# taz.de -- Linken-Abgeordnete Vogt zu Hochschulen: „An Jacobs' Stelle wäre … | |
> Nach Heinz-Otto Peitgens Abgang fordert Kristina Vogt (Die Linke), die | |
> kontrollierte Abwicklung der Jacobs University zu planen – zwecks | |
> Schadensbegrenzung. | |
Bild: Kristina Vogt: Die Not an den öffentlichen Hochschulen ist real. | |
taz: Frau Vogt, Sie fordern, mit der Abwicklung der Jacobs University zu | |
beginnen. Wie soll das gehen? | |
Kristina Vogt: Das ist die große Frage – und das ist auch die Zwickmühle | |
des Senats: Denn es ist ja klar, dass sich an dem Standort nichts anderes | |
anbietet als eine Hochschule. | |
Warum? | |
Es ist viel Geld in die Herrichtung der Gebäude dort gesteckt worden, | |
darunter auch zweckgebundene Bundesmittel, die sonst zurückgezahlt werden | |
müssten. Da kämen also noch einmal rund zehn Millionen Euro aufs Land zu, | |
zusätzlich zur 50-Millionen-Bürgerschaft | |
Das spräche doch beides dafür, die JUB zu erhalten! | |
Nein. Von den 50 Millionen ist noch nicht ein Cent abgetragen – und ich | |
sehe keine Ansätze, dass sich das ändert … | |
Im Vertrag zwischen JUB, Jacobs Foundation und Bremen ist die Tilgung aber | |
fest vereinbart! | |
Tatsächlich ist es doch so, dass der Senat jedes Jahr eine Million von der | |
JUB zurückbekommt – und das Land gleichzeitig im Laufe von zehn Jahren 15 | |
Millionen in die JUB hineinsteckt. Das macht im Saldo einen weiteren | |
Verlust von fünf Millionen. Da von Abtragen zu sprechen, das ist doch eine | |
Milchmädchenrechnung! Nein, nachdem wir die Geschäftsberichte der | |
University seit 2006 ausgewertet haben, sind wir als Fraktion zu dem | |
Schluss gekommen, dass die JUB auf die Dauer nicht tragfähig ist. | |
Selbst mit einem Businessplan bis 2017? | |
Es ist ja sehr zweifelhaft, ob der überhaupt darstellbar wäre, und der | |
Rücktritt von Präsident Heinz-Otto Peitgen nährt die Zweifel noch: Die JUB | |
gleicht ihr Defizit aus dem Kapitalstock aus, dessen Zinserträge den | |
Betrieb finanzieren sollten. | |
Das sind die Kaffee-Millionen? | |
Ja. Und an Jacobs Stelle wäre ich echt sauer, wie die mit meinem Geld | |
umgehen. Denn das wird ja nur verfrühstückt. Und eine Lösung dafür ist | |
nicht in Sicht. Deshalb wird man beginnen müssen, die Einrichtung geordnet | |
abzuwickeln, die Studiengänge auslaufen zu lassen – und den Komplex ins | |
öffentliche Hochschulsystem zu überführen. | |
Was hätte denn etwa die Uni für ein Interesse an einem Extra-Campus in | |
weit, weit weg? | |
Da wäre ich nicht so skeptisch. Die Universität hat nicht nur | |
Sanierungsbedarf, sondern auch Raummangel: Die brauchen mindestens ein | |
Lehrgebäude zusätzlich. Man braucht dafür allerdings eine geordnete | |
Abwicklung. Und da ist das Problem für den Senat, dass man sehr viel Geld | |
im ganzen Projekt drin hat – und keine Ahnung, wie sich die Jacobs | |
Foundation in diesem Falle verhielte. | |
… dafür aber die Gewissheit, dass die Länderfinanzausgleichs-Gelder für die | |
Studierenden wegfallen? | |
Ach, das ist doch auch keine seriöse Berechnung: Natürlich erhält Bremen | |
pro Studierendem 3.400 Euro aus dem Länderfinanzausgleich. Aber das, was | |
Bremen reinpumpt, steht dazu doch in keinem Verhältnis. Und Hochschule und | |
Universität bringen sowohl regionalwirtschaftlich als auch sozialräumlich | |
viel mehr, als die JUB je könnte. | |
Das ist aber unfair, öffentliche und private Hochschulen so gegeneinander | |
auszuspielen …! | |
Das sehe ich überhaupt nicht so. Es geht hier doch nicht um eine etwas | |
verunglückte Symbolpolitik, sondern es geht um drei Millionen Euro | |
jährlich, die an ein privates Unternehmen gezahlt werden. Und das in einer | |
Situation, in der man jeder einzelnen der öffentlichen Hochschulen mit | |
dieser Summe richtig helfen würde: Mit diesem Geld könnte die Hochschule | |
ihr Kahlschlag-Programm Step2020 zu den Akten legen, mit diesem Geld könnte | |
alternativ die Uni einen Großteil der 130 Stellen erhalten, die sie gerade | |
abbaut. Und mit nur einmal drei Millionen ließen sich die Betriebskosten | |
der Hochschule für Künste bis ins Jahr 2020 bestreiten. | |
Klingt sehr polemisch. | |
Ist es aber nicht: Die Not an den öffentlichen Hochschulen ist real. Das | |
Geld, das Bremen in die JUB steckt, ist Geld, das ihnen fehlt. Das kann man | |
weder den Studierenden noch den Rektoraten vermitteln. | |
Man kann sich aber fragen, wie die Finanzmärkte reagieren, wenn sich Bremen | |
aus so einer prominenten Einrichtung zurückzieht. Das dürfte doch wohl die | |
Kredite verteuern? | |
Das kann man so oder so bewerten. Aber ehrlich gesagt: Die Kredite sind | |
derzeit so niedrig, dass der Senat dieser Debatte wirklich gelassen | |
entgegensehen könnte. | |
Anders als die fast 500 MitarbeiterInnen der JUB, deren | |
Betriebsratsvorsitzende bei Fragen an die Direktorin der | |
Unternehmenskommunikation verweist. Da fragt man sich bang, ob die wohl | |
einen pfiffigen Sozialplan aushandeln kann …? | |
Natürlich, wenn man die ins öffentliche Hochschulsystem integrieren kann, | |
sollte man diese Möglichkeit wahrnehmen … | |
Während dort Stellen abgebaut werden?! | |
Ich habe auch keine Patentlösung. Und es ist klar, eine Abwicklung hätte | |
Härten. Aber die werden eben nicht dadurch abgemildert, dass man jetzt | |
sagt: Augen zu und durch. Ich denke, Senat, HochschulrektorInnen und | |
natürlich auch die JUB-Leitung sollten sich zusammensetzen und gemeinsam | |
ein vernünftiges Ausstiegsszenario erarbeiten. Das geht nicht von heute auf | |
morgen und ins Blaue hinein. Aber das zu unterlassen, wäre fahrlässig. | |
Nichts kann schlimmer sein, als einfach so 2017 in den Untergang zu laufen | |
… | |
… sprich: in die Insolvenz? | |
Dann wäre der Schaden wirklich immens, der wirtschaftliche und der fürs | |
Image. | |
8 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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