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# taz.de -- Werkschau des Künstlers César Klein: Einer, der die Zeit aufnahm
> Wer die César-Klein-Ausstellung in Eutin besucht, lernt einen einst sehr
> umtriebigen, vom NS-Regime verdrängten und schließlich in Vergessenheit
> Geratenen kennen.
Bild: Die letzten Tage des Impressionismus: César Klein, Ahrenshoop IV ("Badeh…
EUTIN taz | Sein „Meergeist“ hat es in sich: Ein Wesen, halb Frau, halb
Fisch, steht auf einer kleinen, meerumtosten Insel, eingerahmt von einem
bedrückend schwarzen Kasten. César Klein hat das Bild 1933 gemalt, um die
Zeit zog er sich gerade aus Berlin zurück in ein kleines Dorf in
Ostholstein.
César Klein? Nie gehört? „Nicht weiter schlimm“, sagt Julia Humme, Leiter…
des Ostholstein-Museums in Eutin. Zwar sei der „nach dem Krieg noch einmal
sehr aktiv geworden und hat ein großes und spannendes Alterswerk
hinterlassen, aber dann ist er nach und nach in Vergessenheit geraten.“
Damit sich das ändert, widmet das Museum ihm eine umfassende Retrospektive
– immerhin steht sein 60. Todestag bevor.
## Solide ausgebildet
César Klein wurde im September 1876 in Hamburg geboren. Mit dem Wunsch,
Künstler zu werden, war er bei seinen Eltern an der falschen Adresse. Der
Sohn fügte sich, absolviert eine Lehre als Maler und Lackierer. Doch kaum
hatte er die abgeschlossen, wechselte er erst an die Hamburger
Kunstgewerbeschule, ging dann kurz auf die Kunstakademie in Düsseldorf und
fand schließlich an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums
eine Heimat.
Seine Verankerung im künstlerischen Handwerk ermöglichte ihm einen behenden
Wechsel zwischen freier Kunst einerseits und soliderem
Kunstgewerbe/-handwerk andererseits: Er arbeitete als freier Maler wie auch
als Buchillustrator, entwarf Wandbilder für Treppenhäuser, Mosaikfußböden
für Verwaltungsgebäude und Glasfenster für den Lichthof des damals
angesagten Berliner Kaufhauses Wertheim.
Als Bühnenbildner interessierte ihn auch der junge, noch stumme Film, der
für seine oft traumwandlerischen Geschichten die passenden Kulissen suchte.
Und als ob ihn das alles nicht ausgelastet hätte, war Klein stets auch
kunstpolitisch tätig: Mit Emil Nolde und August Kirchner begründet er 1910
die „Neue Sezession“, gehörte auch zur „Novembergruppe“, die nach der
Revolution 1918 die Kunst in die Haushalte der Arbeiter schaffen will.
Künstlerisch – und das ist in der Eutiner Ausstellung sehr schön
nachzuvollziehen – führte ihn sein Weg von den letzten Tagen des
Impressionismus hin zum aufbrechenden Expressionismus und dann in den
Kubismus. Der italienische Futurismus hinterließ Spuren, die Einflüsse Max
Ernsts und Pablo Picassos sind unverkennbar. Walter Gropius versuchte
zweimal erfolglos, Klein nach Weimar zu holen, ans Bauhaus.
## 1933 endet die Karriere
Der aber wollte lieber in Berlin bleiben, zudem war seine Ehefrau, die
erste, schwer krank. 1931 wurde Klein zum ordentlichen Professor ernannt,
und er gründete die Gruppe „selection“, zu der Maler wie Oskar Schlemmer
und Paul Klee gehörten.
Als Anfang 1933 die Nationalsozialisten auch die Kunst nach ihren Maßstäben
gestalten wollen, endet seine Karriere: Klein wird sofort beurlaubt, er
erhält Malverbot. Eine Weile noch hielten alte Kontakte, er pendelte
zwischen Berlin und Ostholstein. Gelegentlich arbeitete er noch in Hamburg
und auch in Wien als Bühnenbilder fürs Theater, gedeckt und unterstützt von
Gustav Gründgens und dem Lieblings-Theaterregisseur der Nazis, Jürgen
Fehling.
Dann wurde aus der Beurlaubung die Entlassung, Kleins Arbeiten wurden bei
der berüchtigten Wanderschau „Entartete Kunst“ von 1937 vorgeführt. Er
verkaufte sein Berliner Haus, zog sich endgültig ins ostholsteinische
Pansdorf bei Lübeck zurück. Das Ende des „Dritten Reiches“ empfand er
erklärtermaßen als Befreiung.
Sein Bild „Amazone“ von 1946 erzählt davon: Geradezu heiter, dabei mit zwei
Speeren bewehrt, reitet sie auf einem tierähnlichen Wesen wie durch die
Lüfte. In den folgenden neun Jahren griff Klein viele seiner Themen wieder
auf: Maria mit dem Kind, die Frau im Sessel sitzend, die Frauengruppe vor
dem Haus, dazu griechische Sagenstoffe: Immer weiter entfernt er sich vom
Konkreten, experimentiert mit freien, zuletzt nahezu gegenstandslosen
Kompositionen.
Unaufdringlich, aber pointiert stellt die Ausstellung immer wieder Arbeiten
aus verschiedenen Epochen gegenüber: Da wird ein Künstler sichtbar, der
sich in seiner Motivwahl einerseits treu blieb, zugleich aber die
Strömungen seiner Zeit aufgriff und einarbeitete. Anders gesagt, zieht in
Eutin die Kunstgeschichte von 1900 bis 1950 sehr galant an einem vorbei.
Auch ans Theater kehrte Klein nach 1945 zurück: Nicht mehr der Jüngste,
arbeitete er als Bühnenbildner an der Hamburgischen Staatsoper und am
Schauspielhaus an der Kirchenallee. Am 13. März 1954 starb er in Pansdorf.
Sein malerisches Spätwerk – auch das zeigt die Eutiner Ausstellung – lebt
bei aller Offenheit für das Abstrakte von den Traditionen der Weimarer
Moderne. Umso verständlicher vielleicht, dass sein Werk in den 50er- und
60er-Jahren kaum von den nachfolgenden Künstlergenerationen aufgegriffen
wurde: Die orientierten sich an Amerika und dortigem Geschehen, dem
abstrakten Expressionismus, der Minimal Art und bald der Pop-Art.
## Vergessenes Exempel
Dass César Klein nach 1945 dagegen zunächst noch eine Art Leerstelle
besetzen konnte, zeigen zwei Ausstellungsprojekte direkt nach Kriegsende:
Er war der erste deutsche Künstler, der wieder in London gezeigt wurde. Und
als die Hamburger Kunsthalle nach Beseitigung der Kriegsschäden wieder
eröffnete, zeigt sie als erstes – Malerei von César Klein.
## ■ „César Klein – Leben und Kunst“, ab 9. März, Ostholstein-Museum,
Eutin; bis 4. Mai
14 Mar 2014
## AUTOREN
Frank Keil
## TAGS
Ausstellung
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