# taz.de -- Reform der Sozialberatung: Keine Hilfe mehr bei Formularen | |
> Die Beratung Arbeitsloser soll sich künftig auf die psychosoziale | |
> Betreuung von Hartz-IV-Empfängern konzentrieren. Hilfe-Vereine sehen | |
> dadurch ihre Vertrauensbasis gefährdet. | |
Bild: Soll sich auf die Zielgruppe Hartz-IV-Empfänger konzentrieren: Sozialber… | |
HAMBURG taz | Wer heute seinen Hartz-IV-Bescheid nicht versteht und findet, | |
das Jobcenter verweigere ihm Leistungen, kann sich an die | |
Arbeitslosen-Telefonhilfe (ATH) wenden. Der Hamburger Verein schaut sich | |
den Bescheid an, übersetzt oder erläutert ihn und gibt dem Antragsteller | |
Tipps, wie er sich wehren kann. | |
Nach den Vorstellungen der Sozialbehörde soll damit bald Schluss sein. „Die | |
Unterstützung bei der Antragstellung und das Erklären von Bescheiden sind | |
Aufgaben des Jobcenters“, heißt es in einer Mitteilung des Senats an die | |
Bürgerschaft. Dass vom Senat bezahlte private Träger die gleiche Aufgabe | |
übernähmen, sei unnötig. | |
Kai Voet van Vormizeele, Geschäftsführer der Telefonhilfe, hält das für | |
blauäugig. „Wenn die Jobcenter nicht mehr weiter wissen, schicken sie die | |
Leute zu uns“, sagt er. Und Renate Schumak von der Solidarischen | |
Psychosozialen Hilfe Hamburg (SPSH) kritisiert: „Die Begründung, man wolle | |
Parallelstrukturen vermeiden, ist geradezu zynisch.“ Oft genug ließen die | |
Jobcenter es an Respekt den Hilfebedürftigen gegenüber fehlen, oft genug | |
legten sie die rechtlichen Vorgaben falsch aus. | |
Die Frage, zu welchen Themen Vereine wie die ATH oder die SPSH beraten | |
dürfen, ist Gegenstand eines Reformpakets, mit dem die Sozialbehörde die | |
psychosoziale Betreuung für Langzeitarbeitslose neu ausrichten möchte. | |
Bereits 2008 hatte der Rechnungshof moniert, dass sich der Senat um Dinge | |
kümmere, für die er nach Hartz-IV-Reformen der Schröder-Regierung gar nicht | |
zuständig sei. | |
Demnach habe der Stadtstaat nur Langzeitarbeitslose zu betreuen und nicht | |
alle Arbeitslosen. Zudem sei er nur für deren psychosoziale Betreuung | |
zuständig, müsse also nur helfen, deren allgemeine Lebensführung zu | |
verbessern, um sie für den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Fragen zur | |
Arbeitslosenunterstützung oder zu Schulden gehörten nicht dazu. Hierfür | |
gebe es andere Institutionen. | |
Die Träger der Beratung befürchten, dass die vorgeschlagene Neuregelung | |
ihre Arbeit gefährdet: Wenn nur noch Langzeitarbeitslose beraten werden | |
dürften, sei keine vorbeugende Arbeit mehr möglich, kritisiert die SPSH. | |
Dass Ratsuchende die Zustimmung des Jobcenters einholen müssten und die | |
Beratungsstellen ihre Arbeitsergebnisse an das Jobcenter rückmelden | |
müssten, untergrabe das Vertrauen in die Beratung. | |
In den Gesprächen gehe es um Themen wie die Gesundheit, die Psyche und | |
Beziehungsprobleme. „Das sind alles Dinge, die man nur besprechen kann, | |
wenn man das Vertrauen hat, dass es vertraulich bleibt“, sagt Renate | |
Schumak von der SPSH. | |
Ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Jobcenter hält der | |
SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jens-Peter Schwieger für unbegründet. Seine | |
Fraktion hat die Reform parlamentarisch ins Rollen gebracht. Das Jobcenter | |
habe das Recht zu erfahren, ob die psychosoziale Beratung bei einem | |
Klienten fruchte. | |
„Wichtig für uns ist, dass die Zuwendungen nicht verringert werden und dass | |
es weiterhin eine offene Eingangsberatung gibt“, sagt Schwieger. Das | |
schließe im ersten Schritt auch ALG-I-Empfänger ein. Die endgültige | |
Beratung müsse sich aber auf ALG-II-Empfänger beschränken. Am kommenden | |
Mittwoch diskutiert die Bürgerschaft die geplante Reform. | |
18 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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