# taz.de -- Die Wahrheit: Trauerspiel um Mandela | |
> Neues aus Neuseeland: Bei der Gedenkfeier für Nelson Mandela gab es einen | |
> nicht identifizierten Gast. Und der kam aus Aotearoa. | |
Bild: Das versteht doch kein Mensch! | |
Wir befinden uns bei Nelson Mandelas Gedenkfeier. Die ganze Welt trauert um | |
den größten Krieger Afrikas. Die ganze? Nein. Ein von unbedeutenden | |
Südhalbkugelinsulanern bewohntes kleines Land leistet Widerstand. Oder hat | |
es sich gedrückt? Falsch. Es fiel nur einfach niemandem auf, schon gar | |
nicht der New York Daily News. | |
Auf den Fotos der Tageszeitung aus dem FNB-Stadion in Johannesburg ist | |
Englands Premierminister David Cameron zu sehen, der bei der gewichtigen | |
Veranstaltung – 91 Staatsoberhäupter! Bill Clinton! Bono! Wo war Naomi | |
Campbell? – mit einem „nicht identifizierten Gast“ scherzte. So steht es … | |
der Bildunterschrift. Doch wir haben den unbekannten Nebenmann sofort | |
entlarvt. Es war Neuseelands Premierminister John Key. Hoffentlich wusste | |
zumindest Cameron, mit wem er da fröhlich plauderte. | |
Den Slogan „Unidentified Guest“ über dem Grinsefisch-Konterfei John Keys | |
kann man sich seit gestern auch als T-Shirt drucken lassen. Die Häme hat er | |
allemal verdient, wenn nicht gar einen Arschtritt. Denn seit Tagen gab es | |
eine unschöne Rangelei darum, welchem Kiwi denn die Ehre gebühre, offiziell | |
nach Südafrika reisen zu dürfen. | |
Was der Rest der Welt kaum weiß, da man ja nicht mal unseren Obersten in | |
New York erkennt: 1981 flogen in Aotearoa wegen der Apartheid die Fetzen. | |
Es ging um die Tournee der Springboks. Die weiße südafrikanische | |
Rugby-Mannschaft stieß damals im bikulturellen Neuseeland auf heftigste | |
Proteste. Das ganze Land, sonst eher im friedlichen Dauerschlaf, war | |
plötzlich gespalten. Eine Hälfte ging auf die Barrikaden, warf Steine, | |
brüllte in Megafone. Die andere Hälfte wollte einfach nur in Ruhe Rugby | |
gucken. Oder schwang Polizeiknüppel. | |
Eine historische Zäsur, so wie der Deutschen 1968. Jeder weiß bis heute, | |
auf welcher Seite er oder sie stand – auch wenn man jetzt so tut, als sei | |
man schon immer ANC-Unterstützer gewesen. John Key war damals 20-jähriger | |
Student, aber zu „Studentenprotesten“ kein bisschen aufgelegt. Als er | |
danach gefragt wurde, was er 1981 vertrat, winkte er unwirsch ab: „Das | |
interessiert mich jetzt nicht.“ | |
Nelson Mandela interessierte es jedoch sehr. Er hat Neuseeland nie | |
vergessen, dass es sich gegen die Apartheid in die Bresche warf. Das habe | |
ihm im Gefängnis Kraft gegeben, sagte er, als er 1995 Aotearoa besuchte. | |
Damals bedankte er sich persönlich bei den Anführern der Proteste. | |
Besonders tatkräftig kämpfte John Minto, ein linker Aktivist, der auch zu | |
Mugabes Untaten nie schwieg. Minto hätte in den Trauerzug nach Johannesburg | |
gehört, weit vor John Key. Doch der stellte sich eine fünfköpfige | |
Delegation zusammen, in der bis auf den Chef der Maori-Partei kein einziger | |
der Aktivisten von 1981 dabei war. | |
Damit war das Trauerspiel noch nicht zu Ende. In Südafrika angekommen, hieß | |
es plötzlich, dass der neuseeländische Besucher nur einen einzigen Gast mit | |
zur Zeremonie nehmen dürfe. Welch eine Schmach. Kanada allein rückte mit | |
dreizehn Leuten an. Am Ende gab es dann doch Einlass für alle. Daher das | |
Grinsen von John Key auf den Fotos. | |
12 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
## TAGS | |
Nelson Mandela | |
Trauerfeier | |
Neuseeland | |
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