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# taz.de -- Dokumentarfilme beim SWR: Auf der Suche nach der Realität
> Der SWR zeigt wieder vier ausgewählte Dokus von jungen FilmemacherInnen.
> Diesmal drehen sich die Beiträge um das Thema „Wendepunkte“.
Bild: Vom Loser zum Don Juan: „Die Verführungskünstler“ von Johanna Bentz.
Wie viel Realität verträgt das gemeine Fernsehpublikum eigentlich noch, und
ab wann langweilt die Einverleibung der Wirklichkeit? Weshalb sich das
öffentlich-rechtliche Fernsehen zunehmend Scripted Realities und dem
sogenannten Dokutainment zuwende, wurde zuletzt [1][nach Vergabe des
Fernsehpreises 2013] diskutiert, den nun die MacherInnen des sehr
umstrittenen Fernsehformats „Auf der Flucht“ (ZDFneo) in Händen halten.
Der SWR indes scheut sich nicht, seinen ZuschauerInnen Dokumentarisches
zuzumuten. Mehr noch: Er trägt auch dafür Sorge, dem Genre weitere
Überlebenschancen zu sichern. Das beweist er bereits zum dreizehnten Mal.
Seit 1999 besteht für Dokumentarfilm-AbsolventInnen der Filmhochschule
Ludwigsburg die Chance, sich ihre Diplomfilme vom SWR und der MFG
Filmförderung Baden-Württemberg finanzieren zu lassen.
Wer sich im Auswahlverfahren durchsetzen kann, wird mit einem prominenten
Sendeplatz und finanzieller Unterstützung belohnt. Im diesjährigen
Wettbewerb war das Thema „Wendepunkte“ zur filmischen Auseinandersetzung
vorgegeben. Wo wirken bestimmte Ereignisse in den Alltag hinein? Weshalb
und wo werden Grenzlinien zwischen Leben und Arbeit, Schicksal und Zufall
gezogen?
Sensibel hangeln sich in den diesjährigen Beiträgen vier junge
RegisseurInnen an diesen Fragen entlang und begeben sich auf die Suche nach
jenen Ereignissen, die das Zeug haben, gesellschaftliche Rahmenbedingungen
zu sprengen. Der bereits preisgekrönte Regisseur Thomas Lauterbach („Dirty
Princess 2008“) verfolgt in seiner Dokumentation „Von Menschen und Waffen“
(23.30 Uhr, SWR) die Realisierung einer Kampagne zur Verschärfung des
bestehenden Waffengesetzes in Deutschland.
Entflammt ist diese Debatte nach einem Amoklauf in der
baden-württembergischen Provinz. Darf man nach einem solchen Ereignis noch
einen Sport daraus machen, mit tödlichen Waffen zu hantieren? Gleichermaßen
geschickt wie sensibel entlockt Lauterbach sogenannten Waffennarren ihre
Argumente und lässt sie beschreiben, warum sie konservative Werte mit
Waffen verteidigen wollen.
## Verführungscoaching
In „Die Verführungskünstler“ begleitet Regisseurin Johanna Bentz junge
Männer, die sich mittels „Pick Up“, einer Art Verführungscoaching, vom
Loser in einen Frauenheld verwandeln möchten. „Finde heraus, was du für ein
Produkt bist – schmücke und stärke es!“ sind Mantren, die sich schüchter…
junge Männer vorbeten lassen, Sätze, die Liebe und Erotik krampfhaft einer
marktwirtschaftlichen Logik unterwerfen wollen. „Wie wir in Zukunft
arbeiten wollen?“ ist eine ebenso existenzielle Fragestellung, die Nataša
von Kopps Film „Future Works“ aufwirft. Dabei begibt sie sich auf die Suche
nach neuen Arbeits- und Lebensformen, deren Realisierung derzeit noch an
den Mauern menschlicher Vorstellungskraft zu zerschellen scheint.
## Prekäre Bedingungen
Die Frage nach Arbeit betrifft junge FilmemacherInnen und vor allem jene,
die sich dem Genre Dokumentarfilm verschrieben haben, ja nicht zuletzt.
Ihre Arbeitsbedingungen sind im Allgemeinen sehr prekär. Laut einer von der
Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm in Auftrag gegebenen Studie von 2012
liegt der durchschnittliche Stundenlohn eines Regisseurs unter 10 Euro. Der
Aufwand für Recherche und Entwicklungskosten bleibt oftmals unvergütet.
Arbeit zu haben ist also für die meisten Luxus.
Dem Themenkomplex Arbeit und Migration widmet sich abschließend Silvana
Santamaria in „Alice im Land der Hoffnung“. In ihrem Film reiben sich
gleich zwei Frauenschicksale an einer Wirklichkeit, die ihnen das Recht
verweigert, ein menschenwürdiges Leben zu führen – nämlich das Recht auf
Arbeit.
11 Nov 2013
## LINKS
[1] /Deutscher-Fernsehpreis-2013/!124889/
## AUTOREN
Laura Wösch
## TAGS
SWR
Ludwigsburg
Michael Douglas
Sex
Deutscher Fernsehpreis
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