# taz.de -- Emanzipation im Cockpit: „Ich bin keine Vorkämpferin“ | |
> Evi Hetzmannseder hat etwas gewagt und es dann ausprobiert. Vor 25 Jahren | |
> wurde sie die erste Pilotin bei der Lufthansa. | |
Bild: Der ewige Traum vom Fliegen. | |
taz: Frau Hetzmannseder, erinnern Sie sich noch an den 23. August 1988? | |
Evi Hetzmannseder: Natürlich, mein erster Flug im Cockpit. Das war mit ganz | |
viel Stress und Aufregung verbunden. Zum ersten Mal mit Passagieren an | |
Bord. Ein Gefühl mit Schwammerl in den Knien. | |
Wie sind Sie zum Fliegen gekommen? | |
Es war immer mein Traum. Freunde haben mir erzählt, dass ich im | |
Kindergarten gesagt hätte: Ich will Stewardess werden und einen Kapitän | |
heiraten. Da ist aber nix draus geworden. | |
War Ihnen die Bedeutung, erste Frau im Lufthansa-Cockpit zu sein, damals | |
bewusst? | |
Es gab schon vor mir einige Frauen, die privat ihre Berufspilotinnenscheine | |
gemacht haben. Ich war und bin keine Vorkämpferin. Ich habe für niemanden | |
eine Lanze gebrochen. Ich habe einfach nur den Job gemacht, den ich machen | |
wollte. | |
Damals gab es einen Medienhype. Hat Sie das genervt? | |
Es war eine Mischung: Einerseits war ich stolz, so viel Aufmerksamkeit zu | |
bekommen. Andererseits kamen dann hundertfach dieselben Fragen, grauenvoll. | |
Aber natürlich war es toll, für ein paar Tage so berühmt zu sein. | |
Was macht für Sie das Thema „25 Jahre Frauen im Cockpit“ heute noch | |
bedeutsam? | |
Vielleicht kann man Frauen Mut machen, sich etwas zu trauen. Die | |
Gesellschaft hat sich ja schon gewandelt. Frauen trauen sich viel mehr als | |
früher zu. Vielleicht berührt es einige, die noch einen Kick brauchen und | |
sagen: Ja, guck, die Evi, die hat es auch gepackt! Muss ja nicht das | |
Fliegen sein, kann ja auch irgendetwas sein, wo man noch mit seiner | |
Entscheidung wankt. Etwas auszuprobieren, vielleicht ist das eine gute | |
Botschaft! | |
Sehen Sie sich als Vorbild? | |
Eigentlich nicht. Ich mache meinen Beruf gern. Das war mein Ziel, und nicht | |
irgendetwas Tolles dazustellen und in der Welt zu repräsentieren. | |
Sie wollten nicht die Fahne der Emanzipation hochhalten? | |
Nein, überhaupt nicht! Aber: Damals gab es eine ganz andere Generation von | |
Männern. Manche glaubten, auch bei der Lufthansa, dass nur die Männer die | |
Welt regieren und die Frauen daheim bleiben sollten. | |
Was hat sich seitdem geändert? | |
Für viele Kopiloten ist das heute ganz normal, wenn eine Frau die | |
Vorgesetzte ist. Mittlerweile gibt es Busfahrerinnen, Frauen, die Tram | |
fahren oder im Cockpit sitzen. Im Kindergarten spielen die Kleinen auch mit | |
Lego- und Playmobilfiguren. Da ist auch immer ein Mädchen dabei. Als ich | |
vor 25 Jahren Kopilotin war, gab es Kapitäne, die es nicht gewohnt waren, | |
mit Frauen zusammenzuarbeiten – vor allem mit jungen Frauen, die genau das | |
Gleiche können wie ein altgedienter Kapitän der deutschen Lufthansa. Das | |
war manchmal befremdlich. Aber: Wir Frauen sind immer sehr fair behandelt | |
worden. | |
Waren die ersten Pilotinnen Anfang des 20. Jahrhunderts wie Marga von | |
Etzdorf für Sie ein Vorbild? | |
Ehrlich gesagt, ich habe von diesen Pionierinnen erst erfahren, als ich | |
schon bei der Lufthansa war. | |
Lassen Sie uns in die Zukunft schauen: 1988 die erste Pilotin bei der | |
Lufthansa. Wann wird es den ersten weiblichen CEO geben? | |
Das weiß ich nicht. Wenn eine Frau sagt, sie will Vorstandsvorsitzende | |
werden, und das dann auch durchzieht, dann ist das prima! Ich jedenfalls | |
würde das nicht machen. Das wäre nicht meine Welt. | |
Es gibt nur wenige weiblich Vorstandsvorsitzende in DAX-Unternehmen. Ist | |
das Ausdruck für …? | |
… männliche Dominanz! Ja, das sind noch immer männliche Bastionen. Aber das | |
wird sich mit der Zeit ändern. | |
Warum entscheiden sich noch immer so wenige Frauen für den Beruf der | |
Pilotin? | |
Frauen bevorzugen Berufe, die ihnen Spaß machen, irgendetwas Kreatives, | |
Soziales. Manche wollen in die Mode- oder Designbranche. Viele Frauen | |
denken, als Pilotin muss man ein Technikfreak und Mathematikgenie sein. | |
Stimmt nicht. Gefordert sind durchschnittliche mathematische und | |
naturwissenschaftliche Fähigkeiten. Im Cockpit zählen Flexibilität und | |
Teamfähigkeit. | |
Heißt das im Umkehrschluss: Fliegen ist nichts Kreatives? | |
Wenig! Es ist sehr viel Angelerntes, sehr viel Technik dabei. Viele | |
Handlungsabläufe, die man einstudieren muss. Das dient der Sicherheit. Man | |
hat wenig Handlungsspielraum für Kreativität. | |
Inwiefern hat Sie das Fliegen verändert? | |
Das Fliegen ist automatischer geworden, vereinfacht durch die ganze | |
Elektronik. Früher sind wir mehr manuell geflogen. Heute ist sehr viel mehr | |
Überwachung der ganzen Systeme dabei. Dadurch ist die Faszination des | |
Fliegens ein wenig auf der Strecke geblieben. | |
Fliegen Männer und Frauen unterschiedlich? | |
Weiß ich nicht. Männer fliegen genauso gut wie Frauen. Manche | |
interpretieren in Frauen etwas mehr Feinfühligkeit hinein, aber ich kann | |
das nicht bestätigen. Die Männer können genauso sanft landen wie eine Frau. | |
Haben Sie besondere Hobbys als Ausgleich zum Fliegen? | |
Ja, Familie, Haushalt, putzen, kochen. Ansonsten Musik spielen in einer | |
kleinen Gruppe. Ich spiele Akkordeon. | |
Brian Eno „Music for Airports“? | |
Nein! Wir singen Gaudimusik, Ragtime, Altdeutsches, Schlager, Tango, | |
lustige Sachen. | |
7 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Marek | |
## TAGS | |
Fliegen | |
Lufthansa | |
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