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# taz.de -- Leopardensterben im Nahen Osten: Der Feind der Kamelhirten
> Der Lebensraum der Leoparden im Nahen Osten wird immer kleiner, nur noch
> rund 200 Exemplare leben hier. Ein Auswildern gezüchteter Tiere ist
> schwierig.
Bild: Hätte es in der Wildnis schwer: Leopard Spoti lebt in den Vereinigten Ar…
TAWI ATAIR ap | Auch Leopardenkot kann Begeisterung auslösen. „Na bitte!“,
ruft Hadi Al-Hikmani, als er den Haufen entdeckt. Der Umweltschützer hatte
schon fast die Hoffnung aufgegeben, in den entlegenen Dhofar-Bergen im
Süden Omans Hinweise auf die Existenz der letzten Großkatzen im Nahen Osten
zu finden.
Nun aber stürzen sich Hikmani und sein Team auf den offenbar mehrere Wochen
alten Kot. Er wird eingetütet und später im Labor untersucht, um
Rückschlüsse auf Raubtier und Beute ziehen zu können. Wie sich später
herausstellen wird, scheint dieser Leopard eine Vorliebe für
Stachelschweine, kleine Nager und Schliefer zu haben, murmeltierähnliche
Tiere.
Ein paar hundert Meter weiter den Berg hinauf folgt die nächste
Erfolgsmeldung: Nach monatelangem Warten hat endlich wieder eine der hier
installierten über 25 Kamerafallen einen Leoparden erwischt. Das Exemplar
war etwas größer als ein Golden Retriever. „Anscheinend nutzt der Leopard
diese Region noch“, sagt der 30-jährige Hikmani, der für das staatliche
Leopardenschutzprojekt arbeitet. „Vielleicht werden wir hier eines Tages
überhaupt keine Hinweise auf Leoparden mehr finden, daher sind wir jetzt
ziemlich aufgeregt.“
Einst war der Leopard im Nahen Osten weit verbreitet, inzwischen gilt er
als stark gefährdet. Die Naturschutzorganisation IUCN schätzt, dass es
keine 200 freilebenden Exemplare mehr gibt. 50 bis 100 davon sind in den
Bergen im Süden Omans beheimatet, weitere kleine Gruppen gibt es im Jemen
und in der israelischen Wüste Negev. Den Raubkatzen setzt der Umstand zu,
dass sich der Mensch immer abgelegenere Regionen erschließt und Hirten ihre
Ziegen, Kühe und Kamele mit der Waffe verteidigen.
## Der Mensch verdrängt das Tier
„Leoparden stehen an einem kritischen Punkt“, sagt Andrew Spalton,
Umweltberater der omanischen Regierung. „Sie werden unvermeidlich weniger,
weil sie ihren Lebensraum verlieren. Gerade noch halten können sie sich in
Gebieten, wo die Menschen mit ihren Herden und Geländewagen nur schwer
hinkommen.“
Momentan bemüht man sich um eine verlässliche Zählung der Leoparden und
deren Geschlechterverhältnis. „Nach offiziellen Schätzungen gibt es
vielleicht 200 arabische Leoparden zwischen Oman und Jemen“, sagt die
britische Biologin Tessa McGregor, die sich mit Hikmani um den Schutz der
Tiere bemüht. „Vielleicht sind es nur halb so viele, vielleicht noch
weniger. Wir wissen es nicht.“
Forschung allein wird den Leoparden nicht retten, das wissen auch Hikmani
und seine Kollegen. Sie sind aufgebracht, dass vor Ort nicht mehr
geschieht. Der Überweidung, die die Dhofar-Berge kahl werden lässt, wurde
bislang kein Riegel vorgeschoben und bestehende Schutzmaßnahmen für die
Leoparden werden kaum forciert. 1997 wurde zwar der Naturschutzpark
Dschebel Samhan eingerichtet, doch besteht er praktisch nur dem Namen nach:
Die 50 Wildhüter patrouillieren lediglich entlang der Parkgrenzen, es gibt
keinerlei touristische Infrastruktur, selbst ein Eingangstor fehlt.
## Zu zahm für die Natur
Im September findet eine vom Oman geförderte Konferenz zum Leoparden statt,
bei der eine bessere Abstimmung der Schutzmaßnahmen erreicht werden soll.
Kein Thema wird es hingegen sein, einige der über 80 Leoparden
auszuwildern, die auf der arabischen Halbinsel in Gefangenschaft aufgezogen
wurden. Die Tiere beispielsweise, die in der Aufzuchtstation im Emirat
Schardscha leben, reagieren geradezu friedlich auf Menschen – und dürften
in der Wildbahn leichte Beute für Jäger abgeben.
Die Großkatzenabteilung in der Aufzuchtstation wird von der Südafrikanerin
Jane Budd geleitet, die auch das internationale Zuchtbuch für arabische
Leoparden verantwortet. Sie sagt, sie müsse immer wieder erklären, dass man
gefangene Leoparden nicht einfach freilassen könne.
Vor einer Auswilderung müssten Schutzmaßnahmen festgelegt werden, die Tiere
müssten bestimmten genetischen Kriterien entsprechen und überhaupt erst
einmal wieder lernen, in der Wildnis zu jagen und zu überleben. Welche
Hürden zu nehmen wären, zeigt eine Fahrt durch Dschebel Semhan und
Umgebung. Illegale Siedlungen gedeihen, Kamele und Ziegen dürfen frei
herumstreifen.
## Schlechtes Image
Hikmani ist selbst in einer Familie von Kamelhirten aufgewachsen.
Unermüdlich betreibt er bei Freunden und Nachbarn Lobbyarbeit für den
Leoparden. Die Tiere würden nur selten Vieh angreifen und könnten sehr gut
für den Tourismus sein, argumentiert er. Doch während einer Übernachtung
bei der Herde seines Vaters muss sich Hikmani endlos Geschichten über
Kamele anhören, die von Leoparden gerissen wurden. Niemand möchte die Tiere
noch in Freiheit sehen. Ab in den Zoo mit ihnen, lautet die vorherrschende
Meinung.
„Würde ich heute Nacht einen Leoparden sehen, wie er ein Stück Vieh oder
ein Kamel von mir töten will, würde ich ihn töten“, sagt der 57-jährige
Hirte Mohammed Ahmed Al-Amri. „Mein Vieh ist mir alles. Wir haben vor
nichts mehr Angst als vor dem Leoparden.“
12 Aug 2013
## AUTOREN
Michael Casey
## TAGS
Oman
Artensterben
Tierschutz
Wilderei
Zoo
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