| # taz.de -- Geduld an der Kamera: Alle seine Tiere | |
| > Dem Tierfilmer Uwe Müller sind sensationelle Bilder von Pumas in | |
| > Patagonien gelungen. Mit gleicher Ernsthaftigkeit dokumentierte er vorher | |
| > das Leben von Hamstern. | |
| Bild: Auf der Jagd nach dem heiligen Gral unter den Tierfilmern: Uwe Müller in… | |
| Ein Tierfilmer muss viel Geduld haben. Seine Protagonisten sind meist | |
| kamerascheu und er muss oft lange warten, um die gewünschten Bilder von | |
| ihnen zu bekommen. Die Anstrengungen von Uwe Müller sind bei seinem neuen | |
| Film rekordverdächtig. | |
| Mehr als drei Jahre hat er an „Puma – Unsichtbarer Jäger der Anden“ | |
| gearbeitet. Über 360 Drehtage lag er in der grandiosen, aber von Wind und | |
| Wetter gebeutelten Landschaft des Torre del Paine Nationalparks in | |
| Patagonien auf der Lauer und das Ergebnis sind nur 43 Filmminuten. Die sind | |
| allerdings sensationell. | |
| Bis zu Müllers Film gab es kaum Aufnahmen von Pumas in freier Wildbahn. Die | |
| Tiere sind extrem scheu und mit ihrem graubraunen Fell in der Landschaft so | |
| gut wie unsichtbar. Eine Aufnahme von einem Puma, der gerade ein Beutetier | |
| reißt, galt als der heilige Gral unter Tierfilmern. Uwe Müller ist eine | |
| solche Aufnahme gelungen. Seine Dokumentation wurde etwa auf Arte und im | |
| NDR gezeigt und ist mit dem Magazin National Geographic als Koproduzenten | |
| auch international zu sehen. | |
| Dieser Film ist sicher der bisherige Höhepunkt seiner Karriere. Doch Uwe | |
| Müller macht im Gespräch nicht viel Aufhebens davon. Ja, es gebe wohl schon | |
| ein paar Neider, vor allem bei der in diesem Genre sonst unschlagbaren | |
| britischen Rundfunkanstalt BBC. Aber ansonsten erzählt er von diesem | |
| Projekt mit der gleichen Ernsthaftigkeit wie von seinen kleinen | |
| Produktionen. Etwa die über Hamster, deren Habitate kameragerecht | |
| nachgebaut wurden, und die über Eichhörnchen, deren abgehakte Bewegungen | |
| eine besondere Kameraführung nötig machte. | |
| Bei jedem neuen Film müsse er „eine halbe Doktorarbeit“ über die | |
| Tiergattung schreiben, wie er sagt. Erst dann seien ihm deren Gewohnheiten | |
| so vertraut, dass er sich auf die Pirsch begeben könne. Denn ein Tierfilmer | |
| hat schon recht viel von einem Jäger und die intensivsten Momente seiner | |
| Arbeit sind jene, in denen ihm die Tiere besonders nah kommen. | |
| Das können ganz idyllische Begegnungen sein wie jene, bei der Müller auf | |
| einer Wiese auf zwei Pumajungen stieß, die ihn neugierig und fast | |
| zutraulich ansahen. Es kann aber auch ein gefährliches Treffen wie jenes | |
| mit einem Flusspferd in Uganda sein, an das er sich einen Schritt zu nah | |
| herangewagt hatte. Das Tier stürmte auf ihn zu, riss wenige Schritte vor | |
| ihm das Maul weit auf und brüllte ihn an. Müller blieb ruhig stehen und der | |
| Bulle zog sich zurück. | |
| Müller hat schon acht Jahre vor dem Dokumentarfilm „Chasing Ice“ (USA, | |
| 2012) mit „Das Ende der Gletscher“ einen Film über das schmelzende Eis in | |
| der Antarktis und die bedrohten Lebensräume der Pinguine und Robben | |
| gedreht. Auch sonst gibt es nur wenige Gegenden auf der Erde, die er noch | |
| nicht bereist hat. Denn die Reiselust machte aus ihm einen | |
| Dokumentarfilmer. | |
| In seiner Heimat im thüringischen Altenburger Land konnte er zu DDR-Zeiten | |
| nur vom Reisen träumen. 1988 wurde seinem Ausreiseantrag stattgegeben. Er | |
| zog nach Bremen, arbeitete im Maschinenbau bei Mercedes Benz, machte große | |
| Reisen und dokumentierte sie mit einer Videokamera. Weil er seine Freunde | |
| nicht mit seinen Aufnahmen quälen wollte, brachte er sich selbst bei, sie | |
| zu schneiden und zu vertonen. Seine ersten Werke gefielen allen, er wurde | |
| Mitglied in einem Amateurfilmclub und gewann auf Amateurfilmfestivals | |
| regelmäßig Preise. Dann wechselte er als lupenreiner Autodidakt ins | |
| Profigeschäft. | |
| Er begann damit, kleine Tier-und Naturfilme für Sendereihen wie den | |
| „Telezoo“, „Wunderbare Welt“ und „Die Sendung mit der Maus“ zu prod… | |
| und machte von Kamera übers Drehbuch bis zu Schnitt und Texten möglichst | |
| viel selbst. Später produzierte er dann auch längere Filme für die | |
| ARD-Sendereihe „Expeditionen ins Tierreich“. Besonders Patagonien reizte | |
| ihn, dort hat er inzwischen zehn Jahre verbracht, in denen er vier | |
| stilistisch sehr unterschiedliche Filme drehte. | |
| In „Feuerland – Geschichten vom Ende der Welt“ von 2002 dokumentierte er | |
| die letzten Feuerland-Indianer und erzählte ihre poetischen Naturmythen | |
| nach. „Duell der Eroberer“ von 2003 ist dagegen eine Mischung aus Spiel- | |
| und Tierfilm. Die titelgebenden Eroberer Patagoniens sind zum einen | |
| Großbauern, die riesige Gebiete in Besitz nahmen, und zum anderen | |
| kanadische Biber, die 1946 im Süden Argentinien ausgesetzt wurden und sich | |
| ohne natürlich Feinde schnell vermehrten. Der Film wechselt zwischen Szenen | |
| mit Schauspielern und dokumentarischen Bildern von Bibern, die er vor allem | |
| beim Deichbau filmte. Und ein paar Mal gelingt es Müller, Tiere und | |
| Menschen in einer Einstellung zu fotografieren. Der Film lief im | |
| Kinderprogramm des ZDF, das dann auch den nächsten Film bei Müller in | |
| Auftrag gab. | |
| Doch mit „Gordos Reise ans Ende der Welt“ hatte er ehrgeizigere Pläne. Hier | |
| mischte er noch konsequenter Tier- und Spielfilm und versuchte, die Welt | |
| aus der Perspektive eines Hundes zu zeigen. Die Kamera wurde auf | |
| Hunde-Augenhöhe positioniert und während der Hund durch die Straßen | |
| streift, schnüffelt, pinkelt und frisst spricht er zu den Zuschauern. Die | |
| Promenadenmischung büxt ihrem Herrchen in Buenos Aires aus und macht eine | |
| lange Irrfahrt bis an das südlichste Ende von Patagonien. Müller gelang ein | |
| spannender und origineller Kinderfilm. Er produzierte neben der | |
| Fernsehfassung eine längere Version für das Kino, die er selbst vertrieb. | |
| Doch an den Kassen floppte der Film und Müller sieht seinen finanziellen | |
| Verlust inzwischen als Lehrgeld: „Jetzt weiß ich, welchen Wert meine Bilder | |
| wirklich haben.“ | |
| Für sein neuestes Projekt mit dem Arbeitstitel „Das Grüne Band“ dreht er | |
| gerade an den ehemaligen Grenzanlagen der DDR zwischen Hirschberg in Bayern | |
| und Travemünde, die sich über die Jahre zu einem riesigen Naturreservat | |
| auswuchsen. Doch mit diesem Film darf er sich nicht so viel Zeit lassen, | |
| denn schon im November soll er in der ARD zum 25. Jahrestag des Mauerfalls | |
| laufen. | |
| 17 Apr 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Hippen | |
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