# taz.de -- Kreuzberg: Touristen besetzen Oranienplatz | |
> Rund um die Oranienstraße eröffnen Hotels mit mehreren hundert Betten - | |
> obwohl sich die Grünen in Kreuzberg gerade vorgenommen haben, den Bau | |
> neuer Bettenburgen zu verhindern. | |
Bild: Auch unter diesem Dach soll ein Hotel entstehen. | |
Das Zentrum von Kreuzberg 36 wird deutlich touristischer. In direkter Nähe | |
zur Oranienstraße sind zwei neue Hotels geplant. So soll in dem derzeit | |
leerstehenden ehemaligen Kaufhaus am Oranienplatz voraussichtlich ein Hotel | |
mit 50 Zimmern und rund 100 Betten entstehen. In der Nähe des | |
Heinrichplatzes gibt es Planungen für ein weiteres Hotel mit möglicherweise | |
mehreren hundert Betten. | |
Als Betreiber für eine Unterkunft in dem denkmalgeschützten Gebäude auf der | |
Ostseite des Oranienplatzes firmiert Dietmar Müller-Elmau, der auch das | |
5-Sterne-Hotel Schloss Elmau in Bayern leitet. „Es soll kein Hostel und | |
keine 5-Sterne-Unterkunft werden, sondern ein ganz normales Hotel“, sagt er | |
der taz. Im Erdgeschoss seien ein großes Restaurant und eine Bar geplant. | |
„Das wird etwas sein, das auch die Kreuzberger besuchen, auf das sie stolz | |
sein können“, so seine Prognose. Noch sei das Projekt allerdings nicht | |
endgültig beschlossen. | |
Die Baugenehmigung wurde aber bereits erteilt, wie Baustadtrat Hans Panhoff | |
(Grüne) gegenüber der taz bestätigt – ebenso wie für einen Hotelneubau an | |
der Ecke Mariannenstraße/Skalitzer Straße weiter östlich. Ursprünglich | |
seien dort 700 Betten vorgesehen gewesen, so Julian Schwarze (Grüne), | |
Vorsitzender des Bauausschusses im Bezirk. Die Pläne seien aber noch einmal | |
überarbeitet worden. Über den aktuellen Stand wisse er jedoch nichts. | |
Derzeit befindet sich an dieser Ecke die Verkaufsfläche eines Autohauses. | |
Auf die Frage, ob ein Hotel geplant sei, sagt dessen Inhaber: „Es gibt | |
solche Gedanken.“ Er wolle sich dazu aber nicht öffentlich äußern. | |
Schon jetzt ist Friedrichshain-Kreuzberg bei Touristen beliebt: Bis Juli | |
2013 übernachteten fast zwei Millionen BesucherInnen im Bezirk. Nur in | |
Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf waren es mehr. „Insgesamt hat sich in | |
Friedrichshain-Kreuzberg seit 2000 die Bettenzahl um über 300 Prozent | |
erhöht“, so Schwarze. Die Gegend um die Oranienstraße scheint für | |
Investoren besonders attraktiv: Erst kürzlich eröffnete an der | |
Manteuffelstraße ein „Vier Jahreszeiten“-Hotel. | |
Die Grünen sehen den Andrang mit gemischten Gefühlen. Schon 2011 hatten sie | |
mit einer Veranstaltung unter dem Titel „Hilfe, die Touris kommen!“ | |
bundesweit Aufsehen erregt. Und erst vor wenigen Wochen brachten sie in das | |
Bezirksparlament den Antrag „Hotel- und Hostelflut stoppen“ ein. Darin | |
fordern sie, dass Hostels und Hotels in Wohngebieten gar nicht mehr | |
genehmigt werden. Auch in sogenannten Mischgebieten mit Gewerbe und | |
Wohnungen sollten Genehmigungen möglichst erschwert werden. | |
„Die Entwicklung hin zu Ballermannvierteln“ müsse im Sinne der Kiezbewohner | |
„eingedämmt werden“, heißt es in dem Papier der Fraktion, das derzeit in | |
den Ausschüssen beraten wird. „Man darf nicht an dem Ast sägen, auf dem man | |
sitzt“, warnt Schwarze. Schließlich kämen die Touristen genau wegen der | |
Kiezstrukturen, die aber durch zu viele Hotels bedroht würden. | |
Die beiden neuen Hotels konnten die Grünen mit ihrem Antrag nicht mehr | |
verhindern. „Wenn die planungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, | |
kann man das nicht einfach verweigern“, sagt Stadtrat Panhoff. Um die | |
Touristenströme besser steuern zu können, fordern die Grünen nun einen | |
Hotelentwicklungsplan auf Landesebene. „Damit könnte eine übermäßige | |
Konzentration von Bettenburgen verhindert werden“, so Schwarze. | |
Der Senat zeigt dafür wenig Interesse. Die für Tourismus zuständige | |
CDU-geführte Senatsverwaltung für Wirtschaft verweist auf die | |
Stadtentwicklungsverwaltung. Deren Sprecherin Daniela Augenstein sagt: | |
„Wenn der politische Wunsch bestünde, Tourismus stärker zu lenken, könnte | |
man Instrumente dafür prüfen.“ Die Zielsetzung und Fachkompetenz dafür | |
müssten allerdings von Seiten der Wirtschaftsverwaltung kommen. | |
19 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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