# taz.de -- Durchsuchung in Flüchtlingshaus: „Immerhin keine Tür eingetrete… | |
> Wieder stürmt ein Großaufgebot von Polizisten das von Flüchtlingen | |
> besetzte Kreuzberger Schulgebäude. Der Baustadtrat sieht | |
> Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt | |
Bild: Im November war schon einmal ein Großaufgebot der Polizei auf dem Gelän… | |
„So still es ist hier sonst nie“, sagt der Mann, der vor der ehemaligen | |
Gerhard-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße Laub fegt. Die meisten | |
anderen Bewohner schliefen noch, sagt er – schließlich habe der | |
Polizeieinsatz bis zum frühen Morgen gedauert. Ein Großaufgebot von 150 | |
Beamten, darunter das Spezialeinsatzkommando, hatte in der Nacht zu | |
Dienstag die von Flüchtlingen besetzte Schule in Kreuzberg gestürmt. | |
Laut Polizei handelte es sich um den 30. Einsatz seit der Besetzung vor | |
mehr als einem Jahr. Der Grund diesmal: eine Messerstecherei im Umfeld der | |
Schule. Erstmalig habe man umfänglich Personalien von Flüchtlingen | |
festgestellt und Fotos gemacht, hieß es. „Man muss sich fragen, ob es | |
verhältnismäßig ist, alle Bewohner unter Generalverdacht zu stellen“, sagt | |
Friedrichshain-Kreuzbergs grüner Baustadtrat Hans Panhoff, der nachts zur | |
Schule gekommen war. | |
Von einer Messerstecherei unter fünf Männern berichteten die Passanten, die | |
am Montag gegen 22 Uhr den Notruf der Polizei wählten. Ein 39-Jähriger | |
blieb schwer verletzt zurück. Er liege im Krankenhaus und sei noch nicht | |
voll vernehmungsfähig, so die Polizei. Zeugen wollten beobachtet haben, | |
dass einer der Täter in die Schule geflüchtet sei. Daraufhin sperrte | |
Polizei das Gelände ab und rückte gegen 23.30 Uhr in das Gebäude ein. | |
Diese Nachricht verbreitete sich in wenigen Minuten via Twitter und linker | |
Nachrichtenportale. Im Laufe des Einsatzes kamen rund 100 Aktivisten | |
zusammen, die dagegen demonstrierten. Es sei zu Beleidigungen und zur | |
„Beschädigung wichtiger Einsatzmittel“ gekommen, teilte die Polizei mit. Es | |
habe mehrere Anzeigen gegeben. | |
Darüber, was im Haus passierte, gehen die Schilderungen auseinander. Ein | |
Bewohner berichtet, die Polizei habe sich „wie Wasser“ in die Zimmer | |
ergossen“, habe herumgebrüllt und alle zusammengetrieben, um stundenlang | |
Personalien aufzunehmen. Weder seien sie über den Grund der Stürmung | |
informiert noch zum Tathergang befragt worden. | |
Der Einsatzbericht der Polizei hingegen vermerkt, man habe ohne jede | |
Zwangsmaßnahme die Personalien festgestellt und die Anwesenden in | |
englischer Sprache informiert. Tatsächlich sprechen viele der aus Afrika | |
geflohenen Bewohner nur Französisch. Sie hätten gedacht, es handele sich um | |
die gefürchtete Räumung, sagt einer von ihnen. „Immerhin sind diesmal keine | |
Türen eingetreten worden“, berichtet Stadtrat Panhoff der taz. | |
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben Daten von 66 Männern und Frauen auf. | |
Ein 23-jähriger Tatverdächtiger sei, ebenfalls verletzt, außerhalb der | |
Schule festgenommen worden. Nach ambulanter Behandlung sitze er in | |
Untersuchungshaft, die Mordkommission ermittle. | |
## Unklare Zukunft | |
Wie es mit der vom Bezirk geduldeten Besetzung weitergeht, ist unklar. Der | |
Baustadtrat hatte im November angekündigt, bis Jahresende eine Entscheidung | |
zu erwirken. Auch damals hatte es nach einer Gewalttat einen Polizeieinsatz | |
gegeben. Eine einvernehmliche Lösung habe er noch nicht erreicht, die | |
Verständigung sei mühselig, so Panhoff. Eine Räumung komme aber nicht | |
infrage: „Wo soll man denn die ganzen Bewohner unterbringen?“ | |
18 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
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