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# taz.de -- Wanderarbeiter aus dem Osten: Erntezeit in Niedersachsen
> Im Landkreis Oldenburg lebten Männer im Wald, jetzt sind sie weg: Einige
> haben ein Rückfahrangebot der Gemeinde angenommen, andere sind
> weitergezogen.
Bild: Der Salat ist grün: Auf den Feldern schuften derzeit viele Saisonarbeite…
BREMEN taz | Gelegt hat sich die Aufregung um die zehn Rumänen, die bis vor
einer Woche im südlichen Landkreis Oldenburg im Wald campiert hatten.
Einige sind weitergezogen, „wir wissen nicht wohin“, sagt Manuela Honkomp
(parteilos). Andere hätten ein Rückfahr-Angebot angenommen. „Die sind von
uns zum Fernbus nach Duisburg gebracht worden“, so die Bürgermeisterin der
Gemeinde Steinfeld.
Zuvor hatte sie ihnen signalisiert, dass sie das „illegale Außenlager“ beim
Landkreis anzeigen müsse. Die Folge wäre eine polizeiliche Auflösung
gewesen und für die Betroffenen ein Verfahren. Darauf hätten die Männer es
nicht ankommen lassen wollen. „Es waren alles Leute aus demselben Ort,
direkt an der ukrainischen Grenze“, sagt Honkomp, offenbar Rădăuč in der
Bukowina. „Sie waren auf der Suche nach Arbeit.“ Gefunden hätten sie in
Steinfeld keine.
„Mir ist klar“, so die Bürgermeisterin, „dass wir damit das Gesamtproblem
nicht lösen.“ Damit sei die Gemeinde aber auch überfordert. Wieso sich die
Männer ausgerechnet die Gegend um Steinfeld als Ziel ausgesucht hatten ist
unklar. Honkomp vermutet Mundpropaganda: Möglicherweise hätten andere
Saisonarbeiter hier gute Erfahrungen gemacht – und die Provision sparen
wollen.
Denn die verlangen alle Firmen, die sich auf die Vermittlung von
Saisonarbeitern aus Bulgarien oder Rumänien spezialisiert haben, und es
gibt eine ganze Reihe von ihnen, sowohl in Deutschland als auch in den
Herkunftsländern. Die Höhe ist unterschiedlicher, wie Holger Bickmann
bestätigt. Er ist Geschäftsführer und Inhaber einer von ihnen, der Bickmann
Marketing Personalvermittlung mit Sitz in Höxter im Weserbergland. „Es gibt
viele schwarze Schafe in dieser Branche“, sagt er. „Die nehmen für die
Vermittlung für zwei Monate in eine einfache Erntehelferarbeit 500 Euro
oder mehr“ – ein Vielfaches der Courtage, die er selbst veranschlagt. Viele
seiner Konkurrenten würden auch nicht bei den Zielunternehmen auf soziale
Mindeststandards achten. Da passiere es dann, dass jemand nach zwei Monaten
harter körperlicher Arbeit nur mit 800 Euro nach Hause fahre. „Das kann
nicht angehen, finde ich“, sagt Bickmann. „Wir wollen die Leute nicht
ausbeuten“, versichert er. „Wir wollen, dass sie sich weiterhin von uns
vermitteln lassen.“ Arbeitskräfte in strukturschwachen Regionen Rumäniens
anzuwerben, lehnt er ab: „Die verkraften den Kontrast zur Armut in ihrer
Heimat nicht.“
Mittlerweile kommt ein sehr großer Teil der Saisonarbeiter aus Rumänien
oder Bulgarien, nachdem bis vor wenigen Jahren fast ausschließlich
polnische Erntehelfer angeworben worden waren. Als ein Grund für den Wandel
gilt, dass für diese die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit mittlerweile gilt
– sprich: Sie sind weniger auf die zeitlich sehr beschränkten und oft
schlecht entlohnten Jobs als Spargelstecher oder Erdbeerpflücker
angewiesen. So bestehen gerade im Bereich Pflege und Kinderbetreuung große
Bedarfe. Für Rumänen und Bulgaren gilt diese Beschränkung noch bis Ende
2013, dann dürfen auch sie ohne gesonderte Erlaubnis überall im gesamten
Schengen-Raum arbeiten.
Die meisten der zwischenzeitlich auf dem Gebiet von Steinfeld gestrandeten
Männer haben sich selbstständig auf die Weiterreise gemacht. Wohin, ist
unklar. Eine Spur von ihnen fehlt. Gelegenheitsjobs gibt es im Sommer
viele: Der Salat ist grün, die Tomaten reif und die Blaubeerenernte hat
gerade erst richtig begonnen.
8 Aug 2013
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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