# taz.de -- Streit um Jugendschutz: Kein Alk für Kinder | |
> Gaststätten und Geschäfte sollen sich nach Vorstellung des Senats selbst | |
> verpflichten, ihre Mitarbeiter über Jugendschutzbestimmungen aufzuklären. | |
Bild: Ausgeknockt: Von 128 Bremer Testkäufern waren 42,9 Prozent "erfolgreich". | |
Im Land Bremen soll der Alkoholverkauf an Jugendliche stärker geahndet | |
werden – das verlangte die Bremische Bürgerschaft vor einem halben Jahr. | |
Die gesetzliche Ausgestaltung dieses Anliegens ist aber weiterhin unklar. | |
Unter anderem ist umstritten, ob auffälligen Gastwirten mit | |
Konzessionsentzug gedroht werden soll und kann. | |
„Mindestens 2.000 Euro“, so steht es in einem Schreiben der Sozialsenatorin | |
an die Sozialdeputation, sollen Betriebsinhaber seit dem 1. Januar zahlen, | |
wenn sie bei Testkäufen dabei erwischt werden, wie sie Alkohol an | |
Jugendliche ausschenken oder verkaufen. 2.500 Euro sollen fällig werden, | |
wenn sie noch keine 14 Jahre alt sind. | |
Tatsächlich sind es in diesem Fall aber 3.000 Euro. Diese Summe steht | |
abweichend von dem, was der Senat bisher verkündet hat, auf dem | |
Informationsschreiben, das das Stadtamt aushändigt, wenn jemand erwischt | |
wurde. Die Polizei Bremerhaven hat anders als das Stadtamt dieses | |
Informationsblatt auch online eingestellt. | |
Diejenigen, die den Alkohol verkauft haben, müssen demnach mindestens 300 | |
Euro zahlen. Wenn es sich um Kinder handelt, sollen es 500 Euro sein. | |
Vorher lag die Höchstgrenze für die Inhaber bei 400 Euro, für das Personal | |
bei 50 Euro. | |
„Viel zu hoch“ findet der bei der Gewerkschaft Ver.di für den Handel | |
zuständige Heinz-Herbert Grabowski das Bußgeld für Verkäuferinnen und | |
Tresenkräfte. „Eine Verkäuferin in Teilzeit verdient gerade mal 700 bis 800 | |
Euro brutto“, kritisiert er. | |
Zudem seien diese angesichts von langen Schlangen vor den Kassen oft so | |
unter Druck, dass es kein Wunder sei, dass sie nicht jedes Mal nach dem | |
Ausweis fragen, wenn vor ihnen ein jüngerer Mensch stehe. „Die machen das | |
doch nicht absichtlich!“ | |
Der Senat geht hingegen davon aus, dass es in Betrieben und Gaststätten an | |
einem Bewusstsein dafür fehle, wie wichtig es sei, die | |
Jugendschutzbestimmungen einzuhalten. „Ein nicht geringer Teil von | |
Ladeninhaberinnen und Ladeninhabern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter | |
des Einzelhandels geht in Bremen noch immer zu verantwortungslos mit dem | |
Verkauf von hochprozentigem Alkohol an Jugendliche um“, hatte Innensenator | |
Ulrich Mäurer (SPD) im Dezember gesagt. | |
Er bezog sich dabei auf die Auswertung von 128 Testkäufen durch Jugendliche | |
unter 18 Jahren im vergangenen Jahr. In 42,9 Prozent hatten sie | |
hochprozentigen Alkohol bekommen. In Bremerhaven waren nur 25,7 Prozent von | |
237 Testkäufen ordnungswidrig. | |
In diesem Jahr hat das Stadtamt seit Einführung der höheren Bußgelder bei | |
13 von 43 Testkäufen Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz festgestellt. | |
Die Fraktionen von SPD und Grünen hatten den Senat auch aufgefordert, | |
Betriebsinhaber zu verpflichten, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über | |
die Jugendschutzbestimmungen in Bezug auf Alkohol zu schulen. Allerdings, | |
so hat der Senat jetzt festgestellt, kann er dies auf Länderebene nicht | |
tun. | |
Deshalb will er den Arbeitgeberverbänden wie dem für das Deutsche Hotel- | |
und Gaststättengewerbe (Dehoga) sowie der Handelskammer vorschlagen, sich | |
freiwillig zu solchen Schulungen zu verpflichten. Sollten diese nicht | |
ausreichend dokumentiert werden, würde dies als Ordnungswidrigkeit geahndet | |
werden, schreibt der Senat. | |
„Ein typisches Bremer Eigentor“ nennt dies der Dehoga-Geschäftsführer | |
Thomas Schlüter. Denn als die Verantwortung für das Gaststättengesetz 2006 | |
vom Bund an die Länder überging, habe Bremen eine Vorschrift gestrichen, | |
die die Vergabe einer Ausschank-Lizenz von der Teilnahme an einer | |
dreistündigen Schulung abhängig machte. In dieser habe der Verband unter | |
anderem über das Alkoholverbot informiert, so Schlüter. | |
Zudem findet er, dass sein Gewerbe nicht dafür verantwortlich gemacht | |
werden könne, wenn Kinder und Jugendliche sich mit Alkohol betrinken. „Das | |
ist ein gesellschaftliches Problem, wo man mit Verboten nicht weiter | |
kommt.“ | |
Genau so sieht es Karsten Nowak von der Bremer Handelskammer. „Den Alkohol | |
können sich die meisten doch ganz einfach zu Hause besorgen“, sagt er. Und: | |
„Der Alltagskonsum von Alkohol ist in unserer Gesellschaft in so | |
entspannter Weise legitimiert, dass es einfach an einer Vorbildfunktion | |
fehlt.“ In die Pflicht genommen werden müssten daher neben | |
Erziehungsberechtigten auch Werbung und herstellende Industrie. | |
7 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
## TAGS | |
Alkohol | |
Jugendschutz | |
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