# taz.de -- Volksverhetzung: Schmidtke muss sich bewähren | |
> Der NPD-Landeschef zu achtmonatiger Haft auf Bewährung verurteilt. Er | |
> verkaufte verbotene Rechtsrock-CDs. | |
Bild: Scheiterte mit seiner Verteidigungsstrategie: Sebastian Schmidtke vor Ger… | |
Es war ein silberner Alukoffer, unter der Ladentheke, gefüllt mit CDs. | |
Darauf brachialer, verbotener Rechtsrock, der Juden, Schwulen oder | |
Schwarzen den Tod wünscht, der den „arischen Widerstand“ besingt und „Si… | |
Heil!“ brüllt. Der Koffer stand im Hexogen, dem Outdoor-Laden von Sebastian | |
Schmidtke, dem Berliner NPD-Chef. | |
Im März 2012 waren Polizisten bei einer Razzia wegen des Neonazi-Netzwerks | |
„Nationaler Widerstand Berlin“ zufällig auf den Koffer gestoßen. Am | |
Mittwoch kassierte Schmidtke dafür vor dem Amtsgericht Tiergarten eine | |
empfindliche Strafe: acht Monate Haft, drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, | |
wegen Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Verwendens von Kennzeichen | |
verfassungswidriger Organisationen. Einbezogen in das Strafmaß wurde auch, | |
dass Schmidtke 2012 eine indizierte CD in seinem Onlineshop anbot. | |
Der NPD-Chef bestritt auch am Mittwoch vor Gericht, dass der Koffer ihm | |
gehöre. Stattdessen hatte seine Verlobte Maria Fank, auch sie | |
NPD-Funktionärin, den Koffer für sich reklamiert – mit einer Selbstanzeige | |
bei der Polizei drei Tage vor Prozessbeginn im November. Vor Gericht | |
geladen, verweigerte sie dazu am Mittwoch aber die Aussage. | |
Richterin Karin Nissing wertete diese Version ohnehin als „ausgeschlossen“. | |
Die CDs seien Schmidtke zuzuschreiben. Es sei „absurd“, dass dieser als | |
Ladeninhaber nicht von dem Koffer unter seinem Ladentisch und dem Inhalt | |
gewusst haben sollte. Auch ein nur privater Gebrauch der Rechtsrock-CDs sei | |
auszuschließen: Die CDs hätten teils mit Preisschildern, teils doppelt im | |
Koffer gelegen. | |
Von der Schuld des NPD-Chefs war auch der Staatsanwalt überzeugt. Er | |
forderte eine einjährige Freiheitsstrafe. Schmidtkes Verteidiger wollte nur | |
eine Geldstrafe für die online vertriebene CD. Sonst plädierte er „im | |
Zweifel für den Angeklagten“: Der Besitz des Koffers sei Schmidtke nicht | |
eindeutig nachzuweisen. | |
Richterin Nissing folgte dem nicht. „Absolut beschämend“ seien die | |
Liedtexte, begründete sie ihr Urteil. „Da werden Menschen in | |
furchterregender Weise herabgesetzt.“ Maria Fank, inzwischen auf der | |
Zuhörerbank, schnaufte da laut auf. Kopfschüttelnd lief sie während des | |
Urteilsspruchs aus dem Saal. Auch Schmidtke, sonst redselig, eilte wortlos | |
aus dem Gericht. Man werde in Berufung gehen, sagte sein Anwalt nur knapp. | |
Bleibt das Urteil, darf sich Schmidtke nun drei Jahre nichts zuschulden | |
kommen lassen – sonst wandert er in den Knast. Das könnte knifflig werden: | |
Sechsmal wurde der 28-Jährige seit 2005 verurteilt, wegen Volksverhetzung, | |
Beleidigung oder Widerstand gegen Polizisten – bislang stets nur zu | |
Geldstrafen. | |
Für die NPD setzen sich damit Pleiten und Ärger fort. Die Partei ist | |
verschuldet, holte bei der Bundestagswahl in Berlin nur 1,5 Prozent. Und am | |
Dienstag wurde ein neuer Verbotsantrag für die Neonazi-Partei gestellt. | |
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte, er hoffe | |
sehr, „dass der Antrag erfolgreich ist“. Es sei „unakzeptabel“, dass die | |
Neonazis aus Steuermitteln unterstützt würden und man in Wahlkämpfen ihre | |
volksverhetzenden Plakate tolerieren müsse. | |
4 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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