| # taz.de -- Hilfsbedürftigkeit auf beiden Seiten: Die Notlage der Helfer | |
| > Die 13.000 PflegerInnen im Land Bremen leiden unter geringer | |
| > Wertschätzung, schlechter Bezahlung und immenser Personalverknappung | |
| Bild: Wenn aus der Übungs-Puppe ein Mensch wird, braucht er motivierte und bel… | |
| BREMEN taz | „Die meisten Altenpflegerinnen sind nicht in der Lage, ihren | |
| Lebensunterhalt selbst zu finanzieren.“ So bilanziert Kerstin Bringmann, | |
| selbst vom Fach und außerdem stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der | |
| Bremer Arbeiterwohlfahrt, die finanzielle Situation ihrer | |
| Berufskolleginnen. Zudem erschwere die zunehmende Personalverknappung eine | |
| sinnvolle Berufsausübung. | |
| Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie des Instituts Arbeit und | |
| Wirtschaft (IAW), das die Arbeitnehmerkammer in Auftrag gegeben hat. | |
| Studienleiterin Irena Medjedović stellt fest: „Weil der Beschäftigtenpool | |
| insgesamt zu klein ist, wird der ,Helferidealismus‘ der Pflegekräfte | |
| ausgenutzt.“ Damit nicht jede ausfallende Arbeitskraft zum unmittelbaren | |
| Problem für das Team werde, sei daher sei der Aufbau eines Springerpools | |
| dringend erforderlich. | |
| Im Land Bremen arbeiten rund 13.000 PflegerInnen. 80 Prozent sind Frauen, | |
| von denen wiederum 80 Prozent in Teilzeit arbeiten. Das sei zumeist keine | |
| freiwillig gewählte Teilzeit, sagt Medjedović, sondern Ausdruck der | |
| Überlastung: „Eine volle Stelle unter diesen Umständen halten viele für | |
| nicht aushaltbar.“ Die Entwicklung ist rasant: Während vor zwei Jahren noch | |
| die Hälfte der PflegerInnen vermutete, den Job bis zum Erreichen des | |
| Rentenalters ausüben zu können, sagte das im vergangenen Jahr nur noch ein | |
| knappes Drittel. | |
| Es gibt in diesem Kontext noch eine dritte signifikante Zahl mit 80: 80 | |
| Prozent der männlichen Krankenhaus-Mitarbeiter sind in Leitungsfunktionen – | |
| von der Geringbezahlung also weit weniger betroffen. Der durchschnittliche | |
| Bruttomonatsverdienst von normalen Pflegekräften läge hingegen bei 2.360 | |
| Euro, Altenpflegehilfskräfte kämen auf 1.877 Euro – falls sie Vollzeit | |
| arbeiten würden. | |
| Die Zahlen zeigen zudem einen bedenklichen Trend bei der Lohnentwicklung: | |
| Mittlerweile sind die Pflegeberufe nicht nur von Lohnzuwächsen im | |
| industriellen Sektor abgekoppelt, sondern stehen selbst in Vergleich zu | |
| Erziehungsberufen schlecht da. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn | |
| im Pflegebereich zählt mit neun Euro in der Stunde zu den niedrigsten | |
| überhaupt. | |
| Die Ökonomisierung des Pflege- und Gesundheitsbereichs führt zudem zu einem | |
| Downgrade in Sachen Ausbildung. Davon ist in erster Linie die | |
| Altenbetreuung betroffen: Die gesetzlich vorgeschriebene Quote an | |
| qualifiziertem Personal beträgt hier nur 50 Prozent. Neben den examinierten | |
| AltenpflegerInnen, die eine dreijährige Ausbildung absolviert haben, steigt | |
| stetig der Anteil der AltenpflegehelferInnen, die nur ein Jahr ausgebildet | |
| werden, und der der „Pflegehelfer“ – mit lediglich sechswöchiger Schulun… | |
| In Krankenhäusern liegt die Fachpersonalquote hingegen noch immer bei 95 | |
| Prozent, 2004 waren es 98 Prozent. | |
| In einer Alteneinrichtung mit 53 BewohnerInnen – 15 davon beim Essen | |
| hilfsbedürftig – stünden in einer Morgenschicht vier MitarbeiterInnen zur | |
| Verfügung, berichtet Bringmann aus dem Pflegealltag. Zwei davon seien | |
| vielleicht noch Leiharbeiter, an den anderen bleiben dann die | |
| administrativen Aufgaben hängen. Bringmann sagt trocken: „Ich wundere mich, | |
| wie sie es schaffen, dass dann bis zur Mittagszeit alle gefrühstückt haben | |
| und gewaschen sind.“ | |
| 19 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Henning Bleyl | |
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