# taz.de -- Sport in Berlin: "Sympathie für den Fußball" | |
> Hertha bekommt 60 Millionen Euro vom einem Finanzinvestor. Rendite ist | |
> nicht zu erwarten, sagt DIW-Forschungsdirektorin Dorothea Schäfer. | |
Bild: Diese Fans jubeln ab jetzt für eine Heuschrecke | |
taz: Frau Schäfer, der US-Finanzinvestor [1][KKR] ist bei Hertha BSC | |
eingestiegen. Warum? | |
Dorothea Schäfer: Hertha brauchte Geld und hat nach Investoren gesucht. Man | |
kann nicht sagen, dass dieses Investment mit der bisherigen Politik von KKR | |
übereinstimmt – weil Hertha in den letzten Jahren nicht gerade die große | |
Rendite gemacht hat. Deshalb muss man es wohl so sehen, dass bei KKR an | |
entscheidender Stelle jemand sitzt, der große Sympathie für den Fußball | |
hat. | |
Wie schlimm ist KKR? | |
Wenn man ehrlich ist: Die Private-Equity-Gesellschaften haben an der | |
Finanzkrise keinen Steuerzahler angezapft. Deshalb kann ich pauschalen | |
Schreckensbildern wenig abgewinnen. | |
Hertha hat seine Profi-Abteilung längst in eine Kapitalgesellschaft | |
ausgegliedert. In der Bundesliga gibt es die 50+1-Regel: Investoren können | |
bei Kapitalgesellschaften nicht die Stimmenmehrheit übernehmen. KKR bekommt | |
zunächst 9,7 Prozent – und hat nichts zu melden. Ist das nicht ungewöhnlich | |
für eine Beteiligungsgesellschaft? | |
Private-Equity-Gesellschaften sind in den vergangenen Jahren vermehrt | |
Minderheitenbeteiligungen eingegangen. Die Bedingungen, an Fremdkapital zu | |
kommen, waren seit Beginn der Finanzkrise etwas schwieriger. Bei | |
Minderheiten ist wenig bis gar kein Fremdkapital notwendig. Das ist | |
sinnvoll, solange Rendite eingefahren wird – dann kann auch eine | |
Minderheitsbeteiligung irgendwann mit Gewinn abgestoßen werden. Bei Hertha | |
habe ich allerdings nicht die Fantasie, mir vorzustellen, dass hier die | |
große Rendite winkt. | |
Die Beteiligung umfasst rund 60 Millionen Euro. Ist das nun viel oder | |
wenig? | |
Wenn man bedenkt, dass schon ein Spieler 30 Millionen kosten kann, wirken | |
60 Millionen eher wie Peanuts. Bei einem langfristigen Engagement ist aber | |
mit einer Aufstockung der Beteiligung zu rechnen. Hertha hätte dann | |
vielleicht die Liquidität, hochklassige Spieler zu kaufen und zu den oberen | |
Klubs aufzuschließen. Das bedarf aber eines extrem langen Atems – und | |
natürlich sehr viel Geld. Trotzdem wird KKR bei Hertha nie das letzte Wort | |
haben. | |
KKR kann seine Anteile auf 33,3 Prozent erhöhen, ohne Geld nachzuschießen. | |
Welche Folgen hätte das? | |
Bei 25 Prozent liegt für Minderheitenbeteiligungen eine Schwelle im | |
Aktiengesetz, da hat ein Anteilseigner mehr mitzureden. Wenn sie nicht | |
nachschießen, würden sie über eine Aufstockung der Aktienanteile die | |
Möglichkeit der Renditeerzielung erhöhen. Dafür muss aber im laufenden | |
Betrieb Rendite erzielt werden. Wenn Hertha was werden will, muss der | |
Verein auf dem Profimarkt aktiver sein, also bessere Spieler kaufen. Damit | |
steigt zunächst die Wahrscheinlichkeit, einen defizitären Haushalt zu haben | |
und keine Rendite zu machen. | |
Ab 25 Prozent erhält ein Anteilseigner auch ein Vetorecht. | |
Das stimmt – das könnte bedeuten, dass Hertha bestimmte Ausgaben nicht mehr | |
machen könnte, weil KKR sein Veto einlegt. Wenn es aber ein Spielerkauf | |
wäre, der die Hertha tatsächlich schlagkräftiger machen würde, dann würde | |
sich KKR doch ins eigene Fleisch schneiden, wären sie dagegen. Letztendlich | |
will KKR als Investor auch Erfolg haben, und das ist hier untrennbar mit | |
dem Erfolg der Fußballmannschaft verbunden. | |
Unter Fans wird der Deal unterschiedlich bewertet. Viele freuen sich über | |
die Entschuldung des Vereins, die ohne das Investment nicht möglich gewesen | |
wäre. Will KKR vielleicht Imagepflege betreiben? | |
Das kann ein Grund sein. Die Rendite käme dann nicht aus der Verzinsung des | |
Engagements, sondern dadurch, dass ein bislang nicht besonders positives | |
Image umgewandelt wird. | |
Was wäre dabei der Nutzen für KKR? | |
Ganz unabhängig sind solche Gesellschaften von der Einschätzung der | |
Bevölkerung nicht, denn die wiederum hat Einfluss auf die Politik und | |
politische Randbedingungen. Wenn KKR durch ein positives Image ein weniger | |
feindseliges Umfeld für Investments vorfindet, hat sich der Deal gelohnt. | |
Diese „strategische Partnerschaft“ ist zunächst auf sieben Jahre angelegt. | |
Ist das ein üblicher Zeitrahmen für derartige Beteiligungen? | |
Ja, fünf bis zehn Jahre, das ist der Zeithorizont, den Private Equity | |
vorsieht. Danach wollen sie aussteigen, sie müssen ja auch ihre Anleger | |
auszahlen, von denen das Geld stammt. | |
Die Bundesliga ist ein Wachstumsmarkt, in der vergangenen Saison erreichten | |
die 36 Profivereine den achten Umsatzrekord in Folge. Welche Rolle spielt | |
die Marke Bundesliga bei dem Geschäft? | |
Es kann sein, dass der Deal dadurch beeinflusst wurde, dass die Bundesliga | |
aktuell häufig als beste Liga der Welt bezeichnet wird, Bayern München hat | |
viele internationale Erfolge gefeiert. Ein internationaler Investor kann | |
sich von einem Investment in der Bundesliga eine größere Aufmerksamkeit auf | |
internationalem Parkett erhoffen. | |
Es ist der erste Einstieg einer Beteiligungsgesellschaft in der Bundesliga. | |
Wie groß ist die Vorbildfunktion des Deals? | |
Das hängt davon ab, wo so ein Investment möglich ist, denn aufgestellt als | |
Aktiengesellschaft sind noch nicht so viele Vereine. Außerdem wird eine | |
Rolle spielen, wie das Engagement bei Hertha aufgenommen wird. | |
Sie sagen, KKR kann sein Image aufbessern. Auch das Image von Hertha ist | |
ausbaufähig. Kann das durch die Beteiligung einer Heuschrecke nicht eher | |
weiteren Schaden nehmen? | |
Das hängt vom Erfolg ab. Das Image von Hertha hat ja auch mit der | |
Entlassung vieler Trainer zu tun und mit undurchsichtigen Finanzen, | |
kombiniert mit wenig Erfolg. | |
Vereinfacht gesagt: Die Hertha hat mit dem Deal nichts zu verlieren. | |
Richtig. Ich sehe nicht, dass Hertha bei dem Geschäft viel falsch machen | |
kann. | |
5 Feb 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kkr.com/ | |
## AUTOREN | |
Torsten Landsberg | |
## TAGS | |
Finanzmarkt | |
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