# taz.de -- Stadtentwicklung: Besser reden über Tempelhof | |
> Hochhäuser am Feldrand geplant. BUND gegen Wasserbecken, Bausenator wenig | |
> kommunikativ. | |
Bild: Einstweilen gilt noch: Die Freiheit genießen. | |
Wenn Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) zur Diskussion über die | |
Zukunft des Tempelhofer Feldes einlädt, kommen meist viele Interessierte, | |
darunter natürlich Befürworter und Kritiker der umstrittenen möglichen | |
Bebauung und Parkgestaltung. Laut Müller bedeuten solche Veranstaltungen, | |
dass „gemeinsam und intensiv“ das Thema erörtert werden soll, schließlich | |
geht es ja um 380 Hektar Berlin. Leider meint es der Senator mit dem | |
„gemeinsam“ nicht immer so, wie er es sagt. Diskurs ist für Müller wohl e… | |
Euphemismus. | |
Wie am Dienstagabend im Hangar 2 des Flughafengebäudes: Dort hatten der | |
Senator und seine Bauverwaltung die Berliner zur öffentlichen Debatte über | |
den „vorläufigen Bebauungsplan“ (B-Plan) für die Projekte entlang des | |
Tempelhofer Damms und der Ringbahn aufgefordert. Ein solches Verfahren der | |
„öffentlichen Beteiligung“ schreibt der Gesetzgeber vor, denn erst ein | |
ausführlich diskutierter und später vom Parlament beschlossenen B-Plan | |
erlaubt, dass gebaut werden kann. | |
Nachdem Michael Müller und sein Abteilungsleiter für Städtebau, Manfred | |
Kühne, den rund 300 Besuchern die Planungen für Wohngebäude, Gewerbe, | |
Straßen und Grünflächen auf dem Areal ausführlich vorgestellt hatten, bat | |
die Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“, die sich für die Freihaltu… | |
des Feldes einsetzt sowie derzeit das Volksbegehren gegen die Bebauung | |
initiiert, ums Wort. Vergeblich. Das Mikrofon wurde ihnen verweigert, es | |
kam zum Eklat. Erst nach einer Zeit lang Gebrülle ließen die Veranstalter | |
einen kurzen Redebeitrag zu: kein gutes Zeichen für das | |
Demokratieverständnis der Tempelhofer Baulobbyisten. | |
Was man auch so bemerken kann: Ungeachtet der Kritik an den Bebauungsplänen | |
für das Tempelhofer Feld und der Initiative für ein Volksbegehren gegen | |
jene ist die Bauverwaltung gewillt, ihre Interessen mit Verve | |
voranzutreiben. Nach dem Masterplan im Frühjahr 2013, Gesprächen mit | |
Wohnungsbaugesellschaften und dem Beginn zahlreicher | |
Freiflächengestaltungen wurden am Dienstag von der Bauverwaltung nun zwei | |
vorläufige B-Plan-Entwürfe vorgelegt. Dass die Pläne zur Bebauung des | |
einstigen Flughafengeländes am Tempelhofer Damm und entlang des Südrings | |
bis zur Oberlandstraße aber schon recht konkret und weit gediehen sind, | |
konnten die Besucher im Hangar 2 auch sehen: Entlang des Tempelhofer Damms | |
sind zirka 1.300 Wohnungen in 16 dicken Blöcken geplant – eine simple | |
Stadtplanung, wie ein Architekt sagte. Auch Hochhäuser, „nahe des | |
Flughafengebäudes und an der möglichen Zentral- und Landesbibliothek“, wie | |
Kühne anmerkte, lassen sich ausmachen. Straßen durchziehen das rund 20 | |
Hektar große Quartier. | |
Ein Gleiches soll am Südring entstehen: Entlang der Bahnlinie und der | |
Autobahn A 100 ist ein langes Gewerbegebiet vorgesehen. Damit soll ein | |
„Lärmriegel“ geschaffen werden. In Richtung Feld sieht die Planung dann die | |
rund 2.000 Wohnungen in fünf- bis siebengeschossigen Blöcken neben | |
Hochhäusern vor. | |
Auch hier wird das Viertel mit zahlreichen Straßen für Autos, Radler und | |
Fußgänger erschlossen. Insgesamt werde die Bebauung zum Feld eine „klare | |
räumliche Kante bilden“, wie Kühne sagte. Von der „Kante“ schaut man da… | |
auf die verbliebene Freifläche von 230 Hektar Tempelhofer Feld – 150 Hektar | |
weniger als bisher. Mehrere Wochen kann man sich nun im Hangar 2 über diese | |
Pläne informieren und Anregungen geben. Sieht so eine „gemeinsame und | |
intensive“ Diskussion über das derzeit wichtigste Stück Berlin aus? | |
Folgerichtig ließ die Kritik der Bürgerinitiativen nicht lange auf sich | |
warten. Bereits am Dienstagabend wurde moniert, „dass hier von der | |
Bauverwaltung bereits ausgearbeitete Pläne vorgelegt wurden. Es besteht | |
anscheinend kein Interesse daran, diskursiv und ergebnisoffen zu | |
debattieren“, wie der Planer Hermann Barges polterte. Dies sei aber in den | |
B-Plan-Verfahren vorgeschrieben. | |
Harsche Kritik am Vorpreschen des Bausenators auf dem Tempelhofer Feld hat | |
am Mittwoch auch der Berliner BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz, geübt. | |
Der Umweltverband kündigte an, gegen die Pläne des Senats, auf dem Gelände | |
mit der Freiraumgestaltung zu beginnen, vor Gericht zu ziehen. Derzeit | |
werde ein Antrag auf einstweilige Verfügung vorbereitet, sagte | |
Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser. | |
Die Umweltschützer wollen verhindern, dass ein künstlicher See und ein | |
Rundweg auf einem erhöhten Damm errichtet werden. Beide Maßnahmen plane die | |
Senatsverwaltung als „naturschutzfachlichen Ausgleich“ dafür, weil am Rande | |
des Felds gebaut werden soll. In Wahrheit aber seien weder Wasserbecken | |
noch Damm „naturschutzfachlich positiv“ einzuordnen, so Heuser. Auch sei | |
bei dieser Planung das Recht auf Bürgerbeteiligung verletzt worden. | |
16 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld | |
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