienstraße, um Gespräche… | |
Am Ende sammelt Bashir Zakariyar Dutzende Kopien von den Pässen der | |
Campbewohner ein. „Was bedeuten diese Papiere?“, ruft der kräftige | |
Nigerianer und hält den Blätterstapel in die Luft. „Warum haben wir damit | |
keine Rechte?“ Er drückt den Packen Monika Lüke, der Berliner | |
Integrationsbeauftragten, in die Hand, die vor ihm auf einer Bierbank | |
sitzt. Die schaut nur fragend zurück. | |
Es sind vor allem Fragen, die bleiben nach dem Treffen von Politikern mit | |
den seit neun Monaten streikenden Flüchtlingen. Am Donnerstag hatte | |
Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) zum Gespräch in deren Protestcamp | |
auf dem Kreuzberger Oranienplatz geladen. Die Asylbewerber hatten dieses | |
mit einer Straßenblockade eingefordert. Doch statt der eingeladenen | |
Bundesminister und Senatoren kommen nur Lüke sowie die Grünen Schulz, | |
Hans-Christian Ströbele und Benedikt Lux in das große Zirkuszelt des Camps. | |
„Wir sitzen hier und werden verrückt, weil nichts passiert“, klagt | |
Zakariyar, einer der rund 50 anwesenden Flüchtlinge. „Wir brauchen Hilfe. | |
Warum haben die Verantwortlichen nicht mal Vertreter geschickt?“ | |
Lüke verweist auf Berlins Einsatz gegen die Residenzpflicht und das | |
Arbeitsverbot. Letzteres sei immerhin auf neun Monate verkürzt worden. Nach | |
der Bundestagswahl wolle man zudem beim Bleiberecht „wirklich etwas | |
erreichen“. Das Grünen-Trio fordert derweil, „die Richtigen zu überzeugen… | |
Das für Asylpolitik zuständige Bundesinnenministerium. | |
Dort hatte man mit der Begründung abgesagt, es gebe nichts zu verhandeln. | |
Und im Berliner Senat forderte Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) am | |
Donnerstag erneut ein Ende des „rechtswidrigen“ Camps. Schulz aber will das | |
Protestlager weiter dulden: „Ich halte meine Rübe für Sie hin“, verspricht | |
er im Protestzelt. Und er bekommt juristischen Beistand: Die Berliner | |
Staatsanwaltschaft teilte der taz mit, dass Ermittlungen wegen Untreue | |
gegen das Bezirksamt eingestellt sind. Der Kreuzberger CDU-Chef Kurt | |
Wansner hatte den Bezirk angezeigt, da dieser den Flüchtlingen den Platz | |
kostenlos überlasse. „Wenn auf unsere Forderungen eingegangen wird, gehen | |
wir sofort“, sagt die Sudanesin Napuli Langa. „Selbst wenn das Camp geräumt | |
wird, werden die Menschen nicht verschwinden.“ | |
Nur zeigt die Diskussion am Donnerstag auch: Die Forderungen der | |
Flüchtlingen gehen weit auseinander. Wollen einige Aufenthaltstitel oder | |
Arbeit, plädieren andere gleich für die Abschaffung des gesamten | |
Asylsystems. | |
Schulz und Lüke schlagen am Ende vor, ein erneutes Treffen einzuberufen. Im | |
August, nach der Sommerpause. Dann sollen auch die Bundespolitiker wieder | |
eingeladen werden. Und die Inhaber der Passkopien, bietet Lüke an, könnten | |
gerne in ihrer Rechtsberatung vorbeikommen. | |
Bei den Flüchtlingen nicken einige zustimmend, Bashir Zakariyar aber | |
springt auf. „Was hilft uns das?“, ruft er entrüstet. „Uns reicht’s!�… | |
folgen erhitzte Diskussionen, das Treffen endet nach fast drei Stunden im | |
Streit. Von ihm aus, sagt der Sudanese Imran Adam, könne man sich erneut | |
treffen. Wenn da aber wieder nichts bei herauskomme, müsse man künftig eben | |
direkt zu den Verantwortlichen gehen. | |
18 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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