# taz.de -- Geldsegen für Schulen: Viel Geld für viele Löcher | |
> Am 1. Februar startet das Berliner Bonus-Programm für Brennpunktschulen. | |
> Die können das Geld gut brauchen – weil sie Löcher stopfen müssen, die | |
> Sparmaßnahmen aufgerissen haben. | |
Bild: Hoffentlich was drin in der Schultüte: In Berlin gilt jedes dritte Schul… | |
Es ist ein Lieblingskind von SPD-Politikern: das „Bonus-Programm“ für | |
sogenannte Brennpunktschulen, das am 1. Februar startet. „Wir investieren | |
in die Zukunft der Kinder“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh bei der | |
Vorstellung im Frühjahr. Auch sein Parteikollege Heinz Buschkowsky, | |
Neuköllner Bürgermeister, in dessen Bezirk 44 von 80 öffentlichen Schulen | |
von dem Geldregen profitieren, ist angetan: „Schulen, die sich in schwerem | |
Wasser befinden, brauchen eine bessere Ausstattung“, sagte er kürzlich bei | |
einer Info-Veranstaltung für Neuköllner Schulen. | |
Die Idee des Bonus-Programms ist so schlicht wie einleuchtend: Angesichts | |
der Tatsache, dass hierzulande der Bildungserfolg weiterhin abhängig ist | |
von der sozialen Herkunft, soll jede Schule mit einem hohen Anteil an armen | |
Kindern Geld für zusätzliche Angebote bekommen. 15 Millionen Euro stellt | |
Rot-Schwarz dafür pro Jahr zur Verfügung. Ziel ist, die Quote der | |
Schulabbrecher und -schwänzer zu verringern und möglichst hohe Abschlüsse | |
zu erreichen. | |
Was genau die Schulen mit dem Geld – zwischen 50.000 und 100.000 Euro | |
jährlich – machen wollen, ist ihnen zunächst freigestellt. Es solle sie in | |
die Lage versetzen, „eigenverantwortlich neue Wege zu gehen“, schrieb | |
Schulsenatorin Sandra Scheres im Programm-Konzept. Auch Buschkowsky betonte | |
gegenüber den Schulvertretern: „Es ist Ihre Sache, wie Sie das Geld in | |
pädagogischen Erfolg ummünzen.“ | |
Viele Schulleiter freuen sich über den Geldsegen. Roland Hägler etwa, | |
Rektor der Hermann-von-Helmholtz-Sekundarschule in der Gropiusstadt, will | |
einen Teil des Geldes für einen zusätzlichen Sozialarbeiter ausgeben, der | |
sich „besonders um die 7. Klassen und um schuldistanzierte Schülerinnen und | |
Schüler kümmert, Nachhilfe organisiert, wo sie nötig ist, und auch die | |
Elternkontakte herstellt und pflegt“. Auch Wolfgang Lüdtke, Rektor der | |
Neuköllner Kepler-Oberschule, weiß bereits genau, was er mit dem Geld | |
anfangen wird: die Sozialarbeit ausweiten, ebenso das Sportprogramm und den | |
Ganztagsbetrieb. Mit einem derart verbesserten Angebot hofft er ebenfalls, | |
die „Schuldistanz“, wie das Schwänzen offiziell heißt, zu verringern: „… | |
soll eine Art Corporate Identity entstehen, damit die Schüler gerne | |
kommen.“ | |
Obwohl das Bonus-Programm, wie der Name sagt, zusätzlich sein soll, wird | |
das Geld aber auch da eingesetzt werden, wo sonst eine Lücke entstünde, | |
weil Mittel auslaufen oder gestrichen werden. Lüdtke etwa will einen Teil | |
seiner Fördergelder in das Programm „Teach First“ investieren, das ihm für | |
zwei Jahre einen engagierten Hochschulabsolventen als Zusatzkraft bescherte | |
– wegen finanzierungstechnischer Bedenken der Personalräte aber eingestellt | |
wurde. | |
## Lernwerkstatt gerettet | |
Auch an der Hans-Fallada-Grundschule in Neukölln will man mit dem Geld ein | |
Loch stopfen. Rektor Carsten Paeprer erzählt, man habe in den letzten | |
Jahren aus Mitteln der EU eine Lernwerkstatt aufgebaut. Da die Förderung | |
aber im Februar ausgelaufen sei, brauche man „dringend personelle | |
Unterstützung in der Lernwerkstatt, um dem Kollegium eine Anlaufstelle für | |
das forschende und entdeckende Lernen zu bieten“. Diese könnte man nun dank | |
Bonus weiter beschäftigen. | |
Eine zusätzliche Hilfe, die merkliche Verbesserungen bringt, wird das | |
Bonus-Programm auch in Kreuzberg nicht überall sein: Dort hat der Bezirk | |
vier Grundschulen das Geld für die Schulstationen gekürzt. Die grüne | |
Bürgermeisterin Monika Herrmann rechtfertigt das mit der Finanznot des | |
Bezirks. Sie benötige das Geld für Schulen, die nicht in den Genuss der | |
Bonus-Mittel kommen, aber auch Probleme haben. „Man müsste die Verteilung | |
der Bonus-Gelder für die Zukunft neu diskutieren“, fordert sie. | |
Den zum Jahresende scheidenden Schulstadtrat von Mitte, Ulrich Davids | |
(SPD), stört etwas anderes. „Es ärgert mich grundsätzlich, dass wir uns | |
immer von Programm zu Programm hangeln. Solche Programme laufen immer | |
irgendwann aus.“ Und dann stünden die Schulen wieder dumm da. | |
29 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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