| # taz.de -- Ordnungdienst vs. Obdachlose: Vertreibung im Dunkeln | |
| > Der Bezirkliche Ordnungsdienst verscheucht eine bulgarische Familie mit | |
| > Kindern von der Alster, die dort im Zelt übernachten wollte. | |
| Bild: Drunter erlaubt, daneben verboten - auch wenn es um Kinder geht: Zelte un… | |
| Bestimmt kein Einzelfall, doch diesmal gibt es Zeugen: Der Bezirkliche | |
| Ordnungsdienst (BOD) des Bezirksamtes Mitte hat am Mittwochabend nach | |
| Einbruch der Dunkelheit eine obdachlose bulgarische Familie mit Kindern an | |
| der Alster vertrieben. Sie wollten neben der Kennedybrücke in einem Zelt | |
| übernachten, dort standen auch andere Zelte. Die BOD-Männer verlangten von | |
| der Familie per Platzverweis, das Terrain zu verlassen. | |
| Augenzeuge des Vorfalls ist auch Sascha geworden, Verkäufer des | |
| Straßenmagazins Hinz&Kunzt, der selbst unter der Kennedybrücke „auf Platte | |
| geht“, also dort übernachtet. „Die vom Ordnungsdienst haben gesagt, wenn | |
| die Familie nicht verschwindet, würden sie das Zelt selber abreißen und ihr | |
| die Kinder wegnehmen“, berichtet Sascha bei Hinz&Kunzt-Online, Er hatte die | |
| Familie schon zuvor kennengelernt. Die Familie hätte sich sehr gut um die | |
| Kinder gekümmert. Nach dem Vorfall und dem Abbau des Zeltes seien die drei | |
| Erwachsenen verschwunden, während die Kinder mit der Großmutter in einem | |
| kleinen Behelfszelt unter der Kennedybrücke übernachten mussten. Eine | |
| Alternative für die Familie habe der BOD zuvor nicht aufgezeigt. | |
| Bezirksamtssprecher Norman Cordes räumt ein, dass die abendliche | |
| Vertreibung „sicherlich nicht human“ gewesen sei. Die BOD-Mitarbeiter wären | |
| wohl gerade auf Streifengang gewesen, als sie die Familien angetroffenen | |
| hätten. Dann sei die Situation aus dem Ruder gelaufen, so dass die Polizei | |
| kommen musste, sagt Cordes. Er gibt aber zu bedenken, dass es zu dieser | |
| Situation eine Vorgeschichte gibt. Der BOD habe die Familie mit ihrem | |
| Familienzelt bereits am Freitag angetroffen und aufgefordert, sich aus dem | |
| öffentlich sichtbaren Bereich zu entfernen und unter die Brücke zu ziehen, | |
| wo jedoch kein Platz mehr ist. „Grundsätzlich ist das Übernachten in | |
| Parkanlagen nicht erlaubt und schon gar nicht mit Zelten“, sagt Cordes. Es | |
| solle aber kein Präzedenzfalls geschaffen werden. Unter der Kennedybrücke | |
| würde das Campieren von Obdachlosen allerdings geduldet. Böse Zungen | |
| behaupten, das Ganze diene dazu, dem Tourismus-Standort Hamburg das Image | |
| einer sauberen und intakten Stadt zu verpassen. „Man kennt das: Aus den | |
| Augen, aus dem Sinn“, sagt der Obdachlose Sascha. | |
| Für Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer bleibt der Vorgang immer | |
| noch ungeheuerlich. „Es kann nicht angehen, eine Familie in der Nacht ohne | |
| Alternative wegzuschicken – die Familie ist in einer Notlage in der | |
| Parkanlage gelandet“, sagt Karrenbauer. Man könne javielleicht sagen, dass | |
| sie tagsüber von der Fläche, die man von der S-Bahn aus einsehen kann, weg | |
| müssten, „dann müsste ihnen aber eine Alternative aufgezeigt werden“, | |
| verlangt Karrenbauer. | |
| Es müsse einfach zur Kenntnis genommen werden, dass es immer mehr Familien | |
| gebe, die auf der Straßen leben, erläutert Karrenbauer. Und auch die | |
| verschiedenen BODs registrierten, dass immer mehr Osteuropäer im Freien | |
| übernachten. „Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass Familien auf der | |
| Straße leben“, warnt Karrenbauer. „Alle Obdachlosen müssen das Recht auf | |
| eine Unterkunft haben.“ | |
| 22 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Kai von Appen | |
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