Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Carola Ensslen über ihren SPD-Austritt: "Widerspruch ist in der SP…
> Carola Ensslen über die Gründe, aus denen sie vergangene Woche von der
> SPD zur Linkspartei gewechselt ist.
Bild: Enttäuscht von ihrer Partei: Carola Ensslen.
Frau Ensslen, Sie bezeichnen Ihren Austritt aus der SPD als Resultat einer
inhaltlichen Entfremdung von der Partei.
Carola Ensslen: Dies war ein langer Prozess. Schon die Agenda 2010 konnte
ich kaum mittragen, weil sie dem sozialdemokratischen Selbstverständnis
widerspricht. In Hamburg waren es dann zuletzt der Umgang mit Flüchtlingen
oder mit der „Volksinitiative „Unser Hamburg – unser Netz“, aber auch d…
Ausrufung der Gefahrengebiete, die mich zu diesem Schritt veranlasst haben
…
… und Olaf Scholz, dem Sie einen „autoritären Führungsstil“ vorwerfen, …
jede „innerparteiliche Lebendigkeit“ ersticke.
Ich bin mit Willy Brandts Motto „Mehr Demokratie wagen“ groß geworden. In
der Hamburger SPD aber wird immer weniger Demokratie gewagt und nicht mehr
kontrovers diskutiert. Die Linie wird von oben vorgegeben und nicht von der
Partei entwickelt, die das Vor- und Weiterdenken eingestellt hat.
Wie wirkt sich das konkret aus? Abweichende Parteitagsanträge aus den
Distrikten oder Kreisen werden schnell beerdigt, weil sie das einheitliche
Regierungshandeln gefährden würden oder – wie etwa beim Thema
Kennzeichnungspflicht für Polizisten – erst mit den Polizeigewerkschaften
besprochen werden sollen. Die haben kein Interesse daran und schon ist das
Thema tot. Die Partei macht, was die SPD-Bürgerschaftsfraktion vertritt,
die folgt dem Senat und der folgt Scholz. Innerparteilicher Widerspruch ist
dabei verpönt.
„Wer Führung bestellt, wird Führung bekommen“, lautet das Motto von Olaf
Scholz.
Am Anfang war sicherlich auch Führung notwendig, um eine zerstrittene SPD
zu einen und regierungsfähig zu machen. Doch inzwischen blockiert dieser
autoritäre Führungsstil jede innerparteiliche Demokratie.
Wie geht es der Basis damit?
Noch überwiegt die Freude über den Aufschwung der Partei, aber die
kritischen Stimmen werden lauter.
Sie selbst haben mit Ihrer Meinung selten hinter dem Berg gehalten und sich
damit einen Ruf als Querulantin erworben.
Das passiert in der Hamburger SPD schnell, wenn man sich an einzelnen
Punkten mal erlaubt, dem zu widersprechen, was von oben vorgegeben wird.
Alle Anlässe, die Sie als Gründe für ihren SPD-Austritt nennen, liegen im
vorigen Jahr. Trotzdem haben Sie sich Ende Januar noch zur
SPD-Distriktsvorsitzenden küren lassen.
Ich weiß, dass dieser Punkt schwer zu vermitteln ist. Wir hatten in
Eimsbüttel-Nord ein personelles Vakuum und da habe ich mich trotz aller
Zweifel in der Pflicht gefühlt, zu kandidieren. Im anlaufenden Wahlkampf
merkte ich zunehmend, dass ich mich nicht an einen Info-Tisch stellen will,
um den Menschen zu erklären, wie segensreich die Große Koalition in Berlin
ist …
… die Sie ja auch ablehnen.
Weil sie keinen Politikwechsel bedeutet und – etwa mit der löchrigen
Mindestlohnregelung – weit hinter dem zurückblieb, was wir im Wahlkampf
vertreten haben. Dass eine so überwältigende Mehrheit der SPD-Mitglieder
die Große Koalition befürwortet hat, gab mir einmal mehr das Gefühl, hier
nicht mehr zu Hause zu sein.
Warum nun die Linke?
Weil ich glaube, dass diese Partei den Idealen eines Demokratischen
Sozialismus inzwischen weit mehr verpflichtet ist als die SPD. Und ich will
in der Partei, für die ich mich engagiere, nicht immer gegen die verordnete
Meinung ankämpfen, sondern mit Menschen, die ähnliche politische
Auffassungen haben wie ich, gemeinsam gestalten.
Was hat man Ihnen dafür geboten? Der Sprecher der Linken kündigte bereits
an, dass Sie für den Hamburger Parteivorstand kandidieren werden.
Natürlich gibt es vor so einem Wechsel Gespräche, aber niemand hat mir
irgendetwas versprochen. Für mich sind nicht Posten entscheidend für meinen
Schritt, sondern der Wunsch, inhaltlich zu arbeiten.
Frühere Genossen behaupten, Sie hätten das Pferd gewechselt, weil Sie
scharf seien auf ein Bürgerschaftsmandat, für das die SPD Sie nie nominiert
hätte.
Ich habe wenig Ambitionen, für die Bürgerschaft zu kandidieren. Das ist
nicht, was ich anstrebe.
Sondern?
Ich will helfen, Antworten auf die drängendsten Fragen Hamburgs zu finden.
Das sind für mich die soziale Spaltung der Stadt und die Umsetzung der
Rekommunalisierung der Energienetze, die ich kritisch begleiten möchte.
18 Apr 2014
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
SPD
Die Linke
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.