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# taz.de -- Flüchtlingspolitik: Klaus Wowereits Kehrwoche
> Die Debatte im Abgeordnetenhaus zu Asyl und Oranienplatz schwankt
> zwischen ganz Großer Koalition und hartem Schlagabtausch.
Bild: Am Donnerstag ging es in Sachen Flüchtlingscamp mit Aufräumarbeiten wei…
Es gibt Momente, da übt selbst ein Klaus Wowereit Selbstkritik – jemand,
der sonst nicht von zuviel Zweifel beladen scheint. Der Donnerstagmorgen im
Abgeordnetenhaus mit der Debatte um Flüchtlingspolitik im allgemeinen und
den Oranienplatz im besonderen ist solch seltener Moment. Dass es
eineinhalb Jahre bis zur Räumung dauerte „und man den Eindruck gewinnen
konnte, dass die Behörden einfach wegsehen, war kein Ruhmesblatt“, räumt er
ein. Es ist der Auftakt einer Debatte, die teils Ganz Große Koalition,
teils eine skeptische CDU und viel harte Opposition bietet.
Zwei Tage nach der weitgehend freiwilligen Räumung des Oranienplatzes müht
sich Wowereit, Berliner Toleranz zu preisen und zugleich weitere
Besetzungen abzulehnen: „Berlin wird es nicht dulden, dass öffentliche
Plätze zu Zeltlagern umfunktioniert werden.“ Von den Unterstützergruppen
fordert er Respekt vor der Abzugs-Entscheidung der Flüchtlinge:
„Solidarität bedeutet Beistand und nicht permanentes Aufwiegeln“.
Wowereit lobt nicht nur seine SPD-Parteifreundin Dilek Kolat, die
Verhandlungsführerin am Oranienplatz, sondern auch die lange stark
kritisierte grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann. Die habe in den
vergangenen Wochen in eine konstruktive Rolle hinein gefunden. „Wir wissen,
dass wir mit ihr nicht immer einer Meinung waren“, so Wowereit, „aber da
hat sich wirklich ein Umdenkungsprozess in Friedrichshain-Kreuzberg
ergeben.“
Zeitweise begleitet eine Applaus-GaGroKo aus SPD, CDU und Grünen die
grundsätzlichen Bekenntnisse Wowereits zur Aufnahme von Flüchtlingen, die
in ihrer Heimat verfolgt würden und dort nicht mehr friedlich leben
könnten. 12.000 Unterkunftsplätze brauche das Land bis Jahresende, was
immer noch nur halb so viel sei wie Anfang der 90er. Bei Linken und Piraten
rührt sich hingegen keine Hand.
CDU-Fraktionschef Florian Graf ist kurz darauf skeptischer gegenüber
Bürgermeisterin Herrmann, der Innensenator Frank Henkel schon Ende 2013 den
Rücktritt nahe gelegt hatte, weil sie überfordert sei. Graf ist überhaupt
zurückhaltend mit Lob, mag auch nicht Senatorin Kolat preisen:
„Schulterklopfen ist in jedem Fall verfrüht.“ Dabei hatte SPD-Fraktionschef
Raed Saleh Minuten zuvor vorgelegt und auch bei CDU-Mann Henkel, dem nun
seine Pläne für eine gewaltsame Räumung anhängen, noch Positives gefunden.
„Das Camp konnte kein Dauerzustand sein“, sagt Saleh, „darauf hat Frank
Henkel im Dezember richtigerweise hingewiesen.“
Als Linksfraktionschef Udo Wolf ans Mikro tritt, ist es vorbei mit
Nettigkeiten. „Ich habe den Eindruck, heute geht‘s hier ein bisschen
verlogener zu als sonst üblich“, sagt er und wirft Wowereit vor, ein Jahr
lang überhaupt nichts zum Oranienplatz getan zu haben. „Wie kann man bei
diesem Elend nur von Erfolg reden?“ Und worin bestehe denn der Erfolg?
„Dass die Grünfläche wieder frei ist?“ Oder dass es nun Unterkunft und
rechtliche Prüfung gebe? Das sei ja wohl das Mindeste. Auch den
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) attackiert Wolf. Er habe „die Entwicklung
verpennt und es nicht geschaffft, genug Unterkünfte bereit zu stellen“.
Das ist aber harmlos gegen das, was Piraten-Fraktionschef Oliver Höfinghoff
gegen Henkel vorbringt: Henkel weigere sich, wenigstens im Winter auf
Abschiebungen zu verzichten – „wen er damit in den Tod schickt, ist ihm
offensichtlich egal.“ Diese Worte mag die CDU-Fraktion nicht stehen lassen.
„Was Sie hier absondern, ist eine Unverschämtheit“, so ihr Abgeordneter
Burkard Dregger. „Sie säen Hass und bringen die Menschen in der Stadt
gegeneinander auf.“
10 Apr 2014
## AUTOREN
Stefan Alberti
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