# taz.de -- Tegel: Flughafen-Maut wird billiger | |
> Ab Januar müssen Fluggesellschaften weniger Gebühren für Starts und | |
> Landungen bezahlen. Kritiker: mehr Verkehr, mehr Lärm in Tegel. | |
Bild: Zum Greifen nah: Flugzeug über Tegel | |
Starten und Landen am Flughafen Tegel wird für die meisten Flugzeuge | |
billiger: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat [1][neue Tarife] | |
(PDF) genehmigt, die ab Januar gelten. „Dies ist ein Schlag ins Gesicht der | |
Anwohnerinnen und Anwohner in Pankow, Spandau, Mitte, | |
Charlottenburg-Wilmersdorf und Reinickendorf“, teilte Reinickendorfs | |
CDU-Umweltstadtrat Martin Lambert [2][am Dienstag] in Anspielung auf die | |
vom Fluglärm betroffenen Bezirke mit. „Damit werden noch mehr Flüge nach | |
Tegel gelockt, während in Schönefeld gähnende Leere herrscht“, so Lambert. | |
Wegen der zentralen Lage bekommen in bei Starts und Landungen in Tegel | |
tagsüber 183.700 Menschen einen Fluglärm von über 55 Dezibel ab, bei Starts | |
und Landungen in Schönefeld sind es 6.400 Menschen. Im Januar hatte der | |
Landesvorstand der CDU noch [3][beschlossen] (PDF), „alle Möglichkeiten | |
einer für die Anwohner gerechteren Verkehrsverteilung zu nutzen“. Es sei | |
„ohne Beeinträchtigung der Drehkreuzfunktion eine Verlagerung von täglich | |
ca. 50 Flugbewegungen problemlos von Tegel nach Schönefeld möglich". Es | |
seien „Anreize für die Fluggesellschaften zu gewähren, die auf Anflüge des | |
überlasteten Flughafens Tegel zugunsten des Ausnutzens freier Kapazitäten | |
in Schönefeld verzichten“. | |
Jetzt wäre es an dem CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel gewesen, diesen | |
Beschluss umzusetzen - er sitzt im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. | |
Doch die Gebühren für die beiden Flughäfen blieben unverändert. | |
Währenddessen stieg der Flugverkehr in Tegel weiter an. In den ersten neun | |
Monaten dieses Jahres gab es 131.300 Flugbewegungen, das sind rund 2.700 | |
mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Am Flughafen Schönefeld ging der | |
Verkehr dagegen noch weiter zurück, und zwar um stattliche 10,6 Prozent. | |
Und jetzt passiert das genaue Gegenteil wie damals von der CDU gefordert: | |
Der Anflug nach Tegel wird nicht teurer, sondern etwas billiger. | |
Wie viel eine Landung in Tegel für ein Flugzeug kostet, hängt von einer | |
Reihe einzelner Faktoren ab: Von der Zahl der Passagiere, dem Zielort, dem | |
Gewicht des Fliegers und vom Lärm der Triebwerke. Für ein | |
70-Tonnen-Flugzeug mit 150 Passagieren auf dem Flug nach München zahlt eine | |
Fluggesellschaft rund 2.300 Euro – plus eine geringe lärmabhängige Gebühr. | |
Bei den weniger lauten Großraumfliegern beträgt dieser Zuschlag 105 Euro, | |
bei den lauteren 140 Euro, bei ganz ungewöhnlich lauten 420 Euro. | |
Der Kern der neuen Tegel-Tarife ist, dass die Lärmgebühren für die etwas | |
leiseren Flugzeuge von 105 Euro auf 92 Euro sinken. Der mittlere Tarif | |
bleibt gleich, der für die besonders lauten Flugzeuge steigt. | |
Die offizielle Begründung der Flughafengesellschaft für die neuen Tarife: | |
Sie will auf diese Weise die Fluggesellschaften motivieren, leisere | |
Flugzeuge einzusetzen. Doch das mag Stadtrat Lambert nicht glauben. Er | |
verweist darauf, dass jetzt schon rund 90 Prozent der Flugzeuge in der | |
leiseren Kategorie liegen. Für die übergroße Mehrheit der Flieger, die | |
derzeit Tegel ansteuern, wird die Landung also billiger. Und ob die anderen | |
Fluggesellschaften sich wirklich für 55 Millionen Euro das Stück eine | |
vergleichsweise leise Boeing 737-700 kaufen, nur weil sie dann 13 Euro pro | |
Landung mehr sparen? | |
Besonders abstrus ist, dass der Flughafen weiterhin Rabatte anbietet, wenn | |
eine Fluggesellschaft zusätzlichen Verkehr nach Tegel verlagert. In den | |
Entgeltregeln heißt es unter der Überschrift "Verkehrsfördernde | |
Konditionen", der Rabatt diene der "Generierung einer nachhaltigen | |
Anbindung Berlins an neue Destinationen sowie eines umfassenden | |
Passagiervolumens". Wenn eine Fluggesellschaft von Berlin aus eine | |
Verbindung anbietet, die bisher noch nicht angeflogen wurde, erhält sie im | |
ersten Jahr einen Rabatt von 80 Prozent auf die Gebühr, im zweiten Jahr von | |
50 Prozent und im dritten Jahr von 20 Prozent. | |
In Zukunft dürfte die Lärmbelastung in Tegel noch weiter zunehmen, fürchtet | |
auch Marela Bone-Winkel, die eine Bürgerinitiative gegen den Fluglärm | |
gründete und jetzt in der offiziellen Fluglärmschutzkommission sitzt. | |
Angesichts dessen, dass immer noch völlig unklar ist, wie lange Tegel noch | |
geöffnet bleibt, sagt sie: „Ich bin der Überzeugung, dass durch diese | |
Situation die lärmgeplagten Anwohner einen Anspruch auf Lärmschutz haben. | |
Alle Betroffenen sollten jetzt solche Anträge stellen.“ | |
22 Oct 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://blogs.taz.de/hausblog/files/2013/10/tegel-entgelte.pdf | |
[2] http://www.berlin.de/ba-reinickendorf/presse/archiv/20131022.1055.390602.ht… | |
[3] http://www.cduberlin.de/download/?file=ber_positionspapier.pdf‎ | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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