# taz.de -- Nachruf auf Herman Wallace: Sieg über die Justiz kurz vor dem Tod | |
> 41 Jahre saß Black Panther Herman Wallace in Isolationshaft – für einen | |
> Mord, den er wohl nie begangen hat. Kaum entlassen, starb er. | |
Bild: Hatte nie die Hoffnung verloren: Herman Wallace (Bild 2008). | |
WASHINGTON taz | Herman Wallace’ Leben in Freiheit währte drei Tage. Nach | |
41 Jahren in Isolationshaft in einer zwei mal drei Meter großen Zelle in | |
Louisiana war das kurz. Aber für den ehemaligen Black-Panther-Aktivisten – | |
einer der „Angola 3“ –, der nie die Hoffnung verloren hatte, seine Unschu… | |
an der Ermordung eines Gefängniswärters zu beweisen, war es der Erfolg, für | |
den er jahrzehntelang gekämpft hat. | |
In den kurzen Momenten, die er in seinen letzten Stunden bei Bewusstsein | |
war, hat der 71-Jährige gesagt: „Ich bin frei.“ Am Freitag ist er im Haus | |
eines Freundes in New Orleans gestorben. Er hatte Leberkrebs. | |
Am Dienstag vor seinem Tod hat Richter Brian Jackson in Louisiana die | |
Anklageerhebung gegen Herman Wallace für verfassungswidrig erklärt und | |
seine sofortige Freilassung angeordnet. Er begründete seine Entscheidung | |
damit, dass in der Jury, die Herman Wallace angeklagte hatte, keine Frau | |
zugelassen war. In einem letzten Versuch, seinen Gefangenen hinter Gittern | |
sterben zu lassen, ging der Gefängnisdirektor abendessen und ließ | |
mitteilen, dass er erst am nächsten Tag zurückkommen werde. | |
Doch Richter Jackson bestand auf sofortiger Umsetzung seiner Anordnung. Am | |
selben Abend holte ein Krankenwagen den Sterbenden im Gefängnis ab. Rund | |
100 UnterstützerInnen empfingen den alten Mann mit Transparenten, auf denen | |
stand: „Welcome Home Herman“. | |
Niemand in den USA hat länger in Isolationshaft gesessen als Herman | |
Wallace. Er war, zusammen mit zwei anderen schwarzen Gefängnisaktivisten, | |
wegen der Ermordung des weißen Gefängniswärters Brent Miller 1972 | |
verurteilt worden. Der einzige blutige Fingerabdruck, der am Ort der | |
Messerstecherei gefunden wurde, gehörte keinem der drei Verurteilten. | |
Hauptbelastungszeuge war ein vielfach verurteilter Vergewaltiger mit | |
umstrittener Glaubwürdigkeit. | |
## Petition mit 200.000 Unterschriften | |
Zur Zeit des Mordes saßen Herman Wallace und Albert Woodfox wegen | |
bewaffneten Raubüberfalls in dem berüchtigten „Angola“-Gefängnis. Die | |
beiden zu 50 Jahren verurteilten Männer waren im Gefängnis zu | |
Black-Panther-Aktivisten geworden. Unter anderem organisierten sie Proteste | |
gegen die brutalen Arbeitsbedingungen der Gefangenen, die bis zu 18 Stunden | |
am Tag auf Plantagen arbeiten mussten. Bevor „Angola“ ein Gefängnis wurde, | |
wurde es mit Sklavenarbeit bewirtschaftet. | |
Herman Wallace hat Generationen von BürgerrechtsaktivistInnen inspiriert. | |
Mehr als 200.000 Menschen haben eine Petition von Amnesty International für | |
seine Freilassung unterzeichnet. Trotz der 41 Jahre in dem „Käfig“, aus dem | |
er nur eine Stunde am Tag herausdurfte, blieb er bis zum Schluss | |
kämpferisch. | |
In einem Film der Künstlerin Jackie Sumell („Herman’s House“) beschrieb … | |
am Telefon das Haus, in dem er leben will. Es ist umgeben von tanzenden | |
Menschen. Auf der Straße halten „Brüder“ die geballte Faust hoch. In einem | |
Dokumentarfilm sagt die Witwe des ermordeten Wärters, dass sie nicht an die | |
Schuld der „Angola 3“ glaubt. | |
Robert King ist der einzige von „Angola 3“ als unschuldig entlassen worden. | |
Am Tag des Mordes war er nicht einmal in dem „Angola“-Gefängnis. Dennoch | |
musste er 29 Jahre in Isolationshaft verbringen. Seit seiner Freilassung | |
2001 tourt King durch die Welt, um über seine Haftbedingungen zu sprechen. | |
Der dritte „Angola“-Mann, Albert Woodfox, sitzt weiterhin in | |
Isolationshaft. Er hofft auf einen neuen Prozess. | |
7 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
US-Justiz | |
Todesstrafe | |
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