# taz.de -- Einwanderung: Länder machen Deutsche | |
> Schleswig-Holstein legt Gesetz zur Abschaffung des Optionszwangs vor. Der | |
> Entwurf zielt gegen das "bürokratische Monster" des Bundesinnenministers. | |
Bild: Zwischen deutscher und türkischer Identität: Junge Migranten - hier bei… | |
HAMBURG taz | Einwandererkinder mit mehreren Staatsbürgerschaften sollen | |
sich nicht mehr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen, sobald sie | |
erwachsen sind. Einen Gesetzentwurf, der die Aufhebung dieses | |
„Optionszwangs“ vorsieht, stellte der schleswig-holsteinische Innenminister | |
Andreas Breitner (SPD) am Dienstag in Kiel vor. | |
Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg wollen den | |
Entwurf am 7. März in den Bundesrat einbringen. Die drei Länder werden | |
rot-grün regiert – im Norden unter Beteiligung der Minderheitenpartei SSW. | |
Sie setzen mit dem Vorstoß Thomas de Maizière (CDU), den Innenminister der | |
schwarz-roten Koalition im Bund unter Druck, der ein anders Vorgehen will. | |
Seit dem Jahr 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder von Zuwanderern | |
die deutsche Staatsbürgerschaft zusätzlich zu der Staatsbürgerschaft ihrer | |
Eltern – bei von 1990 bis 1999 Geborenen auf Antrag. Zu ihrem 18. | |
Geburtstag bekommen sie Post von der Ausländerbehörde, mit der | |
Aufforderung, sich bis zu ihrem 23. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft | |
zu entscheiden. Andernfalls verlieren sie ihre deutsche Staatsbürgerschaft. | |
Da sich die Regelung auf die Geburtsjahrgänge ab 1990 bezieht, konnte ihr | |
Effekt im vergangenen Jahr erstmals bilanziert werden. 248 Jugendliche | |
verloren nach Angaben der Bundesregierung ihre deutsche Staatsbürgerschaft, | |
weil sie sich nicht entschieden. Bei einer Befragung des Bundesamtes für | |
Migration und Flüchtlinge 2011 entschieden sich 98 Prozent für die deutsche | |
Staatsangehörigkeit – auch wenn es einem Drittel lieber gewesen wäre, sich | |
nicht entscheiden zu müssen. | |
Breitner und seine Kollegen wollen, dass ihnen diese Entscheidung erspart | |
bleibt. Die Optionsregelung diskriminiere eine Generation von jungen | |
Deutschen, auf die die Gesellschaft in Zukunft angewiesen sein werde, und | |
stürze die jungen Leute in „vermeidbare Gewissenskonflikte“, sagte | |
Breitner. | |
Er wandte sich ausdrücklich gegen den Gesetzentwurf von Bundesinnenminister | |
de Maizière, der ja eine Koalitionsvereinbarung zur Abschaffung des | |
Optionszwangs umsetzen soll. Demnach sollen in Deutschland geborene und | |
aufgewachsene Kinder zwei Pässe haben können. Aufgewachsensein bedeutet | |
nach de Maizières Lesart, dass man bis zum 23. Lebensjahr zwölf Jahre in | |
Deutschland gelebt hat, vier davon zwischen dem zehnten und 16. Lebensjahr. | |
Dafür müssen die Betroffenen Meldebescheinigungen vorlegen. Alternativ | |
können sie einen deutschen Schulabschluss nachweisen. So werde verhindert, | |
dass junge Leute, die sich „in der prägenden Phase der allgemeinen | |
Schulpflicht nicht in Deutschland aufgehalten haben“, einen Doppelpass | |
bekämen, heißt es in dem Entwurf. | |
Breitner bezeichnete diesen Vorschlag als „bürokratisches Monster“. Die | |
vorgesehenen Nachweise seien nicht praktikabel oder zu aufwendig. „Die | |
persönliche Unsicherheit bleibt“, sagte Breitner. Familien werde es schwer | |
gemacht, beruflich Zeit im Ausland zu verbringen, wenn sie dadurch die | |
mehrfache Staatsangehörigkeit ihrer Kinder in Gefahr bringen könnten. | |
70 Prozent derjenigen, die wählen müssen, besitzen neben der deutschen die | |
türkische Staatsangehörigkeit. EU-Bürger in Deutschland können heute schon | |
zwei Pässe haben. | |
25 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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